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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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ohne dass ich es bemerkt habe?«
    »Sie hat sich im Schrankkoffer mit den Kleidern versteckt.« Claire wurde noch röter, aber Valeria schien auf diese Idee sichtlich stolz zu sein.
    Carl-Theodor schüttelte den Kopf. »Ja, seid ihr denn wahnsinnig geworden?«
    »Ich bin aus dem Pensionat geworfen worden – und ich wollte nicht nach Frankfurt zurückkehren«, gab Valeria ungerührt zu.
    Nicht dass er ihr das nicht nachsehen konnte. Er mochte seine Nichte, und er hatte oft genug erlebt, wie unglücklich sie bei ihren Eltern war, was seinen Zorn auf Rosa und Albert schürte. Nun gut, vielleicht hatte auch Claire manchmal unter der Entfremdung von ihm und Antonie gelitten. Doch er hatte sich immer darum bemüht, der Tochter ein liebevoller Vater zu sein – anders als Albert. Der hatte in Carl-Theodors Augen nicht einmal ausreichend um Rosa gekämpft.
    »Deine Eltern werden sich schreckliche Sorgen machen«, murmelte er kopfschüttelnd.
    Valeria zuckte die Schultern. »Das glaube ich kaum. Und außerdem ist es jetzt doch zu spät, mich wieder zurückzuschicken. Das Schiff ist seit Tagen auf offener See.«
    Carl-Theodor bemühte sich um eine missbilligende Miene, aber insgeheim imponierte ihm die Courage der Nichte.
    Claire erklärte hastig: »Ich habe vor unserer Abreise einen Brief an Tante Rosa und Onkel Albert geschrieben. Darin habe ich erklärt, dass Valeria mit uns reist – und du davon wüsstest.«
    »Claire! Also wirklich!«
    »Und Alejandro und Julio de la Vegas werden sich doch sicher freuen, mich kennenzulernen«, warf Valeria ein. »Ich bin schließlich die Enkeltochter und Nichte.«
    Carl-Theodor konnte sich nicht vorstellen, dass die beiden auf ihre Verwandte sonderlich neugierig waren. Er hatte Julio als einen Mann kennengelernt, der sich ausschließlich fürs Geschäft interessierte, und Alejandro hatte er kein einziges Mal nach seiner Tochter Rosa fragen gehört. Wahrscheinlich hatte er ihr nicht verzeihen können, dass sie sich seinen Heiratsplänen widersetzt hatte.
    Wie auch immer – Valeria hatte recht: Es war nun nicht mehr zu ändern. Carl-Theodor seufzte und ergab sich seinem Schicksal. »Gleich nach unserer Ankunft werde ich deinen Eltern schreiben und sie über die wahren Hintergründe dieser Reise aufklären, und wenn sie darauf bestehen, dass du zurückkehrst, nimmst du das erste Schiff.«
    Claire war erleichtert, dass sie keine strengere Standpauke über sich ergehen lassen musste, und Valeria lächelte triumphierend. Sie schien sich ihrer Sache sicher, und auch Carl-Theodor ahnte, dass Rosa und Albert nicht auf ihre vorzeitige Heimkehr bestehen würden.
     
    Valeria hatte zunächst nicht verstanden, warum Claire so viele Bücher mitgenommen hatte. Die Reise auf dem Schiff war doch viel zu spannend, um sich in der Kajüte zu verkriechen! Ihr selbst war es unerträglich gewesen, sich dort vor Onkel Carl-Theodor zu verstecken, und sie war dankbar, dass sie sich nach ihrer Enttarnung endlich frei bewegen und das Schiff erforschen konnte. Doch in den vier Wochen – so lange währte ihre Fahrt von Hamburg nach Montevideo – wurde vieles, was anfangs noch Aufregung und Abwechslung verheißen hatte, langweilig.
    Die Reise brachte nicht nur den Duft der großen weiten Welt mit sich – in diesem Fall frische Seeluft –, sondern auch jede Menge Gestank: Auf Deck roch es nicht nur nach Wind und Meer, sondern nach Kohle, Bilgewasser, Kochdünsten aus der Kombüse und Trangestank der Vordecklampe. Das Essen war nur anfangs gut und abwechslungsreich, das Wasser, das sie tranken, schmeckte irgendwann schal, und leider erlaubte es Carl-Theodor nicht, dass sie mehr als ein Glas Portwein täglich zu sich nahmen.
    Zunächst hatte Valeria stundenlang aufs Meer blicken können, das sich mal dunkel vom Himmel abhob, mal gräulich mit den diesigen Wolken verschwamm, mal türkis schimmernd weiße Kronen schaukeln ließ. Doch irgendwann erweckte der Anblick nur Unrast, und sie harrte ungeduldig jeder Abwechslung. Eine lange ersehnte war ein kurzer Zwischenstopp auf Teneriffa, wo man schon von weitem den Gipfel des Pico del Teide sah und Claire irgendetwas vom dunklen Gestein und den exotischen Pflanzen zu schwafeln begann, die die Insel prägten. Das war Valeria herzlich egal – sie wollte endlich wieder einmal andere Menschen sehen! Der Landausflug währte jedoch nur wenige Stunden und war schrecklich heiß. Die einzigen Lebewesen, denen sie in der Mittagshitze begegneten, waren Hunde, und auch

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