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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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möchte, sagte er. – Dafür habe ich mit Glück zwei Stunden. Deshalb muss ich deine Geschichte verdichten. Wie alt bist du? Siebenundvierzig?
    – Ich glaube ja.
    – So viel Filmmaterial hab ich nicht. Wir müssen auswählen. Klar?
    Ich nickte.
    – So wie bei den Geschichten, die deine Mutter dir als Kind erzählt hat. In Dublin.
    Ich guckte ihn an.
    – Nein? sagte er.
    – Nein.
    – Himmelnochmal, du hast doch selber Kinder, nicht? Hast du denen Geschichten erzählt?
    Ich nickte.
    – In ein paar Minuten zwischen
Es war einmal
und
Wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute
. Wir haben zwei Stunden. Maximum. Aber das reicht. Wenn wir es richtig machen. Die Story haben wir schon. Aber ich brauche das Drum und Dran. Bilder. Musik. Abkürzungen.
The Kerry Dances
.
    – Es war nicht ihr Lied.
    – Verdammt, dann machen wir es zu ihrem Lied.
    Er war nicht böse.
    – Ich werde kämpfen müssen, sagte er. – Ich drehe den hier ...
    Er nickte zum Fort hinüber.
    – damit mir Herb Yates, das ist der Scheißproduzent, das Geld für den nächsten Film gibt. Ich bin der profitabelste Regisseur in Hollywood, jeder Film ein garantierter Hit. Ich habe Scheiß-Oscars gewonnen, verdammt noch mal. Aber unser Film spielt in Irland. Das ist zu weit weg. Die denken, dass damit kein Geld zu verdienen ist.
    Er seufzte.
    – Wir haben es fast geschafft, sagte er. – Wir kriegen das hin. Wie hast du sie kennengelernt?
    – Schule.
    – Am ersten Schultag nebeneinandergesessen, was? Bisschen kitschig, könnte aber funktionieren.
    – Nein.
    – Warum nicht? sagte er.
    – Sie war meine Lehrerin.
    – Richtig, das hast du mir ja erzählt.
    – Yeah.
    – Aber nicht, dass sie
deine
Lehrerin war, du Blödmann. Wie alt warst du? Zehn, elf?
    – Acht.
    – Und sie? Fünfundzwanzig vielleicht.
    Ich zuckte die Schultern.
    – Also jetzt hör mal zu.
    Es klang, als ob er sich aufsetzen wollte, tat es aber nicht.
    – Das kriegen wir nicht an der Zensur vorbei, sagte er. – Das erlauben die nicht.
    – In der Hauptpost hab ich sie wiedergesehen, sagte ich. – Jahre später.
    – Sehr gut, sagte er. – Du denkst wie ein Autor. Der Kasten brennt lichterloh, ja?
    – Yeah.
    – Kugeln schwirren durch die Luft.
    – Yeah. Und ...
    – Weiter, sagte er.
    – Die gläserne Kuppel über uns fing an zu schmelzen.
    – Toll, sagte er. – Tropfen aus geschmolzenem Glas.
    – Yeah.
    – Genau das meine ich, sagte er. – Das ist so eine Abkürzung. Liebe und Freiheit in zehn, fünfzehn Sekunden. Miss O’Shea ...
    – Ich hab’s ihr im Keller besorgt, auf einem Bett aus Briefmarken.
    – Find ich toll, Henry. Aber das drehen wir nicht.
    – Na gut.
    – Du verstehst.
    – Geht klar.
    – Aber, sagte er. – Wir bringen zwei gute Nahaufnahmen. Von dem, der dich spielt, wahrscheinlich Hank, und der, die deine Lehrerin spielt, wahrscheinlich Maureen oder vielleicht Joanne Dru. Joanne wird dir gefallen, sie ist hier irgendwo.
    Er nickte zum Fort hin.
    – Zwei Gesichter, sagte er. – Zwei Paar irische Augen. Und die sagen alles. Dazu das schmelzende Glas und die Kugeln. Und Schnitt. Siehst du das vor dir?
    – Yeah, sagte ich.
    – Toll.
    Fand ich auch. Ich glaubte ihm.
    – Großartig. Bett aus Briefmarken?
    – Genau.
    Er fing leise an zu singen.
    – OH THE DAYS OF THE KERRY DANCES ... Wie hieß sie?
    – Weiß ich nicht.
    – Meta hat mir erzählt, dass du das immer sagst.
    – Ich hab nie gewusst, wie sie heißt.
    – Wir müssen ihr einen Namen geben.
    – Nein.
    – Mal sehen.
    – Nein.
    – Mal sehen, hab ich gesagt. Wie sollen wir das sonst rüberkriegen? Eine Frau ohne Namen?
    – Sie hatte einen Namen, sagte ich.
    – Aber du kennst ihn nicht.
    Ich nickte.
    – Du wolltest ihn nicht wissen.
    – Genau.
    – Weil’s besser für die Geheimhaltung war oder weil sich’s so aufregender vögeln ließ?
    – Das zweite.
    – Wie sagen wir das in einem Film? Ohne dass es uns einer erklärt und wir dabei einschlafen?
    – Er könnte sich die Finger in die Ohren stecken, als sie es ihm sagen will.
    – Dein Kumpel, Douglas Fairbanks.
    – Was ist mit ihm?
    – Hast du schon mal erlebt, dass der sich die Finger in die Ohren gesteckt hat? Oder Valentino? Oder Hank Fonda?
    – Schon gut.
    – Glaub bloß nicht, dass ich auch nur Duke Wayne dazu bringen könnte, sich die Scheißfinger in die Ohren zu stecken.
    Er drehte seinen Stuhl wieder zum Set, war plötzlich umgeben von geschäftigen Männern und verschwand in dem falschen Fort.

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