Die Rückkehr der Königin - Roman
Roisinan, mehrere Jahre in Kheldrin – sie war das Verbindungsstück zwischen den Welten, aus Scherben wieder zusammengesetzt. Und mit ihrem ersten Schritt in den Schatten des Berges veränderte sich das Schicksal dieser Welt.
Es gab einen Weg, doch nicht lang. Als Kieran sah, dass dieser in kahlen Fels mündete, sank ihm das Herz. Waren die alten Lieder nur eine Falle gewesen, um die Ahnungslosen und Tollkühnen in den Tod zu locken? Doch dann deutete Anghara nach vorn. »Dort ist ein Felsvorsprung, schau!«
Er war steil und abgenutzt, aber der einzige Weg, den sie hatten. Hintereinander ritten sie vorsichtig voran, Kieran voraus, Anghara und das Packkamel folgten. Das Felsband schlängelte sich um eine Klippe, bis sie etliche Stunden später zu einer Kreuzung mit drei Wegen gelangten. Von hier aus verlief ein Weg vor ihnen eben und gerade bis er hinter einer Felskuppe außer Sicht war. Der zweite führte steil nach oben, noch steiler und gewundener als der, auf dem sie gekommen waren. Der dritte war verführerisch sanft und verlief langsam nach unten, bis er im Schatten eines riesigen Felsüberhangs verschwand. Kieran hielt an und betrachtete die Alternativen.
»Ich wünschte, ich könnte dem ebenen Weg trauen«, meinte er mit finsterer Miene. Aber er vertraute in diesen Bergen nichts, und ein leichter Pfad zu seinen Füßen erweckte sofort seinen Verdacht. »Dieser nach unten ... es ist zu früh, um nach unten zu reiten. Also dieser oder der nach oben. Was meinst du?«
Als Anghara ihn anschaute waren ihre Augen unergründlich wie Schlamm und ihr Gesicht gerötet, als hätte sie Fieber. »Nach links«, sagte sie. Das Sprechen kostete sie viel Mühe. »Hinauf.«
Kieran drehte sein Kamel in diese Richtung und schenkte dem empörten Grunzen keine Beachtung, mit dem das Tier die Wahl seines Reiters missbilligte.
Diesmal hatten sie Glück. Der Pfad wurde nicht nur nach einer Zeit lang nach einer Kuppe eben, sie entdeckten auch eine Höhle mit einer kleinen Quelle, die tief im dunklen Schlund der Höhle verborgen war. Sie quoll über einen niedrigen Stein in eine Mulde und verschwand gleich darauf in einem Felsspalt. Viel Wasser war es nicht, aber frisch und sauber. Hier schlug Kieran ihr Lager auf und füllte die Wasserschläuche. Es war nicht sicher, ob sich eine solche Gelegenheit wieder bieten würde, sobald sie über die Berge geritten waren, hinab die ausgedörrten Hänge auf der Seite Kheldrins.
Die Entscheidung an dieser Wegkreuzung war die letzte vernünftige, die Anghara traf. Das nächste Mal, als sie Kieran sagte, welche der beiden Wege an einer Kreuzung sie nehmen sollten, verloren sie zwei Tage, während derer sie sich aus einer wegelosen steinigen Wildnis herausarbeiten mussten. Danach wählte sie einen Weg, der sie ebenso in eine Sackgasse führte, wo eine massive Bergwand sie anstarrte. Von nun an überließ sie Kieran die Entscheidungen; und selbst wenn sie eine Meinung äußerte, hörte sich Kieran diese zwar an, folgte jedoch seinem eigenen Ermessen. Er machte sich große Sorgen – irgendwie hatte er geglaubt, dass ihr Verstand klar würde, je mehr sie sich Kheldrin näherten. Er war zwar kein Fachmann, aber ihm schien es, dass es mit ihr immer schlimmer wurde. Ihr Arm heilte nicht; und durch etwas getrieben, das stärker war als sie, hatte sie noch einmal versucht, mit ihren Göttern mittels eines Blutopfers Verbindung aufzunehmen. Doch diesmal war Kieran auf der Hut gewesen und hatte sie davon abgehalten, größeren Schaden anzurichten, aber als er ihr den schwarzen Dolch aus der Hand nahm, spürte er die Unruhe in der Luft um sich herum. Plötzlich fürchtete er sich vor dem, was ihnen die Götter als Rache für ein entgangenes Opfer antun könnten, da sie im Gebirge so verletzlich und ungeschützt waren. Da hatte er sich mit der Dolchspitze in den Finger geritzt und das Blut, das hervorquoll, in den wirbelnden Wind geopfert. Nehmt es ... nehmt es ... aber lasst sie in Ruhe ... sie ist nicht stark genug, um es mit euch aufzunehmen ...
Dann hatte er sich umdrehen und eine verzweifelte Anghara beruhigen müssen. In dem Chaos hatte er sein Opfer ganz vergessen. Später erinnerte er sich, was er getan hatte, und wunderte sich, dass er keinerlei Schmerzen oder Unbehagen verspürte. Er blickte auf die kleine Wunde, die er sich selbst beigebracht hatte – und war völlig entsetzt, als er keine Spur mehr davon sah. Nur zur Sicherheit, packte er den schwarzen Dolch zu seinen Sachen, wo Anghara
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