Die Rueckkehr der Templer - Roman
wenn wir nur noch die Narben im Blick haben? Du wirst immer mein Held bleiben, weil du denen getrotzt hast, die dir das zugefügt haben, und es ihnen nicht gelungen ist, deinen Überlebenswillen zu brechen. |523| Das ist alles, was zählt.« Lyn lächelte sanft. »Neben der nicht ganz unbedeutenden Tatsache, dass du mich trotzdem noch liebst.«
»Warum sollte ich nicht? Du bist … so … unbeschreiblich«, flüsterte er. Dann küsste er sie wieder und wieder. »Du bist meine Frau?«, hauchte er leise an ihren Mund, ohne ihr in die Augen zu schauen.
»Ja, das bin ich«, erwiderte sie und strich ihm zärtlich über die Wange. »Für immer und ewig. Ich hoffe, das hast du nicht vergessen?«
»Nein«, flüsterte er. »Wie könnte ich das?«
Arnaud hatte interessiert die Wiedersehensszene zwischen dem Sarazenen und Lyn verfolgt. Wahrscheinlich war er der Mann, von dem sie immer wieder gesprochen hatte. Als die beiden nach einer Weile zu ihnen zurückkehrten, zwinkerte Montbard ihnen zu, als ob sie zu seiner Familie gehörten. Lyns Gesicht war gerötet vor Aufregung. Sie hatte geweint, und trotzdem strahlte sie pures Glück aus. Als sie ohne ein Wort wieder neben ihrer Schwester auf dem Bett Platz nahm, stellte sich der Assassine hinter sie und legte ihr besitzergreifend eine Hand auf die Schulter. Montbard stand mit überkreuzten Armen neben Hertzberg und ließ sich geduldig darüber aufklären, in welcher Mission sie hier angetreten waren.
»Ihr müsst Gero von Breydenbach und seine Leute aus dem Kerker herausholen«, beschwor ihn der Professor. »Sie sind Templer wie Ihr und haben nichts getan, was nicht rechtens wäre. Im Gegenteil – Tramelay und seine Bande morden und brandschatzen, und niemand kümmert sich darum. Das entspricht so gar nicht dem Bild, das uns in der Zukunft vom Orden der Templer vermittelt wird.« Die Stimme des Professors klang vorwurfsvoll.
Montbard seufzte leise. »Wie Ihr Euch vielleicht denken könnt«, begann er mit seiner ruhigen, dunklen Stimme, »ist es nicht in meinem Interesse, dass der Orden zu einem Haufen von Verbrechern verkommt. Ich bin Vorsitzender des Hohen Rates, zu dem nur eingeweihte Brüder Zugang haben, deren Gewissen so rein ist wie eine Bergquelle nach der Schneeschmelze. Dass Tramelay und seine Leute nicht dazugehören, bedarf keiner Erwähnung. Seit Lyn und Rona hier erschienen sind, wissen wir, dass die Zukunft des Ordens besiegelt ist, wenn es uns nicht gelingt, unsere moralischen Ziele zu festigen und die Dinge zum Besseren zu wenden.
|524| Allerdings mussten wir in den vergangenen Jahren schmerzlich zur Kenntnis nehmen, dass sich bisher weder Gott noch der Teufel haben ins Handwerk pfuschen lassen.«
»Soll das bedeuten, die fünf Ordensbrüder werden morgen gehängt, und das war’s?« Arnaud schäumte vor Wut. »Ordensvertreter wie Euresgleichen waren immer mein großes Vorbild! Es kann doch nicht sein, dass Ihr gar nichts tun könnt, um sie aus diesem Loch herauszuholen?« Er sah aus, als wolle er vor Montbard auf den Boden spucken, tat es aber nicht.
»Es ist schwierig, sie aus dem Kerker herauszuholen, aber nicht unmöglich«, lenkte Montbard ein. »Schließlich können wir nicht einfach hingehen und den Großmeister und sein Gefolge in die Tragweite unseres Wissens einweihen. Allein die geheimnisvolle Waffe, mit der Tramelays Leute getötet wurden, reichte aus, um Eure Brüder der Häresie und Zauberei zu überführen.« Er räusperte sich, bevor er fortfuhr. »Es mag Euch einfältig erscheinen, aber wir leben in einer Zeit, in der wir nicht jedem Dahergelaufenen unsere tiefsten Geheimnisse preisgeben können. Denkt Ihr ernsthaft, die Kirche würde uns durchgehen lassen, dass die Erde eine Kugel ist und sich wie selbstverständlich um die Sonne dreht?« Er lächelte wehmütig. »Habt Ihr eine Vorstellung davon, was es heißt, wenn man gegen alle Vernunft mit seinem Wissen um die wahren Begebenheiten dieser Welt hinter dem Berg halten muss, um nicht den eigenen Kopf zu riskieren?« Er sah fragend in die Runde.
Arnaud nickte verständig, er schien zu wissen, was der Templer mit seinen Ausführungen sagen wollte.
»Wir wurden im dreizehnten Jahrhundert nach der Auferstehung unseres Herrn geboren«, gab Arnaud freimütig zu. »Für uns war das alles ebenso neu und unfassbar.«
Montbard begann ruhelos umherzuwandern. »Dann könnt Ihr sicher verstehen, dass es einem mitten ins Herz sticht, wenn man weiß, was geschehen wird, aber nicht in der Lage
Weitere Kostenlose Bücher