Die Rückkehr der Königin - Roman
da draußen?«, fragte Anghara voll Anspannung und Furcht Adamo, den Kieran als Befehlshaber über das Lager zurückgelassen hatte. »Sie sind doch schon viel zu lange weg ... habe ich Kampflärm auf den Verteidigungsmauern gehört?«
»Warte ab«, antwortete er in seiner üblichen knappen Art. Er hatte seine Befehle; und die Stunde, in der er handeln sollte, war noch nicht gekommen.
Es war fast vier Stunden nach Mittag, als die Wachen endlich eine Bewegung an den Toren von Miranei meldeten. Eine Gruppe bewaffneter Reiter kam ihnen entgegen, einer von ihnen trug Angharas Banner. Welches auch Sifs Banner war. Anghara und Adamo warteten bei ihrem Zelt, die Männer lockerten ihre Schwerter und die Bogenschützen standen mit angelegten Pfeilen bereit. Dann kam ein weiterer Soldat zu Angharas Zelt, verneigte sich kurz und verkündete, dass man die Reiter erkannt hätte. Aber erst als sie Kieran barhäuptig neben Melsyr sah, der ihr Banner mit triumphierendem Lächeln trug, vermochte Anghara wieder zu atmen. Sie hielt sich Halt suchend an Adamos Arm. Er trat so formvollendet vor, als sei die Geste ein Befehl gewesen, sie zu den Reitern aus Miranei zu geleiten.
Anfangs hatte Anghara nur Augen für Kieran und reichte ihm die Hand, als wolle sie sicher gehen, dass er tatsächlich da war. Er beugte sich aus dem Sattel und ergriff sie. Sein Gesicht war müde, seine Rüstung mit Blut bespritzt – das sah Anghara sofort und klammerte sich bang mit großen Augen an ihn, weil ihr schlagartig der schreckliche Gedanke kam, wie leicht sie ihn hätte verlieren können.
»Bist du verletzt?«
»Nein, alles in einem Stück«, antwortete er, beinahe so wortkarg wie Adamo. Dann glitten seine Augen von ihrem Gesicht zu den grauen Mauern von Miranei und wieder zurück. »Es gehört dir«, erklärte er schlicht.
Es war immer noch Miranei, die Unbezwingbare – denn Melsyr, Charo und ihre Männer hatten sie durch ein kleines Seitentor hineingeführt. Obwohl Kieran genau wusste, dass es keinen anderen Weg gab, hatte ihn dieser Verrat innerlich sehr beschäftigt. Aber ein Frontalangriff auf Miranei wäre Selbstmord gewesen. So aber waren sie in der Festung gewesen, ehe die verblüffte Garnison begriff, was geschah. Die gesamte Aufmerksamkeit der Verteidiger war auf das Armeelager unten gerichtet gewesen. In der Garde erhoben ebenso viele Männer die Waffen für Anghara wie für Sif. Charo und Melsyr hatten hervorragende Arbeit geleistet. Der Widerstand war äußerst heftig gewesen, aber schließlich hatten sie keine große Mühe gehabt, die Verteidiger zu überwältigen.
Und nun standen die großen Tore offen und erwarteten sie. Adamo hatte das Zeichen gegeben, Angharas Stute zu bringen. Man hatte sie königlich mit Seide und Silber geschmückt. Mit Kieran zur Rechten und Melsyr mit dem Banner zur Linken ritt Anghara hinaus, um Miranei in Besitz zu nehmen.
Wie Charo es einst versprochen hatte, wartete er am Tor um sie willkommen zu heißen. Er hatte die Kapuze zurückgeschlagen und erlaubte der Brise mit seinem blonden Haar zu spielen. Wie ein leises Echo seines Bruders, ritt er herbei, beugte sich über Angharas Hand und hob strahlend den Kopf. »Willkommen zu Hause.«
Aber es fühlte sich nicht wie zu Hause an. Den Pfad, den man ihnen freigelassen hatte, säumten die Einwohner von Miranei – still, misstrauisch, ja sogar besorgt. Angharas Rückkehr war seit Wochen auf allen Lippen gewesen – aber jetzt, da sie hier war, nach den Kämpfen auf der Festung, sahen die Menschen einen neuen Krieg heraufziehen. Wie leicht konnten sie zwischen zwei Armeen aufgerieben werden. Für das gewöhnliche Volk von Miranei war es schwierig, ihre Rückkehr von den Toten tatsächlich zu akzeptieren – trotz all der Beweise, von denen es gehört hatte. Gemurmel erhob sich in der Menge, wie Wind, der durch dürres Laub rauscht. So ritt Anghara auf ihrer Stute durch das Tor in die Stadt.
Doch dann erschütterte der laute Freudenschrei einer Frau die Luft. »Mylady!«
Anghara drehte sofort den Kopf. »Catlin?«, fragte sie leise.
Ja, es war Catlin. Sie kämpfte sich vorbei an gaffenden Lehrlingen, die ihr im Weg standen, und rannte zu Angharas Pferd. Tränen strömten über ihr Gesicht. Einen Moment lang vermochte sie nicht zu sprechen, weil sie so laut schluchzte. »Den Göttern sei Dank!«, stieß sie schließlich hervor und klammerte sich an Angharas Röcke. »Den Göttern sei Dank, dass sie dich zurück zu uns geschickt haben!«
Anghara fiel es
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