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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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sich nicht einmal erlauben, über diese Frage zu lächeln. Wladilen oder Mary würden ihm ernst erklären, dass das Gedächtnis moderner Menschen viel besser entwickelt war als zu seiner Zeit — das wäre dann delikat, dezent und ... langweilig. Die eindeutige Antwort der Kinder hatte ihm dagegen viel besser gefallen.
    »Jetzt antworte ich euch«, sagte Wolgin zum gesamten Amphitheater. »Als Wladimir Iljitsch Lenin gestorben ist, war ich zehn Jahre alt. Ich habe ihn niemals getroffen, sondern kenne ihn genauso wie ihr, aus Büchern und Bildern.«
    Ein Junge von etwa zehn Jahren in der mittleren Reihe stand auf. »Aber wer hat Sie denn daran gehindert, ihn natürlich zu sehen?«, fragte er. »Ich weiß, dass man Lenin nicht am Teleoff anrufen durfte, aber Sie hätten doch dorthin fliegen können, wo er gewohnt hat, und warten bis er heraus kommt, ohne ihn zu stören. Wollten Sie ihn denn nicht sehen? Ich hätte es unbedingt getan!«
    Jetzt waren es die Gäste, die lachten. »Mein junger Freund«, sagte Wolgin. »Ich sehe, dass du gerade anfängst zu lernen ... Wir hatten keine Teleoffs. Nach Moskau zu fliegen, wie du es so schön sagst, und Lenin zu treffen war sogar für einen Erwachsenen undenkbar, ganz zu schweigen für einen Jungen. Wir hatten auch keine Arefs - der Lufttransport war gerade dabei zu entstehen. Unsere Bewegungsfreiheit war ziemlich eingeschränkt. Aber selbst wenn ich in Moskau in der Nähe von Lenin gelebt hätte, würde ich ihn dennoch niemals gesehen haben. Du wirst es nicht verstehen, wenn ich dir sage, dass Lenin nicht immer frei durch die Straßen gehen konnte - wenn du die Geschichte dieser Zeit lernst, verstehst du, warum es so war.«
    »Ich habe bereits einen Kurs antiker Geschichte abgeschlossen«, sagte Fee, »und kann immer noch nicht verstehen, was euch daran gehindert hat, eure Lebensbedingungen zu verändern.«
    »Damals waren die Menschen nicht vereint, so wie sie es jetzt sind. Es gab verschiedene Völker, die verschiedene Sprachen gesprochen haben und einander nicht verstehen konnten. Ihre Betrachtungsweisen waren auch alle unterschiedlich - wir Kommunisten haben uns zum Beispiel um solche gemeinschaftlichen Beziehungen bemüht, wie ihr sie jetzt habt, aber es gab auch viele anderen, die sich dagegen wehrten, uns daran zu hindern versuchten und sich an der Vergangenheit fest klammerten. Nicht alle haben Lenin gemocht, nicht alle waren von ihm und seinen Taten begeistert — es gab Menschen, die ihn hassten und sogar fähig waren, ihn zu töten. Also musste Lenin bewacht werden.«
    »Wir wissen, dass man versucht hat, Lenin zu töten, dass er dabei verwundet wurde«, sagte jemand aus den hinteren Reihen. Seine Stimme war so deutlich zu hören, als wenn er neben Wolgin stehen würde. »Aber wir möchten etwas anderes wissen. Sie sagen selbst, dass eure Bewegungsfreiheit eingeschränkt war, dass die Lebensbedingungen die Freiheit des einzelnen eingeschränkt haben. Warum wollten die Menschen diese Bedingungen denn nicht ändern? Sie haben doch alle gestört, unabhängig von ihren Ansichten.«
    »Genau darum geht es ja«, sagte Wolgin, »dass die Erdvölker nichts gemeinsam machen konnten. Sie waren in einzelne Nationen getrennt, die einander oft feindlich gesinnt waren, sie hatten unterschiedliche Gesellschaftssysteme und Klasseninteressen - das waren unüberwindbare Hindernisse für die Menschheit. Euch kommt es vor, als wäre es einfach, über eine Frage zu entscheiden und sie gemeinsam in die Tat umzusetzen - aber zu unseren Zeiten hat sich ein Volk nur um sich selbst gekümmert. Die Sowjetunion war die Ausnahme. Und deswegen war es auch besser, in einem Land zu leben als im anderen.«
    »Aber es haben doch in allen Ländern Menschen gelebt, oder nicht?«
    »Ja, ich kann eure Ratlosigkeit verstehen. Wir Kommunisten haben diese missliche Lage schon damals gesehen - nur konnten wir nicht viel dagegen machen, weil die Gegner des Kommunismus uns daran hinderten.« »Aber wie konnte es überhaupt Gegner des Besseren geben? Das ist doch unnatürlich. Zum Beispiel weiß ich, dass es heute einen starken Regen geben wird. Dann bleibe ich zu Hause, weil es besser ist, zu Hause zu sein, als im Regen zu stehen. Also, gab es damals etwa Menschen, die sagten, dass im Regen zu stehen besser wäre?«
    Alle lachten wieder. Wolgin fühlte die Hilflosigkeit - wie konnte er diesen Kindern denn die Gründe erklären, die die Kapitalisten zwangen, sich gegen den Kommunismus zu wehren? Vom Geld

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