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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
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lässt mir einfach keine Ruhe. Immer wieder frage ich mich, ob ich damals vielleicht nur blind und taub gewesen bin. Ian war so oft draußen im Busch. Allein?«
    » Wenn du einen Rat von mir annehmen willst, dann lass die Dinge auf sich beruhen. Was geschehen ist, ist geschehen. An der Vergangenheit ist nichts mehr zu ändern. Es wäre dumm, sich die Gegenwart und Zukunft von einem alten Fehltritt vergiften zu lassen.– Vor allem, wenn es noch nicht einmal bewiesen ist. Hat Ian dir irgendeinen Anlass für diesen unsäglichen Verdacht gegeben?«
    Dorothea musste zugeben, dass dem nicht so war. » Ich hatte vor, ihn direkt zu fragen. Aber dann verließ mich immer im letzten Moment der Mut.«
    » Das kannst du dir sparen«, sagte Mutter Schumann nüchtern. » Wenn es stimmt, wird er entweder leugnen oder gestehen. Beides wird euer Verhältnis trüben. Wenn es nicht stimmt, würde allein der Verdacht ihn fürchterlich kränken. Auch das dürfte nicht gerade ein gutes Ergebnis nach sich ziehen.«
    » Ich soll also einfach so tun, als hätte ich dieses Kind nie gesehen?«
    » Das wäre das Klügste.«
    Im Stillen fragte Dorothea sich, woher ihre Mutter solche Dinge wusste. Offensichtlich vertrauten ihre Kundinnen ihr so einiges an. Gewisse Spötter vertraten ja die Ansicht, dass, wenn Modistinnen und Barbiere als Spione des Geheimdienstes Ihrer Majestät tätig wären, dieser bedeutend effektiver agieren würde.
    » Und gib dir ein wenig Mühe, nicht so unbeherrscht zu sein.« Ihre Mutter lächelte versonnen. » Als Kind warst du ein richtiger Wildfang. Mary erinnert mich sehr an dich. Weißt du, dass du in ihrem Alter immer darauf bestanden hast, aus Erwachsenentassen zu trinken? Dabei ist dir auch so manches Missgeschick passiert.«
    Der leicht versteckte Tadel tat seine Wirkung. Dorothea gab sich redlich Mühe, nicht weiter über das Kind nachzudenken. Erleichtert wurde es ihr durch die ständige Ablenkung. Die Tage verflogen mit Cricket, Angeln am Murray River und Picknickausflügen zu den luftigen Hängen des Mount Lofty. Viel zu rasch sagte Mutter Schumann: » So leid mir das tut, aber ich fürchte, wir müssen zurück in die Stadt. Auf uns warten noch jede Menge Aufträge, die bis Ende Februar fertig sein sollen.«
    Nach der Abreise der beiden versank der gesamte Haushalt in einer gewissen, den äußeren Umständen geschuldeten Trägheit. Der Januar des Jahres 1850 war der trockenste und heißeste, an den man sich erinnern konnte. Auf den Weiden vergilbte das Gras am Halm und wurde zu Heu. Nur an den Kanälen säumten grüne Büschel die brackigen Wasserläufe wie deplatzierte Pelzkragen. Jede Nacht überzogen Buschfeuer den Horizont mit einer unheimlichen Röte. Selbst der Murray River führte so wenig Wasser wie noch nie. Verendete Fische aus den überhitzten Seitenarmen des Flusses trieben mit den silbrig weißen Bäuchen nach oben in Massen den Fluss herunter und bescherten den Aborigines mühelose, reiche Fänge. Sie sammelten sie in Netzen, die sie quer durch das Wasser spannten. Offensichtlich empfanden sie keinen Widerwillen gegenüber Tierkadavern, die bereits in Verwesung übergegangen waren.
    Die Verluste unter den Lämmern begannen allmählich besorgniserregende Ausmaße anzunehmen. » Wenn es so weitergeht, können wir die Lämmer von dieser Saison abschreiben«, stellte Ian mit düsterer Miene fest, als er mit rötlichem Staub überkrustet von seinem wöchentlichen Kontrollritt zu den äußeren Weiden zurückkam. » Die Mutterschafe haben einfach nicht genug Milch. Wir können froh sein, wenn wir die ausgewachsenen Tiere durchbringen.«
    Dabei hatten die Anrainer des Murray River noch Glück, denn der Fluss versiegte im Gegensatz zum River Torrens bei Adelaide nie. Dort hatte der Gouverneur bereits das Wasser rationieren müssen. In Fässern wurde das kostbare Nass von weit her angekarrt. Wer ein Fuhrwerk besaß, nutzte die günstige Gelegenheit, sich dadurch ein saftiges Zubrot zu verdienen, denn die Preise stiegen und stiegen.
    » Wenn es nur endlich einmal regnen würde!« Mrs. Perkins seufzte und wischte sich mit dem Unterarm über das gerötete Gesicht. Eine Geste der Nachlässigkeit, die sie sich früher nie erlaubt hätte. Ihr hatte die sommerliche Hitze immer schon zu schaffen gemacht. In letzter Zeit schien sie jedoch noch stärker darunter zu leiden. Auch wenn sie sich mit keiner Silbe beklagte, war es ihr anzumerken, dass ihr jede körperliche Anstrengung größte Mühe bereitete. Auch

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