Die Rumplhanni
zsammkommen.«
Unterdessen sitzt der Wirt daheim in seinem Bräustüberl und liest fröstelnd die Zeitung. Doch ist er nicht so recht dabei, denn er starrt alle Augenblick nachdenklich vor sich hin und seufzt hie und da tief auf. Wo mag jetzt der Ferdl sein, der Bub?... Seit vier Wochen ist keine Karte, keine Nachricht mehr von ihm gekommen. Da tritt ein Telegrammbote ein. »Herr Martl ...« – Er ist schon wieder dahin. Und der Alte dreht das Papier unschlüssig zwischen den zitternden Fingern ... »Was werd dees ... no ... so geh halt auf ... es werd do net der Bua ... Herr-gott ... der Ferdl ... mei Bua ... is tot ...« Wie ein Baum fällt der Wirt in einen Stuhl. »Mei Bua ... Mei Ferdl ...«
»Hans, geh, bleib mir heut in der Schenk. Mir is net guat.« Der Martlbräu legt sich todmüd hin auf sein Bett und hält das Telegramm in Händen. Und bohrt und sinniert, und bringt doch keinen andern Gedanken zuweg, als: »Mei Bua is nimmer da ...« Ob er's seiner Frau sagt? – »Naa. I kann net. I kann's net. O mei Muatta. Jetz ham mir halt den aa umsonst aufzogn. I kann dir's net sagn, daß mir 'hn nimmer ham.« Er schiebt das Telegramm ein. Und schließt die Augen. Wie das hämmert – und zuckt – und werkt ...
Die Martlbräuin kommt müd heim. »Vata!... Wo is denn mei Mann, Hans?« – »Der Herr is net guat beinand, Frau Martl; er hat si niederglegt.« – »Unser liabe Zeit! Es wird do nix Ernstlichs sein! I will glei schaugn ...« Sie läuft hinauf in die Wohnung. Und hinein ins Schlafzimmer. »Vater! – Vater! – Is dir net guat?« Nichts rührt sich. »Schlaft er? Dees wär recht. Der Schlaf richt 'hn am ehesten wieder zsamm ...« Sie beugt sich über ihn. Aber – »Allmächtiger! – Vater! Ums Christi, Vaterl! – Naa ... heiliger Himmel, naa! – Es kann ja net sein ...«
Bleich und stumm liegt der Wirt vor ihr. Und hat die Augen für immer zu.
»Frau Martl, in der Joppen vom Herrn, Gott hab 'hn seli, is no allerhand Sach drin.« Die Küchenmagd sagt's. Und die Wirtin holt leise weinend die Dinge heraus: die Tabakdose, das Schnupftuch, den Fleischstempel, das Einschreibbuch, ein Telegramm ... Sie faltet's befremdet auseinander. Und tut einen tiefen Seufzer. »Unser Bua ... mei Ferdl ...« –
Tage schwerer Krankheit, heftigen Fiebers kommen über sie, so daß die Hanni mit der Frieda ganz allein die Küche versorgen muß, indes der Hans die Schenke und das Schlachthaus unter sich hat. Und so wird die Hochzeit noch hinausgeschoben auf eine bessere Zeit.
»Auf Mariä Verkündigung
Kehren d' Schwaiberl wieder um!«
Der Frühling kommt gemach über die Münchnerstadt, und der Metzgerhans bestellt das Aufgebot. Also verkündet drunten in der Pfarrkirche zu Maria Hilf der Priester am Sonntag, der genannt ist Lätare, von der Kanzel herab:
»In den heiligen Stand der Ehe haben sich versprochen der ehrenhafte Jüngling Johann Niederhuber, Metzger von Rottalmünster, mit der Jungfrau Johanna Rumpl, Köchin von Öd.«
Und die Hanni läuft von Laden zu Laden, besorgt dies und das, hat den Kopf voller Pläne und die Hände voller Arbeit und ist so zufrieden und gut aufgelegt, wie noch nie im Leben. Der Hans aber verhandelt mit der Martlbräuin, die von Tag zu Tag müder und verdrossener im Geschäft wird, wegen des Verkaufs. »Also, was is's, Frau Martl! Jetz wär i halt da und saget: Gebn S' mir die ganz Putschari! – Nachher habn S' Eahnan Ruah!« Und die Martlin sagt nicht nein. »Dees stimmt«, meint sie. »Und a bessere Wirtin wüßt i mir eigentli gar net, als wia d' Frailn Hanni. Ja, i bin recht müad. Recht froh, wenn i mein Ruah kriag.«
Also wird die Sache richtig gemacht, und am zweiten Sonntag im Mai laufen etliche Kinder draußen in der Au und droben beim Martlbräu treppauf und -ab und werfen in die Briefkästen der Leute Karten, auf denen zu lesen ist:
»Zu ihrer Hochzeit am Samstag, den zwanzigsten Mai 1916, im Martlbräukeller, laden ergebenst ein Johann Niederhuber und Johanna Rumpl. Zugleich geben wir bekannt, daß wir die Martlbrauerei käuflich erworben haben ...«
»Musikanten, laßts Landler erschallen,
Spielts auf in die Martlbräuhallen!
Teats blasen und pfeifen,
In d' Soatn frisch greifen,
Teats trommeln und zithern und harpfan
Und hockts net grad da wia die Karpfan!«
Der alte Niederhuber, ein beleibter, weißhaariger Bauernwirt, steht vor den Musikanten, schnalzt mit den Fingern, schnackelt und singt und zahlt für sein Lieblingsstücklein einen blanken Taler.
Weitere Kostenlose Bücher