Die Rumplhanni
die Antwort darauf. »Aha! A Greane! Die hat ihre ersten drei Tag Eiskasten! Na, bals amal öfter da war, vergehts ihr scho besser, 's Zwirma!«
Die Einäugige wirft ihren Wuschel weg und steht auf. »Also paßts auf, nachher zoag i 's enk, wia ma Gimpel fangt!« Sie bewegt kokett ihren Kopf, zwinkert mit dem Auge, reckt sich, macht sich elegant in der Erscheinung, indem sie aus den Pantoffeln schlüpft, sich auf die Zehen stellt, die Büste zur Geltung bringt und sich in den Hüften wiegt. »Das is doch furchtbar einfach!« sagt sie. »Da geht ma fesch austapeziert mit Federnhuat und Lackschuah durch d' Neuhauserstraß, stellt si beim Oberpollinger an a Straßenlatern, schwingt 's Handtascherl und hebt 'n Rock, daß ma d' Spitzerl siecht. Kommt nachher so a Stieglitz daher, nachher brauchst bloß recht freundlich schaugn, mit die Augndeckl z' winkn und –« – »Vorsicht! Strohhalm! Der Schlüsselbund!« flüstert im selben Augenblick eine der Putzerinnen; und alles schrubbt und reibt, daß der Staub fliegt. Aber es ist nichts Gefährliches. Die Aufseherin eines andern Stockwerks stellt außerhalb des Gitters einen Arbeitskorb nieder und geht wieder. Also kann die Unterhaltung gut noch fortgesetzt werden. Und die Alte meint: »Du bist gwiß deswegen da, zwegn die Augndeckl?« Die Einäugige erwidert sehr von oben herab:
»Da werst di aber täuscht habn! Dumm wer i sein! Naa, i bin bloß da, weil i an Geldbeutl gfunden hab!« – »Ah so!« – Alle schmunzeln. Nur die Dicke bleibt ernst und meint: »Ja ja. Wias halt geht. Bin i jetz fünf Jahr Kellnerin beim Mathäser und muaß mi rein zwegn nix und wieder nix zwoa Monat da 'reihocka! Bloß weil i an den Kerl a bißl mitn Maßkrug hinkomma bin ... wo er behauptet hat, i hätt 'hn bschissen um a Markl! Körperverletzung! Dem hats gar net gschadt, daß er a bißl was verlorn hat von seim boshaftn Bluat! Und überhaupts, i bin ja net amal richtig dro hinkomma, an sein Wasserkopf!« – »Mei, es gibt halt überall a Ungerechtigkeit auf der Welt«, sagt da die Alte; »geht mir aa net anders. Drei Scheitl Holz hab i weg von an Lagerplatz; sechs Wocha habn s' mir auffeghaut. Und der ander, der scheene Herr Baumoasta, hat mir aa no dees ganze Holz wieder gnomma! Trotz 'm Einsperrn! Und hätt ma den ganzen Winter so schee brenna könne dro!« – »An dene drei Scheitl.« Die eine sagts, die zuvor beim Schlafen erwischt wurde. Die Alte wirft ihr einen giftigen Blick zu. »Di wern s' aa net zwegn an Rosenkranzbetn da 'rei habn!« – »I woaß's net. Wenn a Widerstand dees nämliche is, nachher scho.« Ein Widerstand! Die Hanni horcht auf. Und sie getraut sich zu fragen: »Habts ees aa an Schandarm beleidigt?« – »I? Naa. Aber a paar Schutzleut.« Und dann erzählt sie, daß sie an Dienstboten Stellen vermittelt, daß sie grad jetzt das beste Geschäft gehabt hätte und die schönsten Plätze. »Was moanst denn, was mir dees für a Schadn is!« sagte sie. »Jetz sollt i fürn Mohrenwirt zwoa Kellnerinnen suacha und fürn Martlbräu a Küchenmadl, fürn Schlickerwirt a Zimmermadl ...« Die Schlüssel klirren, die Aufseherin kommt. »Ei, ischts nur meeglich! Die Frauenzimmer hent no nit gar! Wie lang wellet ihr denn da no rumknocke, ihr lahme Flitschli! Allens jetzt, oder es geit e Dunnerwetter!« – »Wenn mir a so tean, was mir könnan!« murmeln ein paar der Putzerinnen; die Hanni aber schrubbt und werkt und hat etwas im Kopf, das geht herum, wie ein Mühlrad:... fürn Martlbräu a Küchenmadl ... fürn Schlickerwirt a Zimmermadl ... Daß doch die drei Tag schon um wären!
Aber da ist eine lange Nacht auf hartem Lager – und ein langer Tag und noch zwei Ewigkeiten schier, bis endlich der Riegel für sie zum letztenmal zurückgestoßen und die Zellentür geöffnet wird; bis die Aufseherin da drunten in der Kleiderkammer wieder sagt: »Ausziehen! Wieder ankleiden!« Bis sie den Zettel in Händen hat gleich einer Quittung, daß sie ihre Schuld gebüßt, gezahlt hat. Bis sie endlich wieder außerhalb des hohen Gittertores auf der Straße steht, tief Atem schöpft und schließlich wie erlöst von dannen geht, ihrem Heimatl zu, drunten in der Au.
He juche, is der Graf z'Irlbach gstorbn,
He juche, mitsamt seine Knecht;
He juche, jetz kunnt i Graf z' Irlbach werdn,
He juche, wann mi d' Frau möcht!
Die Hanni geht singend durch die Gassen, hinauf zum Martlbräuwirt. Leise summend tritt sie ins Haus, betrachtet im Hof die vielen Bauernfuhrwerke, schaut dem Hausknecht
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