Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
Ihnen ja gesagt, dass es nicht lang dauern wird, bis einer ein Auge auf Sie wirft. Sie sind eine schöne junge Frau. Sie brauchen Zeit, um Ihren verstorbenen Mann zu betrauern, und das ist auch richtig, aber ich habe das Gefühl – und bitte verstehen Sie mich nicht falsch –, dass Sie schon lange, bevor man ihn tot fand, um Ihren Mann getrauert haben.“ Er schaute kurz weg. „Ich trauerte fast acht Jahre um meine Rachel, bevor ich bereit war, wieder eine Frau zu lieben. Aber ich war viel älter, als Sie es jetzt sind, und …“ Er zwinkerte wieder und rieb seinen kahlen Kopf. „Ich hatte keine Haare, die glänzen, als wenn Sonnenschein auf Weizen fällt, und keine Augen, die das Herz eines Mannes zum Schmelzen bringen.“
Kathryn blies sich eine Strähne aus der Stirn und wischte sich die Schweißtropfen weg. Sie bemühte sich um ein Lächeln. „Ja, ich bin wirklich ein guter Fang, Mr Hudson. Und wenn mein Charme und mein gutes Aussehen die Männer nicht anlockt, dann sicher meine großzügige Mitgift.“
Mit einem liebenswerten Blick schüttelte er den Kopf und ging wieder nach vorne.
Kathryn hob die Blumen an ihr Gesicht, und sofort kam ihr Matthew Taylor in den Sinn. Er hätte sich nicht diese Mühe machen sollen. Selbst wenn er oder irgendein anderer Mann sie eines Tages auf diese Weise begehren sollte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass sie einem anderen Mann je ihr Herz öffnete. Sie wich Matthew Taylor aus, er verdiente etwas Besseres. Sie würde ihn finden und ihm für die Blumen danken und ihm dann ehrlich sagen, wie ihre Gefühle für ihn aussahen.
Sie öffnete den Umschlag und zog das Briefpapier heraus. Ihre Kinnlade fiel nach unten, als sie den Namen las, der oben eingraviert war.
Liebe Mrs Jennings,
ich habe vom Tod Ihres Mannes gehört und spreche Ihnen mein tiefstes Mitgefühl aus. Mein Angebot, Ihnen zu helfen, hat weiterhin Bestand. Und auch meine Einladung zum Essen.
Hochachtungsvoll
Donlyn MacGregor
Kathryn las die Nachricht noch einmal. Gemischte Gefühle regten sich in ihr – Fassungslosigkeit, weil Mr MacGregor die Frechheit besaß, sie zum Essen einzuladen, während sie noch trauerte. Aber auch Interesse an seinem wiederholten Angebot, ihr zu helfen, die Ranch zu behalten.
Die restliche Woche verging wie in einem Nebel. Als Kathryn am Freitagabend spät nach Hause ging, war sie immer noch dabei, all die Möglichkeiten abzuwägen, die ihr noch blieben, um die Ranch zu behalten. Sie konnte Larson nicht zurückholen, aber vielleicht könnte sie seinen Traum trotzdem am Leben erhalten.
Immerhin war es sein größter Wunsch gewesen, die Ranch zum Erfolg zu führen.
Jemand verfolgte sie, das spürte sie mehr, als dass sie etwas hörte. Sie verlangsamte ihre Schritte und drehte sich um. Der Gehweg war leer und dunkel. Trotzdem fühlte sie … etwas.
Diese Gegenwart blieb bei ihr, während sie zur Rückseite der Herrenschneiderei eilte und die Tür hinter sich verriegelte. Als sie sich einige Zeit später zum Schlafen auf ihre Liege legte, war diese Gegenwart immer noch da. Sie drückte die Spieluhr an ihre Brust. Liebevoll hob sie den Deckel und berührte die Inschrift, die sie nicht sehen musste, um sie zu lesen.
Für Kathryn,
für alles, was dein Herz sich wünscht.
In Liebe, Larson.
In diesem Moment stand für sie die Entscheidung, ob sie Donlyn MacGregors Angebot annehmen sollte oder nicht, fest.
Kathryn wartete vor Mr Kohlmans Büro. Sie zog die Uhr aus ihrer Tasche und sah innerhalb von nur dreißig Minuten bereits zum siebten Mal nach, wie spät es war. Seine Sekretärin hatte gesagt, Mr Kohlman sei da und könne sie empfangen. Warum ließ er sie dann so lange warten? Sie stand auf und trat zum Schreibtisch der Frau. „Entschuldigen Sie, Miss, aber ich komme schon zu spät zur Arbeit. Ich muss ein anderes Mal wiederkommen, um mit Mr Kohlman …“
Die Tür zu seinem Büro ging auf.
Harold Kohlmans dicke Koteletten traten an seinen Wangenknochen hervor, als er grinste. „Mrs Jennings, was für eine Freude, Sie wiederzusehen. Wollen Sie nicht hereinkommen?“
Kathryn schluckte ihre Frustration hinunter und nickte. Als sie sein Büro betrat, hörte sie das metallene Geräusch eines Riegels und bemerkte eine andere Tür auf der gegenüberliegenden Seite, die ihr bis jetzt nicht aufgefallen war.
„Setzen Sie sich bitte, Mrs Jennings. Ehrlich gesagt, wollte ich Sie sowieso bald kontaktieren. Sie sparen mir also die Mühe.“
Kathryn richtete ihre
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