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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
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verursachte. Mit den gleichen Eukalyptusblättern hatte damals Koar das Tragnetz ausgelegt, in dem sie Sams geräucherten Kopf nach Hause gebracht hatten.
    Neben ihr raschelte Seide, eine Hand fasste stützend nach ihrem Arm, und Catriona flüsterte ihr ins Ohr: » Geht es dir gut? Du bist plötzlich so blass.«
    Dorothea straffte sich. » Alles in Ordnung«, flüsterte sie zurück und trat einen Schritt beiseite, um Vicky und Robert Platz zu machen. Die Kinder streuten mit beiden Händen die Blüten aus ihren Körben ins Grab, bis das Leintuch vollkommen darunter verschwand. Eine fröhliche Decke aus Blumen.
    Mrs. Perkins räusperte sich und reichte Ian das aufgeschlagene Psalmenbuch. Dachte auch sie an das letzte Mal, als sie alle hier oben gestanden hatten? Ihr Mann wirkte ungewohnt feierlich, als er den Blick auf die Seiten senkte und » Der Herr ist mein Hirte« las. Die vertrauten Worte versetzten Dorothea in eine Art Trance. Sie kannte sie so gut, dass sie sie geistesabwesend mitsprach, während sie wieder wie an jenem glutheißen Nachmittag hier oben stand und sich immer noch wie in einem nicht enden wollenden Albtraum fühlte.
    Ian klappte das Buch zu und sah in die Runde. » Wir alle kannten Lady Arabella Chatwick– und kannten sie doch nicht«, begann er. » Sie lebte bereits auf Eden House, lange bevor ich hierherkam. Über ihre Herkunftsfamilie oder Freunde in England wissen wir so gut wie nichts. Wir waren ihre Familie, und sie war uns allen so etwas wie eine Tante, die man immer um Rat fragen konnte– und die ihn manchmal auch ungebeten gab…« Er schmunzelte. » Jeder von uns hat seine ganz eigenen Erinnerungen an die alte Lady, und ich denke, wir alle werden sie vermissen. Jeder auf seine Art. Lady Arabella Chatwick, ich hatte die größte Hochachtung vor Ihnen!« Er verneigte sich tief vor dem offenen Grab, und John und Parnko taten es ihm nach. » Der Herr schenke Ihnen den ewigen Frieden und nehme Sie gnädig in sein Reich auf.« Ian faltete die Hände und begann: » Vater unser, der du bist im Himmel…« Alle, bis auf Parnko und Mannara, fielen ein. Nachdem das » Amen« verklungen war, blieben sie unschlüssig stehen. Es gab keine Regeln wie bei einem normalen Begräbnis mit einem Geistlichen.
    Erleichtert sah Dorothea Parnko und Mannara Arme voller Zweige herbeitragen, die sie außer Sichtweite aufgeschichtet hatten. Wie bei den Eingeborenen üblich, würden sie den Leichnam damit bedecken, ehe sie die Erde wieder auffüllten. Mochte ein Toter auch nichts mehr empfinden, so hatte es Dorothea doch im Innersten widerstrebt, Lady Chatwick einfach zu verscharren. Aber ein Sarg war einfach ein zu großer Luxus. Die Blumen und darüber die belaubten Zweige mussten ausreichen.
    Ein unterdrückter Schreckensschrei ließ sie aufblicken. Mannara war gestolpert, und ihre Last hatte beinahe Catriona den Hut vom Kopf gefegt. » Du Trampel, kannst du nicht aufpassen?« Verärgert rückte sie ihn wieder zurecht. Offenbar hatte eine Hutnadel sie gekratzt, denn Dorothea sah aus den Augenwinkeln einen schmalen blutigen Strich genau am Haaransatz an der linken Schläfe. Gerade wollte sie ihrer Cousine ein Taschentuch anbieten, als ihr Blick zufällig auf Mannara fiel. Ihr dunkler Teint war aschgrau, ihre Augen unnatürlich weit aufgerissen, und vor Entsetzen brachte sie keinen Ton heraus. Im nächsten Augenblick ließ sie die Zweige fallen und rannte davon, als seien sämtliche Heerscharen der Hölle hinter ihr her.
    » Ist sie verrückt geworden? So schlimm war das nun auch wieder nicht.« Catriona hatte ihre Kopfbedeckung wieder gerichtet und sah der Aborigine kopfschüttelnd nach. » Na los, Kind, heb das auf und wirf es dort hinein«, fuhr sie Vicky an, die sie ebenfalls starr vor Entsetzen anstarrte. Auch Parnko sah aus, als ob er am liebsten das Weite gesucht hätte.
    Diese verflixten Zweige!
    Und dieser verfluchte Aberglaube!
    Dorothea suchte Ians Blick. Auch ihm war klar, was Mannaras Missgeschick in den Augen der Aborigines bedeutete: Der Todesdämon Nokunna hatte Catriona als Mörderin der alten Frau gebrandmarkt. Es würde nicht einfach werden, sie davon zu überzeugen, dass Lady Chatwick schlicht und einfach ihrem hohen Alter und ihrem Lebenswandel erlegen war.
    Ihr Mann nickte ihr bloß unmerklich zu und sagte ruhig: » Wenn ihr jetzt zum Haus zurückgeht, machen John, Parnko und ich das hier fertig. Ein Tee wäre dann ganz nett, Mrs. Perkins.«
    » Ist diese Eingeborene irgendwie

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