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Die roten Blüten der Sehnsucht

Die roten Blüten der Sehnsucht

Titel: Die roten Blüten der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Peterson
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heute.
    Es dunkelte bereits, als sie zum Bankett aufbrachen. Noch war es angenehm warm. Im australischen Herbst konnten die Nächte jedoch überraschend frisch sein. Deswegen trug Dorothea eine silbergraue Kaschmirpelisse über ihrem mauvefarbenen Dinnerkleid. Catriona hatte sich für die Robe aus pomonagrünem, neapolitanischem Samt entschieden, der ihren zarten Teint wie Alabaster schimmern ließ. Darüber nichts als einen hauchdünnen Shawl, über und über mit glitzernden Glassteinchen besetzt.
    Ihre prächtige Erscheinung wurde von Percy in brüderlicher Unverblümtheit kommentiert mit: » Himmel, Cat, meinst du nicht, dass du etwas übertreibst für diese Viehbarone?«
    » Keineswegs«, gab die zurück. » Im Gegenteil, ich finde, als Vertreter der englischen Society sind wir geradezu verpflichtet, den Menschen hier etwas weltläufige Eleganz zu bieten.«
    Dorothea schwieg dazu. Unter Hinweis auf das gesellschaftliche Ereignis hatte ihre Cousine sie fester geschnürt als üblich, und sie fühlte sich ausgesprochen unwohl. Es war ihr so nicht mehr möglich, richtig zu atmen, und sie hatte den Eindruck, ihr Inneres wäre dermaßen zusammengequetscht, dass sie keinen Bissen zu sich nehmen könnte.
    » Alles in Ordnung mit deiner Mutter und Lizzy?«, erkundigte Ian sich, während sie vor dem Hotel auf die Droschke warteten. Catriona hatte sich mit den Worten: » Ich denke gar nicht daran, mir meine besten Abendschuhe zu ruinieren«, weiterhin strikt geweigert, auch nur einen Schritt zu Fuß zu gehen, und so hatte Ian mit bemerkenswertem Gleichmut wieder eine Droschke bestellt. » Du wirkst so bedrückt. Oder ist dein Kopf immer noch nicht ganz in Ordnung?«
    » Nein, nein«, wehrte Dorothea ab. » Ich war nur gerade in Gedanken.«
    » Ich weiß nicht, wieso dieser Ausspruch von dir mich immer so beunruhigt.« Ian seufzte. » Verrätst du mir später, worüber du dermaßen finster brütest?«
    Später– das wäre nach dem Festbankett und nach dem Fackelzug, der bei Mondaufgang am südlichen Ende der King George Street beginnen und durch die Stadt bis zur Residenz des Gouverneurs ziehen sollte. Dort würden die Fackelträger dann Aufstellung nehmen und die englische Nationalhymne singen, der Gouverneur eine Rede halten und die Garnison mit ihrer vorsintflutlichen Kanone einen Salut abfeuern. Es hatte einige Diskussionen darüber gegeben, ob es wirklich einunddreißig Salutschüsse sein müssten– für jedes Lebensjahr der beliebten Regentin eines. Schließlich war Pulver teuer. Die Befürworter hatten sich jedoch durchgesetzt.
    Nach dem ohrenbetäubenden Salut würden sich dann die Teilnehmer und Zuschauer auf die zahllosen Pubs verteilen, die sich bereits auf den Ansturm eingestellt hatten.
    Später würde Ian sicher zu abgelenkt sein, um darauf zurückzukommen. Irgendwann würde es ihm natürlich wieder einfallen, aber bis dahin blieb ihr Zeit genug, sich darüber klar zu werden, ob sie ihn direkt fragen wollte und damit riskierte, angelogen zu werden, oder ob sie lieber auf das Geschick der Geschwister Grenfell im Aushorchen vertrauen sollte.
    » Natürlich«, sagte sie also bereitwillig und reichte ihm die Hand, um sich in die Droschke helfen zu lassen.
    Das Hotel, in dem das Festbankett stattfinden sollte, befand sich in unmittelbarer Nähe zu den Parklands um Governor House. Sie würden den Fackelzug also bequem von den Fenstern aus beobachten können und vermutlich auch einen guten Blick auf den Aufmarsch der Salutgarde haben. Vor dem Eingangsportal standen schon Grüppchen dunkel gekleideter, bärtiger Männer mit braun gebrannten Gesichtern und stämmigen Körpern, denen man ansah, dass sie einen Großteil des Tages im Sattel auf dem Rücken eines Pferdes verbrachten.
    Gesprächsfetzen aus den teilweise recht temperamentvoll geführten Unterhaltungen wie » Diese schwarzen Gauner sollte man alle erschießen!«, » Ausgerechnet mein bester Merino-Bock ist diesen Sommer krepiert« oder » Habt ihr schon mal probiert, die reinrassigen mit den sächsischen Abkömmlingen zu kreuzen? Sie sollen mit dem Klima hier besser zurechtkommen« ließen keinen Zweifel daran, in welcher Gesellschaft man sich befand.
    » Wie urig!«, hauchte Catriona fasziniert und beobachtete die Männer unter gesenkten Wimpern. » Sie wirken sehr, wie soll ich sagen, rustikal.«
    Das Interesse war gegenseitig. Wie ein Mann stürmten sie vor, um den Damen beim Aussteigen zu helfen. Aus den Augenwinkeln sah Dorothea, wie Ian und Percy einen

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