Die roten Blüten der Sehnsucht
bereits wieder verschwunden. Dorothea schenkte ihnen beiden Tee ein. » Robert Masters hat Eden House aufgebaut«, begann sie leise. » Als ich ihn kennenlernte und heiratete, lebten Mrs. Perkins und Lady Chatwick hier bereits seit Jahren. Seine erste Frau war gestorben, und er brauchte dringend eine Mutter für Heather.« Sie stockte und überlegte, wie viel sie über den Wahnsinn seiner Frau und die peinlichen Umstände ihres Todes preisgeben sollte. Gar nichts, entschied sie. Es waren Roberts Familiengeheimnisse und gingen Ians Familie daher nichts an.
» Ich erwartete gerade Robert, der natürlich nach seinem Vater heißt, als ich von einem Eingeborenen entführt wurde. Bei meiner Befreiung kamen Robert und der alte Sam, unser Stallknecht, ums Leben.«
» Wie schrecklich!« Catriona starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an. » Was musst du währenddessen durchgemacht haben! Hat er…?«
» Nein, er war in dieser Hinsicht nicht an mir interessiert«, beantwortete Dorothea die unausgesprochene Frage. » Es ging ihm um einen kruden Zauber, der die Weißen wieder ins Meer zurücktreiben sollte.«
» Was für ein Irrsinn!«
» Er war irrsinnig.« Dorothea schluckte hart und starrte blicklos in ihre Teetasse. » Als ihm klar wurde, dass sein Plan nicht aufging, hat er seinen Speer auf Robert geschleudert.«
» Du musstest mit ansehen, wie er deinen Mann getötet hat?«
Dorothea nickte nur, weil sie ihrer Stimme nicht traute.
Catriona griff mitfühlend nach ihrer Hand. » Verzeih mir, dass ich das alles wieder aufgewühlt habe! Ich bewundere dich, wie du das alles überstanden hast.– Wie hast du eigentlich Ian kennengelernt?«, bemühte sie sich um ein unverfänglicheres Thema. Sie konnte ja nicht wissen, wie tief auch er in das damalige Geschehen verstrickt gewesen war! Dorothea beabsichtigte jedoch nicht, sie darüber aufzuklären. Es gab Dinge, die außer ihr und Ian niemanden etwas angingen.
» Ian war mit Robert gut befreundet und übernahm erst einmal die Leitung des Gutes. Dabei hat es sich dann ergeben.« Das war nicht einmal die Unwahrheit. Nur nicht die ganze Wahrheit. Die war sowieso zu kompliziert, als dass sie ein Außenstehender hätte nachvollziehen können.
» Ich verstehe«, nickte Catriona. » Mrs. Perkins und die verschrobene Lady in Schwarz sind also Bestandteile von Eden House, die noch aus den Zeiten des Erbauers stammen und unwiderruflich dazugehören. Sozusagen sakrosankt. Kann man das so sagen?«
» Das kann man«, bestätigte Dorothea und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Catrionas Einschätzung traf es recht genau.
» Wie kommt ihr eigentlich mit so wenigen Dienstboten zurecht? Eine Haushälterin, die gleichzeitig auch noch Köchin ist, und ein Kindermädchen.« Catriona schüttelte den Kopf über eine solche Unzulänglichkeit.
» Bisher ging es ganz gut. Jeder übernimmt einen Teil: Ich kümmere mich um die Wäschekammer und den Unterricht«, erklärte Dorothea. » Lady Chatwick hat ein Auge auf das Silber und solche Sachen. Und Robert ist für das Feuerholz zuständig. Dass wir uns beim Essen selber bedienen, hast du ja schon gesehen.– Mrs. Perkins braucht natürlich dringend eine Küchenhilfe! Ian hat schon vor Wochen dem Vermittler in Adelaide den Auftrag erteilt, doch derzeit findet sich einfach niemand, der bereit ist, hier draußen eine Stelle anzunehmen.«
» Das kann ich mir gar nicht vorstellen!«
» So ist es aber. Selbst unser Stalljunge ist zu den Goldfeldern aufgebrochen. Parnko war ein echter Glücksfall.«
» Das ist der junge Schwarze? Habt ihr keine Bedenken, ihn so unmittelbar in eurer Nähe zu haben? Vielleicht wartet er nur auf eine günstige Gelegenheit, um euch zu ermorden und auszurauben?«
Einen Augenblick lang glaubte Dorothea, sie hätte sich verhört. Dann jedoch brach sie in hilfloses Gelächter aus.
» Was, bitte sehr, ist daran jetzt so komisch?«, fragte Catriona leicht gekränkt. » Hast du nicht selber erst neulich von solchen Überfällen gesprochen?«
» Entschuldige.« Dorothea wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. » Aber das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe: Die Stämme im Süden rächen sich für die schlechte Behandlung durch die dortigen Schafzüchter. Parnko hingegen hat seinen Stamm freiwillig verlassen und sich uns angeschlossen. Wir zahlen ihm einen ordentlichen Lohn. Er hätte nicht den geringsten Grund, uns etwas anzutun.«
» Brauchen Wilde dafür einen Grund?« Catriona hob in
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