Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
Vom Netzwerk:
nicht zurück. Die Bettseite neben ihr war leer, die Bettdecke ordentlich zurückgeschlagen.
    Dorothea ließ sich zurück in die Kissen sinken und wartete, bis ihr Atem wieder regelmäßig ging. Was für ein verrückter Traum! Sie spürte, wie ihr die Bilder schon wieder entglitten, und versuchte, sie festzuhalten. Aber das Einzige, das wirklich haften blieb, war Catrionas liebliche Erscheinung, die Ians Kopf in die Flammen warf. Wurde sie verrückt? Solche Dinge zu träumen, war doch nicht normal. Woran merkte man, dass man verrückt wurde? Gab es Anzeichen, die einen warnten?
    Sie würde Dr. Woodforde aufsuchen, und dabei konnte sie ganz nebenbei versuchen, ihn auszuhorchen, nahm sie sich vor. Wenigstens hatten die schrecklichen Kopfschmerzen nachgelassen. Nur noch ein dumpfer Druck hinter der Stirn erinnerte daran. Dorothea drehte sich auf die Seite und war bald darauf wieder eingeschlafen. Diesmal ohne verstörende Träume.
    Am nächsten Morgen erschien ihr alles nicht mehr so dramatisch. » In der Dunkelheit der Nacht erscheint einem sogar der alte Morgenrock als Gespenst«, hatte ihre Mutter die Kinder früher immer beruhigt, wenn sie über unheimliche Träume geklagt hatten. So muss es mir auch gegangen sein, dachte Dorothea, während sie Ians regelmäßigem Schnarchen lauschte. Kopfschmerzen und überreizte Nerven konnten einem schon grausame Streiche spielen.
    Gerade wollte sie sich aufrichten, um Ian mit einem Kuss zu wecken, als das Schnarchen abrupt aussetze und er wie von der Tarantel gestochen hinter den Paravent stürzte.
    Die Geräusche, die von dort an ihr Ohr drangen, wiesen unmissverständlich darauf hin, dass etwas mit seinen Gedärmen nicht in Ordnung war.
    » Was habt ihr gestern gegessen?«, fragte Dorothea besorgt. » Ihr wart doch wohl nicht in einer der Tavernen in der Nähe vom Friedhof?« Seit einiger Zeit schon ging die Angst um, dass die dortigen Gräber das Grundwasser in den nächstgelegenen Brunnen vergifteten. Nach einigen Erkrankungsfällen mit choleraähnlichen Symptomen hatte der Magistrat verboten, in einem bestimmten Umkreis vom Friedhof Brunnenwasser zu zapfen. Aber natürlich hielt sich niemand daran.
    » Nein, wir waren in der Hindley Street«, kam es, begleitet von mehreren schmerzlichen Ächzern, vom anderen Ende des Zimmers. » Im Golden Hind.«
    Das Golden Hind war ein stadtbekanntes, erzsolides Gasthaus für Familien und alleinstehende Herren der Gesellschaft. Äußerst unwahrscheinlich, dass Ian dort etwas zu sich genommen hatte, das nicht mit äußerster Sorgfalt zubereitet worden wäre. Dennoch– unmöglich war es nicht.
    Dorothea warf die Decke ab und schwang die Beine über den Bettrand. » Ich gehe schnell nachsehen, wie es Catriona und Percy geht. Leg dich wieder hin, ich bestelle uns Tee und Toast aufs Zimmer.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, schlüpfte sie in Ians Morgenrock aus wattierter, chinesischer Seide. Er war ihr viel zu groß, aber das war jetzt zweitrangig. Ihren eigenen aus der Reisekiste herauszusuchen, hätte viel zu lange gedauert.
    Im Flur versuchte sie, sich zu orientieren. Catrionas Zimmer lag genau neben der Treppe am Ende. Sie waren daran vorbeigekommen, als der Portier sie zu ihrem geführt hatte. Auf Zehenspitzen schlich sie den menschenleeren Flur entlang. Auf ihr leises Klopfen kam keine Erwiderung. Sie klopfte kräftiger und entschied sich dann, als immer noch kein Laut zu hören war, die Tür einen Spaltbreit zu öffnen und den Kopf hineinzustrecken.
    » Catriona?«, flüsterte sie. » Geht es dir gut?«
    » Natürlich. Wieso sollte es mir nicht gut gehen?« Catriona rekelte sich wie eine Katze und gähnte vernehmlich. Sie setzte sich auf, um sich augenblicklich mit einem gequälten » Nein, bitte sag mir, dass ich träume!« wieder zurück in die Kissen fallen zu lassen. » Was ist das?«
    » Was denn?« Dorothea sah sich verständnislos nach dem Gegenstand um, der ihre Cousine so entsetzt hatte.
    » Das da!« Catrionas Zeigefinger deutete genau auf sie. Ihr Nachthäubchen aus venezianischer Spitze saß kokett ein wenig verschoben über ihrem linken Ohr. Die Schattierung der Seidenbänder, mit denen es aufgeputzt war, entsprach genau derjenigen der Bänder, mit denen die Rüschen um Hals und Handgelenke zusammengehalten wurden.
    Plötzlich ging Dorothea ein Licht auf. Ihre Cousine störte sich an ihrem Morgenrock! » Ach, das meinst du.« Sie winkte ungeduldig ab. » Den habe ich mir von Ian geliehen. Ich wollte mich nur rasch nach

Weitere Kostenlose Bücher