Die Runde der Rächer
die Wäsche wollten, um es mal locker zu sagen, haben überlebt. Sie sitzen im Mannschaftswagen unter Aufsicht. Da kann nichts passieren, keine Sorge.«
Etwas ironisch sagte ich: »Das sieht mir alles nach einem normalen Verbrechen aus, Tanner.«
Unser Freund überhörte meine Ironie. »Nicht ganz, John.«
»Aha. Und was stimmt nicht?«
»Das werdet ihr gleich zu hören bekommen. Ich habe eure Nachtruhe nicht grundlos gestört.« Er stemmte die Hände als Fäuste in die Hüften und schaute zum Himmel hoch, als könnte er von dort eine besondere Antwort bekommen. »Der Jaguar wurde von einem jungen Mann gefahren, der in Begleitung seiner Freundin war. Die beiden heißen Ethan Haycock und Brenda Kane. Sie fuhren den Jaguar, kamen von einer Party, wobei ich anmerken muss, dass der Fahrer nicht betrunken war oder irgendwelches Zeug geschluckt hat. Weiß der Teufel, weshalb sie diesen Weg genommen haben, aber sie taten es nun mal. Ausgerechnet hier gab der Jaguar-Motor seinen Geist auf, und damit saßen sie in der Falle.«
Tanner erzählte uns, dass vier Leute bei dem Überfall beteiligt gewesen waren und die junge Frau auf der Motorhaube hatte vergewaltigt werden sollen. Natürlich unter den Augen von Zuschauern. Er ging zudem davon aus, dass einige Nachbarn von den Fenstern der Häuser aus zugeschaut hätten.
»Aber dann erhielten sie Hilfe«, sagte er, »und damit kommt ihr beide ins Spiel.«
»Inwiefern?«
»Es geht um die Helfer.«
»Waren es Engel?«, fragte ich mit einer etwas lockeren Stimme und verbunden mit einem leisen Lachen.
»Nein, es waren keine Engel. Eher das Gegenteil davon. Vielleicht Geschöpfe aus der Hölle.«
Suko und ich waren baff. So etwas aus Tanner’s Mund zu hören, passierte nicht alle Tage. Wir blickten uns an, schüttelten die Köpfe, aber unser Lächeln blieb nicht bestehen, denn wir brauchten nur einen Blick in Tanner’s Gesicht zu werfen, um erkennen zu können, wie ernst es ihm mit der Antwort gewesen war.
»Wir haben doch richtig gehört?«, fragte ich sicherheitshalber nach.
»Das habt ihr. Geschöpfe aus der Hölle haben die beiden jungen Männer getötet.«
»Und die anderen zwei konnten fliehen?«, fragte Suko.
»So ist es.« Tanner deutete auf den Mannschaftswagen. »Die Aussagen stammen von Ethan Haycock und Brenda Kane. Da gab es keinen Widerspruch zwischen ihnen.«
»Glaubst du den beiden?«
»Sonst hätte ich euch nicht mitten in der Nacht geholt, John. In meinem Job bekommt man ein Ohr dafür, ob jemand lügt oder sich an die Wahrheit hält. Hier muss ich leider sagen, dass man mich nicht angelogen hat. Es kam Hilfe.«
»Gibt es noch weitere Zeugen?«
»Meine Leute sind dabei, sie zu befragen. Ich kann mir vorstellen, dass es genug Gaffer gegeben hat. Wie wichtig sie sind, kann ich nicht beurteilen. Wichtig ist im Augenblick einzig und allein das Zeugenpaar. Und auch für euch beide.«
»Okay, dann werden wir uns damit beschäftigen«, sagte ich. »Kannst du uns einen Tipp geben, wie du sie persönlich einschätzt?«
Tanner verzog die Lippen. »Man soll je nicht voreingenommen sein, aber ich habe den Eindruck, als wäre zumindest dieser Ethan Haycock ein arroganter Schnösel. Einer, der vom Geld seiner Eltern lebt und von einer Party zur anderen zieht.«
»Und Brenda Kane?«
»Ein Partygirl. Eine, die Fun haben will. Immer nur Fun. Aber das ist jetzt vorbei. Sie ist ziemlich fertig.«
»Er nicht?«
»Das kann ich nicht beurteilen. Zumindest hat er hin und wieder auf mich einen ruhigen und nachdenklichen Eindruck gemacht. Wie jemand, der über etwas nachgrübelt. Aber darüber könnt ihr euch selbst ein Bild machen.«
»Gut.« Ich wollte schon auf den Mannschaftswagen zugehen, doch Suko stellte eine Frage.
»Haben deine Zeugen die Helfer denn beschrieben? Du wirst sie doch bestimmt danach gefragt haben.«
»Genau. Deshalb weiß ich auch, dass es keine Engel sind. Die mögen auftreten, wie sie wollen, aber nicht so. Sie sahen aus wie Monster. Wie eine Mutation aus Mensch und Tier, was dann in der Summe ein Monster ergibt. Genauer werden euch die beiden ihre Helfer beschreiben können.«
Das hofften wir auch…
***
Als wir wenig später in den Mannschaftswagen einstiegen und zwei Kollegen für uns Platz geschaffen hatten, weil sie den Wagen verließen, fiel mir zuerst die junge Frau auf, die – eingehüllt in eine Decke – sich in die Ecke gepresst hatte, einen Becher mit heißem Kaffee zwischen ihren Händen hielt, zitterte und ins Leere
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