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Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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auf einmal.
    Er erinnerte sich daran, als Kind mit seinen Eltern zum Haus seines Großvaters gegangen zu sein. Der junge Merrick war ihnen in den Garten hinaus gefolgt, wo ein großer, efeubedeckter Kopf auf dem Boden lag. Als er gekreischt hatte, hatte sein Vater ihn genommen und in die Luft geworfen, bis aus seinem Weinen Lachen geworden war. Dann hatte er ihn in die zerstörten Überreste des Tempels der Alten getragen – an den Ort, wo die Burg seines Großvaters erbaut worden war.
    Selbst als Kind hatte Merrick die mit kunstvollen Reliefs geschmückten Ruinen erstaunlich gefunden. »Über die Alten ist nicht viel bekannt«, hatte der Vater zum Sohn auf seinen Schultern gesagt, aber der Anflug von Ehrfurcht war seltsam bei einem Mann, der so stolz auf seinen Adel war. »Doch schau, alles – was sie getan haben, was sie erbaut haben, ist selbst nach so vielen Jahrhunderten unerreicht.«
    Und jetzt, in den Tiefen der Anderwelt, sah Merrick die gleiche feine Handwerkskunst, die sein Vater bewundert hatte. Er hätte nicht erstaunter sein können, wenn Nynnia ihm einen Schlag ins Gesicht versetzt hätte.
    Über Generationen hinweg hatten Gelehrte darüber gestritten, was aus den Alten und ihrer Weisheit geworden war. Sie waren verschwunden, und alles, was sie erbaut hatten, war leer zurückgeblieben. Andere nach ihnen hatten die Gebäude Stück für Stück abgetragen, um den feinen Stein für eigene Bauten zu benutzen. Durch den Bruch, als die Anderwelt endgültig nach Arkaym eingedrungen war, war viel Wissen verloren gegangen.
    »Du siehst« – Nynnias Stimme in seinem Ohr war so leise, dass er für einen Moment dachte, sie sei in seinem Kopf – »du
weißt,
was ich bin – was wir sind.«
    »Die Alten …«
    Ihr Lachen war so schön, dass er spürte, wie ihm die Tränen in die Augen schossen. »Nicht älter als du, mein lieber, süßer Merrick – und als wir auf Erden wandelten, hatten wir unseren eigenen Namen für uns.«
    »Aber wie …« Er räusperte sich und beobachtete, wie das Licht über die schöne, weiße Festung rann. »Wie bist du hier in der Anderwelt gelandet?«
    Ein kalter Schauer überlief ihn, mehr ein Mangel an Wärme als ein ätherischer Wind. »Wir mussten gehen – oder die Welt hätte der Anderwelt weit offen gestanden.«
    »Aber …«
    »Wir haben keine Zeit«, unterbrach Nynnia ihn, als es ihm heiß über den Rücken lief. »Dieser Ort wurde nicht für Lebewesen gemacht – das solltest du von deinem letzten Besuch noch wissen. Selbst mit dem Schutz deines Körpers ist deine Zeit knapp.«
    Er öffnete den Mund, doch das Feuer auf seinem Rücken war jetzt ein Brennen, das ihn aufkeuchen ließ. Nynnias Präsenz wallte über ihm und linderte den Schmerz zumindest für einen Moment.
    Sie glitt von ihm fort und nahm die Gestalt an, die ihm von ihrer Zeit in seiner Welt so schmerzlich vertraut war. »Ich kann deinen Körper nicht beschützen, mein Liebster, aber ich kann dich an einen Ort schicken, wo du deiner Sache dienlich sein kannst.«
    »Sache?«
    »Deinem Kampf gegen die Göttin.« Ihr Blick verengte sich, bis Merrick ihn tatsächlich spüren konnte. Diese Augen, jetzt wie damals, sahen so viel. »Und die Sterne – die Stimmen, mein Liebster.«
    Er war nicht so dumm, blind gegen die Bedeutung der Sterne zu sein, die ihn in seinen Träumen verfolgt hatten. Selbst wenn Merrick nur ein gewöhnlicher Bürger des Reichs gewesen wäre, hätte er trotzdem gewusst, dass der Kreis der Sterne das Symbol für den alten einheimischen Orden war. Den Orden, der angeblich schon mindestens achtzig Jahren ausgestorben war, als sein Kaiser von jenseits des Wassers gerufen worden war. »Sie sind also nicht tot.« Er formulierte das nicht als Frage.
    »Viele wurden getötet, andere aber in den Untergrund getrieben. Der Orden des Sternenkreises ist noch immer sehr lebendig.«
    Merrick biss die Zähne zusammen, als ihn ein neuer Schmerz durchfuhr. Er blieb keuchend und taumelnd zurück. Nynnias Bild verschwamm vor seinen Augen, während sein Atem in kurzen, harten Stößen ging.
    Sie hielt ihm die Hand hin, als verstünde sie immer noch nicht ganz, dass sie einander nicht berühren konnten. »Sie versuchen, diesen Ort zu erreichen, Merrick, versuchen zu beherrschen, was niemals dazu bestimmt war, beherrscht zu werden. Um sie diesmal aufzuhalten, musst du zurückkehren.«
    Es war schwer, sich über dem schrecklich langsamen Pulsschlag in seinen Ohren auf ihre Worte zu konzentrieren. Merrick wusste auch ohne

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