Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)
gelte ihm, und war nicht auf den Gedanken gekommen, dass sie nur etwas erleben wollte. Die Kaiserliche Luftflotte war immer noch neu und das Reich im Wesentlichen ruhig – daher wurde sie häufig als Kurierdienst für Waren auf dem ganzen Kontinent eingesetzt.
»Ich fürchte, aus dieser Mission kann nicht einmal Sorcha mehr machen als eine kultivierte Delegationsreise.«
Die Kapitänin zuckte die Achseln. »Die Vermählung von Kaisern ist vielleicht nicht so einfach, wie Ihr meint.«
Ihr Tonfall erweckte Merricks Neugier. »Habt Ihr etwas gehört?« Das war eines der Risiken, Diakon zu sein: Klatsch und Tratsch wurden oft nicht an den Orden weitergegeben.
Vyra schürzte die Lippen, als überlegte sie, ob es klug sei, ihn gerade damit zu versorgen. »Sagen wir, dass das Gerangel um die Position der Kaiserin nicht … sanft … verlaufen ist.«
Eine einzelne Tatsache, eine von vielen, die er über Chioma gelernt hatte, tauchte plötzlich aus den Tiefen von Merricks Erinnerung auf: Von dort kamen nicht nur alle fremden und exotischen Gewürze im Reich, sondern auch einige der stärksten und am schwersten nachweisbaren Gifte. Plötzlich schien ihre Reise viel komplizierter zu werden.
»Dann ist es gut zu wissen, dass Ihr unsere Verstärkung seid, Kapitänin Revele.«
Ihr plötzliches Lächeln strahlte im Mondlicht, aber sie sagte nichts. Stattdessen drückte sie ihm den Arm auf eine höchst vertrauliche Weise, bevor sie sich umdrehte und mit großen Schritten den Rest des Weges über das Deck in Richtung Steuerstand ging.
Merrick blieb zurück und sah auf stürmische Nachtwolken und den kalten Mond hinaus. Er brauchte die Sicht von Diakon Reeceson nicht, um zu wissen, dass sie im reichen Chioma Böses erwartete, aber das war es nicht, was ihn schaudern ließ.
Es war stattdessen die Erinnerung an den Mann, der ihn in seinem eigenen heiligen Bezirk gejagt hatte. Er würde wegen dem, was er gespürt hatte, in dieser Nacht und wahrscheinlich in vielen weiteren Nächten nicht schlafen. Merrick würde froh sein, wenn sie Orinthal und seine Abtei erreichten. Vielleicht war es eine Täuschung, aber er war sich sicher, dass er zumindest dort würde schlafen können.
Kapitel 8
Die erweckte Dunkelheit
Nachdem sie die richtigen Papiere erhalten hatten, segelte die
Süßer Mond
ohne Umschweife den Saal-Fluss hinauf, aber Raed konnte die Erinnerung an die blutüberströmte Frau nicht abschütteln, die einen geliebten Menschen in einem tropfenden Bündel gehalten und zu einer ohnmächtigen Göttin geschrien hatte. Tangyre hatte vergeblich versucht, ihn abzulenken. Ein Sklavenschiff, selbst ein leeres, war Gelächter nicht besonders förderlich.
Nur Raed und Tang waren am dritten Morgen auf Deck, während die Mannschaft unten frühstückte. Der Junge Prätendent hatte herzlich wenig Appetit, seit sie Londis verlassen hatten. Stattdessen beobachtete er, wie das Flussufer langsam vorbeiglitt.
Obwohl mehrere Monate vergangen waren, seit der Rossin ihn gequält hatte, war Raed in solcher Nähe zum Land immer noch vorsichtig. Der Drang, umzudrehen und auf das offene Meer zuzuhalten, wie er es den größten Teil seines erwachsenen Lebens getan hatte, war mächtig. Nur der Gedanke an seine Schwester Fraine, die irgendwo tief im Binnenland war, hielt ihn auf Kurs.
Das Land, in das sie immer tiefer hineinsegelten, war ihm fremd; es war heißer und trockener als jedes andere, das er gesehen hatte. Doch es war Teil des Reichs und sollte eigentlich von ihm regiert werden. Er wusste, dass sein Großvater auf diesem Fluss nach Norden, nach Orinthal gesegelt war. Natürlich war das mit erheblich mehr Pomp und Zeremoniell vonstattengegangen, als es ihre jetzigen Umstände erforderten.
Raed umklammerte die Reling. »Das Leben ist nie ganz so, wie man es sich vorstellt.«
»In der Tat, mein Prinz« – Tang stützte sich neben ihm auf die Ellbogen – »aber daran, wie wir Schwierigkeiten überwinden, zeigt sich, wer wir sind.«
Raed schluckte vernehmlich. »Ich hatte einfach gehofft – nun … ich hatte gehofft, dass …« Er brach ab, weil ihm bewusst wurde, dass die Worte, die er hatte sagen wollen, lächerlich waren. Seine Hoffnungen waren lächerlich. Diese Welt musste mit den Geistern leben, und mächtigere Männer als er hatten erfolglos versucht, die Dinge zu verändern. Anstatt etwas zu sagen, das ihn wie ein launisches Kind klingen ließe, zuckte Raed die Schultern. »Ich habe einfach das Gefühl, etwas wartet auf uns. Auf
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