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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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Ich drehte meinen Stuhl auch um. Ich hörte das Akkordeon –
Bringing in the Sheaves.
Plötzlich waren da Pferde, die den roten Staub aufwirbelten, und Männer in blauen Uniformen, die versuchten, im Sattel zu bleiben. Dann sank der Staub nach unten und legte sich auf den Schweiß der Pferde und der Männer. Am Rand des Sets rannten noch mehr Leute rum. Und durch das Chaos der Pferde hindurch hörte ich Stimmen. Und ganz laut die Stimme eines Mannes, den ich nicht sehen konnte.
    – Haltet die Pferde fest!
    Vor den zornigen Pferdehufen schlief ein Hund. Ich wartete darauf, dass die laute Stimme sagte –
Schafft den verdammten Köter weg! –,
aber die kam nicht. Und ich begriff, dass der Hund da hingehörte. Er war ein Kavalleriehund und hatte einen Herrn, der ihn wahrscheinlich liebte. Ford hatte den Hund da hingesetzt, und das fand ich verdammt schlau. Ich lachte. Sehr schlau, dieser kleine zusätzliche Dreh; die Pferde und die Männer waren nicht genug. Sie waren die Story, aber der Hund würde mir immer im Gedächtnis bleiben. Weil die Männer durch den Hund menschlich wurden. Ich wusste jetzt, warum mir Ford ständig zusetzte, und ich wusste, dass ich mir meine eigenen Hunde würde ausdenken müssen.
    Ford ging auf die Pferde zu. Er guckte auf ihre Hufe. Er stieg über den Hund und ging weiter. Er blieb stehen und tätschelte einen der Gäule.
    – Den da, sagte er.
    Ein Junge mit einem Pinsel und einem Eimer Farbe kniete sich hin und pinselte die Hufe des Gauls an. Sie wirkten plötzlich schwärzer; durch eine Staubwolke hindurch wirkten sie übertrieben schwarz. Ford überprüfte die Hufe.
    – Toll, sagte er.
    Ich konnte ihn jetzt nicht sehen. Ich sah auch keine Uniformen. Aber ich hörte ihn.
    – Macht sich großartig.
    Selbst die Gäule warteten.
    – Alle bereit? Kamera ab.
    Es ging schnell und glatt. Unter dem Hufgetrappel und den Stimmen war das Akkordeon zu hören. Den Staub wirbelten sie jetzt mit Absicht auf.
    – AROUND HER NECK
    SHE WORE A YELLOW RIBBON ...
    Die Männer auf den Gäulen sangen, als sie an mir vorbeikamen, und der Hund lief neben ihnen her.
    – SHE WORE IT IN THE SPRINGTIME
    AND IN THE MONTH OF MAY ...
    Immer mehr Stimmen. Alle sangen, vor der Kamera und versteckt:
    – AND IF YOU ASKED HER
    WHY THE HECK SHE WORE IT
    SHE’D SAY IT’S FOR MY LOVER
    WHO’S IN THE CAVALRY ...
    Der Staub wehte über mich weg, ich hörte noch immer die Pferde, weit waren sie nicht gekommen. Die Szene war abgedreht. Männer kamen aus dem Hintergrund, verschoben die Scheinwerfer, pinselten, fegten, machten alles neu. Und der Hund lag immer noch da.
    Ford kam auf uns zu. Ich griff mir meinen Stuhl, jetzt saßen wir beide mit dem Rücken zum Fort.
    – Der Hund da auf dem Boden, sagte ich.
    – Was ist mit ihm?
    – Ich hab gesehen, wie er mit den Pferden mitgelaufen ist.
    – Das war ein anderer. Du hast Menschen umgebracht, ja?
    – Yeah.
    Ich nickte.
    – Erzähl mir von einem. Alles klar, Meta?
    Sie saß hinter uns auf einer Indianerdecke, unter ihrem Riesenhut. Ihre Augen konnte ich nicht sehen.
    – Kann losgehen, sagte sie.
    – Ich hab ihm in den Hinterkopf geschossen, sagte ich.
    – Er hat dich provoziert.
    – Nein.
    – Du hattest einen Grund dafür, den Typen umzulegen.
    – Ja, sagte ich. – Es war ein Befehl.
    In jener Nacht schlief ich in einem der beiden Tipis, die vor der Umzäunung des Forts standen. Die Tipis waren echt, aber nur als Kulisse gedacht. Ich kroch in eins hinein und nahm eine dünne graue Decke mit, die ich auf einem Laster gefunden hatte, eine Kiste mit Glühbirnen war darin eingewickelt gewesen. Es war dunkel, Stunden waren vergangen, seit die letzten Filmleute zu ihren Quartieren im Handelsposten irgendwo jenseits des Staubs gegangen waren.
    Ich legte mich hin.
    Ich war nicht allein, das wusste ich – so, wie ich es früher wusste, mit der jähen, unerschütterlichen Gewissheit, der ich so oft mein Leben verdankt hatte.
    Ich sah Augen. Wartete darauf, dass sie sich bewegten oder blinzelten. Nichts passierte. Ich hielt mein Holzbein bereit.
    Ich flüsterte.
    – Navajo?
    – Ja.
    – Ire.
    – Okay.
    Ich hatte wohl geschlafen. Aus der Öffnung über mir, wo die Stützen zusammentrafen, kam eine schmale Lichtbahn. Mein Navajo-Kumpel war weg, aber jemand anderes saß auf seiner Decke.
    – Du hast dem armen Hund einen Kopfschuss verpasst, sagte Ford.
    – Es war kein armer Hund. Es war ein Bulle.
    Das Licht verfehlte seinen Hut nur um eine Handbreit. Er saß

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