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Die Rückkehr der Königin - Roman

Die Rückkehr der Königin - Roman

Titel: Die Rückkehr der Königin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sie bissig. »Er hat mich in der Familiengruft vor Jahren mit allem königlichen Pomp bestattet.«
    »Damals hat er versucht, seine Fehler zu bestatten«, erklärte Rochen widerspenstig.
    Anghara hob eine Hand und schob sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann schenkte sie ihm ein trauriges Lächeln, das nie ihre Augen erreichte. »Das tue ich ebenfalls«, sagte sie leise.

18
    Der Tag nach der Schlacht dämmerte angemessen düster. Der Regen blieb aus, aber der Himmel war ein Trauertuch aus dunklem Purpurrot, das schwer auf den weißen Gipfeln der Berge über Miranei lag, als Roisinans toter König in der Familiengruft zu Grabe getragen wurde, ironischerweise neben einem aufgebrochenen leeren Grab, auf dem der Name seiner Nachfolgerin stand.
    Anghara, ganz in Purpur gekleidet, stand während der gesamten Zeremonie stumm und barhäuptig da, abgesehen von einem schmalen Reif aus geschlagenem Gold auf der Stirn. Sie hatten das Schwert aus Sifs Herzen gezogen und ihm auf die Brust gelegt, seine Wunden waren durch das Gewand verdeckt, er sah aus, als schliefe er. Man hatte ihm das Haar zurückgekämmt, bar jeglicher königlicher Glorie. Es war die Entscheidung der Priester gewesen, dass er so demütig begraben werden sollte. Sie hatten sogar auf das Schwert verzichten wollen, aber darin war Anghara unnachgiebig geblieben – es war zwar das Schwert ihres Vaters, aber auch Sifs, und ein bedeutsamer Teil dessen, was Sif hatte sein wollen. Indem er es für sich beanspruchte, hatte er gewissermaßen seine Verbindung zu Dynan zerschnitten. Trotz all der Erinnerung an seine Tyrannei strahlte er an diesem Tag edle Ruhe aus, die durch das Schweigen zum Ausdruck kam, das ihm zur Gruft folgte. Aus respektvoller Entfernung, für die die Palastgarde mit unbewegter Miene sorgte, hätte die Menge auch jubeln können, als sie ihren Unterdrücker auf seinen Weg zu Gheat Freicadan an den Schattentoren von Glas Coil geleitete.
    Doch selbst welchen Gott Sif dort treffen würde, blieb ein Mysterium. Die Meinungen darüber gingen auseinander. Zwei Gruppen von Priestern waren bei der Feier. Keruns Trio blickte hasserfüllt auf die beiden Männer, die in schlichten Gewändern Bran dienten. Anghara hatte das gestattet; es glich einer königlichen Unterstützung für den neuen Gott, und Keruns Priesterschaft war ernsthaft beunruhigt. Sie bemühten sich sehr, den Anschein von Würde und Anstand zu wahren, als sie die uralten Riten durchführten, die ihrem Gott heilig waren. Die beiden anderen schienen eher heiter und unbesorgt zu sein. Ihre Riten waren wenige und verglichen mit den vorigen überraschend schlicht; ein paar geflüsterte Worte, ein seltsames Zeichen von der weißen Hand des Jüngeren über dem Leichnam. Dann legten sie einen der allgegenwärtigen gelben Blumenkränze auf Sifs Brust, ehe sie sich mit einer letzten Verneigung von der Totenbahre zurückzogen.
    Die vier Ritter, deren Aufgabe es war, die Totenbahre in die Grabnische zu schieben, traten jetzt vor, doch eine Geste der jungen Königin gebot ihnen Einhalt. »Wartet«, sagte Anghara. »So ist es nicht richtig.«
    »Mylady ...« Einer der Priester Keruns, der wenige Schritte links von Anghara stand, blickte sie scharf an. »Alle nötigen Riten sind durchgeführt, wie der Gott befohlen hat; ist da noch etwas ...«
    »Anghara«, sagte Kieran so leise, dass nur sie es hören konnte. Er stand direkt neben ihr. »Gib ihm nicht zu viel Ehre. Das macht aus ihm einen unruhigen Geist.«
    »Wie ich es war«, entgegnete sie lächelnd. Doch diese zusätzlichen Sekunden hatten ihr Zeit zum Nachdenken gegeben und den ursprünglichen Plan zu verwerfen. Zugegeben unbesonnen hatte sie ihren eigenen Goldreif Sif ins Grab geben wollen, als ein Unterpfand seiner königlichen Abstammung. Aber wenn sie jetzt nachdachte, dann war das wohl keine gute Idee. Brans und Keruns Priester blickten sie erwartungsvoll an. Irgendetwas musste sie tun.
    Die Ritter an Sifs Totenbahre traten beiseite, als sie herbeikam. Dann betrachtete sie Sif einen Moment lang mit unergründlicher Miene. Sie seufzte und schaute hinauf zu den Bergen von Miranei, als suche sie dort eine Eingebung. Dann legte sie behutsam die Hand auf Sifs Stirn. »Schlafe wie ein König«, sagte sie leise, dennoch hörten alle ihre Worte.
    Unter ihrer Handfläche entzündete sich ein goldener Schein, der durch ihre Finger drang, als das Licht stärker wurde. Langsam zog sie die Hand weg und trat zurück. Aus tausend Kehlen wurde hörbar

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