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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
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Liebespaar. Da die Eingeborenen den Zeugungsakt an sich für unwichtig hielten, weil nach ihren Vorstellungen die Kinderseelen sich selbsttätig die Frau aussuchten, die sie als Mutter wünschten, galten Begriffe wie eheliche Treue bei ihnen nichts. Dennoch wurde es nicht gerne gesehen, wenn unverheiratete Männer den Frauen der älteren Jäger nachstellten. Parnko, ohne den Schutz einer Familie, musste da besonders vorsichtig sein. Dorothea hoffte, dass King Georges Todesahnung sich noch nicht allzu bald erfüllen würde. Worammo, sein Neffe und Nachfolger, würde ein solches Verhältnis nicht stillschweigend dulden. So, wie sie ihn einschätzte, müsste die junge Frau damit rechnen, gnadenlos verprügelt zu werden, und Parnko, einen Speer in den Rücken zu bekommen.
    » Frag sie, wie es ihm geht«, bat Ian den Jungen leise. » Soll ich einen Arzt kommen lassen?«
    » Wozu?« King George hielt die Augen immer noch geschlossen, schien aber wieder bei klarem Bewusstsein. » Ich werde bald mit meinen Ahnen vereint sein. Darauf freue ich mich. Ich bin lange genug über diese Erde gestreift. Ich bin müde. Schrecklich müde.« Seine Stimme verlor sich in unverständlichem Gemurmel.
    » Na gut. Aber sag ihr, sie soll mich rufen, sobald es ihm schlechter geht. Vielleicht ist er dann eher bereit, sich helfen zu lassen.«
    Ian wandte sich schon zum Gehen, als Dorothea noch etwas einfiel. » Ich habe vorhin im Lager ein hellhäutiges Kind gesehen. Zu wem gehört es?«
    Die Reaktion auf die von Parnko übersetzte Frage war eines dieser typischen Achselzucken, das alles gesagt hätte– wenn da nicht zugleich etwas im Blick der alten Frau gewesen wäre, das Dorothea irritierte. War es Angst? Wovor?
    Trotz ihrer Kopfschmerzen und ihres leicht benebelten Zustands war Dorotheas Neugierde geweckt. » Ich habe es ganz genau gesehen. Ich irre mich nicht«, beharrte sie. » Es hatte eine auffallend helle Haut. Vielleicht sechs, sieben Jahre alt.« Das Alter der Kinder war schwer zu schätzen, bis sie die ersten Anzeichen der Pubertät aufwiesen. Mit der ersten Regel wurden die Mädchen verheiratet, auch wenn es meist noch ein paar Jahre dauerte, ehe sie schwanger wurden. Dorothea vermutete, dass das Kind ein Mädchen gewesen war. Die zarten Gesichtszüge sprachen eher für das weibliche Geschlecht. » Ein Mädchen.«
    » So jemanden gibt es hier nicht!« Dorothea musste Parnkos Übersetzung nicht abwarten. Der Sinn der von einem geradezu feindselig abweisenden Blick begleiteten Worte war nicht misszuverstehen.
    » Komm.« Ian griff nach ihrem Arm und zog sie mit sich. » Jetzt ist absolut nicht der passende Zeitpunkt für deine ethnografischen Studien. Wir sollten besser auf der anderen Seite des Flusses sein, ehe die fremden Jäger noch auf dumme Gedanken kommen. Ohne Gewehr wären wir ihnen schutzlos ausgeliefert.«
    Ians Besorgnis schien übertrieben angesichts der Männer, die wie Kinder um Lady Chatwick und Mrs. Perkins herumtanzten und sich einen Spaß daraus machten, an den Säumen ihrer Unterröcke zu zupfen. Die erboste Reaktion der beiden Damen animierte sie zu wahren Heiterkeitsausbrüchen. Die gelöste Stimmung hielt glücklicherweise an. Umringt von dem johlenden Haufen bestiegen sie die Kanus. Etwa auf der Flussmitte drehte Dorothea sich noch einmal um, und da war sie: Sie stand inmitten der anderen Kinder und wirkte dennoch irgendwie verloren. Dorothea hob die Hand, um ihr zuzuwinken, und als wüsste das Kind, dass es gemeint war, lächelte es verlegen, winkte jedoch nicht zurück.
    » Schau, Ian, da ist das Kind, das ich gemeint habe«, rief sie ihrem Mann zu. » Dort, genau in der Mitte der Kindergruppe, die unter dem Eukalyptus steht.«
    Doch Ian war so vollkommen in das Gespräch mit seinem Ruderer vertieft, dass er nicht reagierte. Leicht verärgert drehte sie sich wieder um, aber sosehr sie auch die Augen zusammenkniff: Sie konnte die Kleine nicht mehr entdecken.
    Das Kind ging Dorothea nicht mehr aus dem Kopf.
    Ian reagierte eher gleichgültig, als sie die Sprache darauf brachte. » Na und? Dann lebt dort eben ein Bastard von einem der Hirten. Wird auch langsam Zeit, dass Moorhouse mit seinem Kampf gegen diese barbarische Sitte des Kindermords Erfolg hat.« Ihren Einwand, King Georges Frau hätte sich auffallend seltsam benommen, sobald die Sprache auf dies Kind kam, wischte er lachend beiseite. » Du siehst Gespenster, Darling! Sie war sicher nur besorgt um ihren Mann und wollte, dass wir endlich gehen.«
    Auch

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