Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)
ich hatten mit diesem Fall zu tun. Ich wusste nicht, dass sich das herumgesprochen hat.«
»Miss Macthcoll ist die Tochter des Arztes, der im Außenposten Ulrich stationiert ist.«
Durch die Verbindung spürte er Sorchas Interesse schwinden.
Kümmert Ihr Euch also um das hübsche Gesicht.
»Dann hoffen wir mal, dass auf der Reise alles glattläuft.« Sorcha zeigte zum Bug, wo ein hochgewachsener Mann in Ölzeug und gewaltigem rotem Bart die Sicherung der Luke überwachte. »Der Kapitän ist offenbar der Ansicht, wir könnten mit dem Wetter Glück haben.«
Ohne ein Wort des Abschieds drehte sie sich um und ging nach unten, zweifellos, um festzustellen, ob ihr Quartier ebenso gut war wie das ihrer Pferde. Merrick verkniff es sich, die Grobheit seiner Partnerin zu entschuldigen. Miteinander verbundene Diakone waren dazu angehalten, allezeit Solidarität zu zeigen. Sollte Nynnia etwas über den Orden wissen, hätte es sie überrascht, wenn er sich Sorcha gegenüber nicht loyal gezeigt hätte.
»Sieben Tage«, sagte die junge Dame und drehte sich zur Mannschaft um, die Vorbereitungen zum Ablegen traf. »Selbst ein Tag kann auf diesem Meer eine lange Zeit sein. Ich glaube, der Kapitän will Eure Partnerin bloß beruhigen. Niemand kann voraussagen, wie sich das Wetter in diesen Gewässern entwickelt.«
Dann entschuldigte sie sich auf überaus liebenswerte Weise und ging nach unten, um ihre Kajüte zu suchen.
Allerdings würde es eine lange Reise werden. Merrick seufzte und befingerte müßig seine Gürteltasche mit dem aufgerollten Riemen darin. Er hatte befürchtet, seine Gedanken im Zaum halten und vor Sorcha verbergen zu müssen, aber angesichts dieser neuen, berauschenden Ablenkung bezweifelte er, dazu imstande zu sein. Er stellte sich vor, dass er auf dieser Fahrt alle möglichen Sticheleien und Scherze zu hören bekäme. Und obwohl Ulrich ziemlich trostlos sein würde, merkte Merrick, dass er sich auf die Stadt freute.
Nach zwei Reisetagen war Sorcha bereit, über Bord zu springen und ihr Ziel schwimmend zu erreichen. Merrick und seine Stielaugen waren nur äußerliche Symptome dessen, was durch ihre Verbindung sickerte. Es war zutiefst beunruhigend, seine Zuneigung zu dem Mädchen so intim zu spüren, wie Sorcha es tat.
Hätte sie ihn seit Jahren gekannt, wäre es schlimm genug gewesen, aber sie waren erst seit einer Woche Partner. Am dritten Morgen stand sie an Deck und rauchte eine Zigarre, die sie eigentlich gern mindestens bis Ulrich aufgespart hätte. Sie hatte einen Vorwand gebraucht, um der allgemeinen Blödheit unter Deck zu entkommen. Merrick war einfach ein furchtbarer Sensibler.
Sorcha stieß eine Rauchwolke aus und sah zu, wie sich die umbrafarbene Sonne aus dem Meer erhob. Sie überlegte, dass sie entweder alt und verbittert war oder alt und eifersüchtig. Kolya hatte erheblich gesetzter und wesentlich weniger romantisch um sie geworben. Partner für ein Jahr, da war es nur logisch erschienen, und für Romantik war nicht viel Platz gewesen.
Gewiss gab es keine Verfügung, seinen Partner oder jemand anderen nicht zu heiraten, aber innerhalb des Ordens waren Ehen ungewöhnlich. Das Leben der Diakone war häufig kurz und brutal, und Sorcha war jeden Tag aufrichtig überrascht, dass bisher weder sie noch Kolya umgekommen waren. Er war ein guter Freund und Partner gewesen, aber vielleicht hatte sie mit einem dramatischeren Ende ihrer Ehe gerechnet, womöglich durch den eigenen Tod.
Aber wir sind beide am Leben.
Sie zog erneut warmen Rauch ein.
Und wir wissen beide, dass das nicht mehr reicht.
So früh am Morgen neigte sie zu melancholischen Gedanken. Normalerweise genoss sie Fahrten übers Wasser, da die Geistgefahr sich auf gelegentliche Stürme beschränkte, wenn sie dicht unter Land segelten. Nicht jedoch heute. Sorcha war angespannt wie eine Feder, und die Knöchel ihrer um die Reling gekrallten Hände waren weiß. Anscheinend konnte nicht einmal eine Zigarre sie entspannen.
»Verdammte Knochen«, murmelte sie. Das Leben eines Diakons war kurz genug, und jetzt konnte sie nicht einmal ihr einziges Laster genießen. Der silberfarbene Flachmann in ihrer Manteltasche unter Deck war wirklich nur für Notfälle bestimmt.
Von oben ertönte verschrecktes Gekrächz, und sie blickte stirnrunzelnd auf. Ein Schwarm Möwen und Kormorane kreiste über dem Schiff. Sie hatte den Ozean viele Male bereist, konnte sich aber nicht daran erinnern, jemals dermaßen viele Vögel gesehen zu haben, die sich so
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