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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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Person. Leute, die sich einen Scheiß für den Norden interessierten, stieg der Schweiß auf die Stirn, wenn sie die Stimme hörten:
Ein vereinigtes Irland war eine Lösung – die ist passé. Eine zweite Lösung war eine Konföderation der beiden Staaten – die ist passé. Eine dritte Lösung war eine gemeinsame Verwaltung – die ist passé.
    Es war nicht nur die Botschaft, im Grunde war es überhaupt nicht die Botschaft, die war den meisten ziemlich egal. Es war die Stimme, die uns daran erinnerte, was wir waren, nämlich nichts. Keine Schwarzen, keine Hunde, keine Iren. Wir waren ein Nichts, und das bestätigte Thatcher uns jedes Mal, wenn sie den Mund aufmachte. Sie lag in ihrem Hotelbett in Brighton, als der Kasten hochging. Sie überlebte, stand auf und war größer und stärker denn je. Eine Lösung konnte es nicht geben. Das Morden war eine Konstante – wie der Regen. Betrüblich, aber typisch irisch. Es war ein Teil von uns, eine dicke rote Beule auf der Tragödie, einer unserer Verkaufsschlager wie Guinness oder der irische Humor.
    Erst im August sah ich den Mann mit dem Bart wieder, an einem brütend heißen Tag. Sein Gesicht war weißlich gelb und klatschnass. Der Bart war schmutzig, er sah elend aus.
    – Henry.
    Er hatte geklopft, dabei wusste ich, dass er einen Schlüssel hatte.
    – Was ist passiert? fragte ich.
    – Kann ich reinkommen?
    An seinen Bewegungen merkte ich sehr schnell, dass er angeschossen war. Ich warf einen Blick nach draußen, während ich die Tür zumachte, sah aber keine Blutspur, hörte keinen Widerhall von Schüssen.
    – Jemand hat auf dich geschossen, sagte ich.
    – Aye.
    – Alles in Ordnung?
    Er antwortete nicht, aber unterdrückte ein Stöhnen. Am heißesten Tag des Jahres trug er ein Tweedsakko, in das er seinen rechten Arm gezwängt hatte. Er musste wahnsinnige Schmerzen haben, aber etwas Wichtiges hielt ihn aufrecht.
    Ich musste ihn loswerden, aber ich konnte nichts machen. Es war das erste Mal, dass er eine Kugel erwischt hatte, das merkte man ihm an.
    – Du hältst dich gut, sagte ich.
    – Aye. Danke.
    – Ich hab ihnen deine Nachricht ausgerichtet, sagte ich.
    Hoffentlich, dachte ich, gibt er mir jetzt die nächste und verschwindet.
    – Gut gemacht, sagte er.
    Saoirse war im Haus.
    Er sah zur Schlafzimmertür hin.
    – Hast du was dagegen, wenn ich mich kurz hinlege?
    – Nein, sagte ich. – Nur keine Hemmungen.
    Sie schlief nur fünf Stufen und eine Wand von uns entfernt. Vor ein paar Stunden war sie direkt vom Flugplatz hergekommen. Meine Kampfzeit sei vorbei, hatte ich behauptet. An dem Akzent dieses Mannes würde sie merken, dass ich gelogen hatte. Daran – und an der Tatsache, dass er sich wie ein schlechter Schauspieler benahm. Wenn Kugeln schwirren, machen schlechte Schauspieler ihre Sache immer besser als die guten.
    Saoirse hatte nie bei mir übernachtet. Sie hatte eine eigene Wohnung, die Onkel Ivan ihr vor Jahren geschenkt hatte, aber sie hatte an mein Haus einen zusätzlichen Raum anbauen lassen mit Klo und allem Drum und Dran. Da lag sie jetzt und atmete die frische Farbe ein.
    – Nur zu, sagte ich.
    – Also gut, sagte er. – Also gut.
    Er setzte sich auf mein Bett und gab keinen Laut von sich, während er sich aus der Jacke schälte.
    Ich blieb sitzen. Die beiden würden aufeinandertreffen, da war nichts zu machen. Ich schloss die Augen und horchte auf Geräusche von draußen, kreischende Bremsen oder mühsames Schnaufen von der hinteren Mauer her. Vielleicht auch knatternde Hubschrauber.
    Er war allein gekommen, trotz der frischen Wunde, die im Ärmel versteckt war. Er hätte sich nicht hingelegt, ohne einem, der draußen wartete, Bescheid zu sagen.
    Er schlief drei Stunden und wachte stöhnend auf. Das Bett knarrte, als er sich die Schuhe wieder anzog. Dann kam er zurück in die Küche, sah aber nicht besser aus.
    Ich horchte, ob das andere Bett knarrte. Aber sie schlief noch, es bestand noch eine Chance, dass er weg war, bis sie aufwachte. Ich würde mir seine Nachricht anhören und ihn zur Tür bringen.
    Er hielt sich, als wollte er möglichst weit von der verletzten Schulter wegkommen, als gehörte sie nicht mehr zu ihm. Er wollte sich verkriechen, und er hatte Angst.
    – Was war denn? fragte ich.
    – Irgend so ein Ganove hat auf mich geschossen.
    – Und dich nicht verfehlt.
    – Aye.
    – Ein Cop?
    – Ein Loyalistenschwein, das sich einen Namen machen wollte. War plötzlich auf einer kleinen Honda neben mir.
    – Allein?
    –

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