Die Sache mit dem Ich
der Kreuzfahrtschiffe, die an der Pier halten, scharenweise an die weißen Strände, von denen Key West umgeben ist. Und obwohl die romantische Vorstellung davon, einen Roman am Strand zu schreiben, generell überschätzt wird (Wind, Salzwasser, Sonne, Sand machen die Sache sehr anstrengend), zieht Key West immer noch viele Schriftsteller an: Alison Lurie, Charles Van Doren, Shel Silverstein leben hier, auch der Musiker Jimmy Buffet. Lurie schreibt ihre Romane, Charles Van Doren seine Menschheitsgeschichtenabhandlungen, die anderen meist Novellen und Krimis, die im örtlichen Verlag veröffentlicht werden. Sie treffen sich regelmäßig bei Lesungen im»Key West Bookstore« oder richten den jährlich stattfindenden Hemingway-Shortstory-Wettbewerb aus.
Warum sie hier sind?
»Grundsätzlich aus den gleichen Gründen, warum auch Hemingway kam«, sagt Joe aus dem Valladares-Buchladen. »Wegen des Klimas und der seltsamen Zwitterlage der Insel zwischen Kuba und den USA.«
Wären sie auch hier, wenn es Hemingway nie gegeben hätte?
Joe schüttelt den Kopf. »Und selbstverständlich sind sie ihm gegenüber alle chancenlos«, sagt er dann noch. »Er ist einfach zu groß. Wie ein riesiger Fisch, den man nie ganz zu fassen bekommt.«
Ein paar Tage nach dem Abend in Sloppy Joe’s Bar treffen Fotograf Zuder und ich Julie wieder in der Duval Street, diesmal aber etwas nüchterner.
»Was hast du heute gemacht, Julie?«
Julie erzählt vom Leuchtturm, den sie sich angesehen hat; von einem Bootsausflug, vom Aquarium, von der Sonnenuntergangsfeier, die jeden Abend am Mallory Square stattfindet. Sie erzählt von dem, was heute den Reiz der Insel ausmacht: die Funktionalität der Moderne, die auf dem Fundament des Alten aufgebaut wurde. Und Julie strahlt, als sie davon erzählt. Sie liebt Key West.
Und auf einmal weiß ich, worüber ich schreiben würde, lebte ich heute hier. Ich würde über Leute wie Julie schreiben, über die vielen Bilder von Hemingway und über die Touristen und Einwohner, die – jeder auf seine Art und Weise – nach ihm auf der Suche sind. Ich würde darüber schreiben, wie ein Ort sich verändert, wenn er von einem Mythos besucht wurde und dann selbst zum Mythos wird, über den sich wieder irgendjemand Gedanken machen kann.
Wenn ich’s mir recht überlege, würde ich eine Geschichte wie die hier schreiben. Eine Geschichte über einen Ort namens Hemingway.
[Menü]
Die Sache mit Jennifer Lopez
Das ist die Wahrheit: Will ein Mann eine Frau für sich gewinnen, macht er ihr ein Kompliment für ihre Augen, für ihren Mund, für den Job, den sie tut, oder für ihre Art sich anzuziehen. Über diese Art Kompliment, denkt der Mann, freut sich die Frau, weil sie so das Gefühl hat, sie wird für die Poesie ihres Blicks gelobt, für die Sinnlichkeit ihres Mundes, für ihr Talent oder für ihren guten Geschmack in der Mode.
Die meisten dieser Komplimente sind eine Lüge, das ist nichts Neues, denn ein Mann, der einer Frau sagt, er mag ihre Füße, wird schnell behandelt wie ein Wahnsinniger, selbst wenn diese Füße wirklich sehr hübsch sind, weil Füße eben nicht zu den Dingen gehören, die sexuell genehmigt sind – ein Wort über Füße und es ist klar, der Mann ist ein Perverser, eine Gefahr. Ähnlich ergeht es einem Mann, der einer Frau sagt, sie hätte fantastische Brüste oder einen sehr guten Hintern. »Reduziere mich nicht auf das Körperliche!«, sagt die Frau dann, obwohl so ein Kompliment nicht ausschließt, dass die Frau noch andere Qualitäten zu bieten hat.
In diesem Text wird es nicht um die gelogenen Komplimente gehen, sondern nur um die Wahrheit, um nichts als die Wahrheit, und der Gegenstand dieser Wahrheit ist die amerikanische Schauspielerin Jennifer Lopez, 28, die als Kind puertoricanischer Einwanderer in New York geboren wurde. Frau Lopez ist berühmt für ihre Rollen in den Filmen »Out Of Sight« und »U-Turn«, doch noch berühmter ist Frau Lopez für ihren Hintern, und das mit allemRecht der Welt, denn Lopez’ Hintern ist in der Tat ein Wunder, ein Kunstwerk, in Kraft und Ausdruck so erhaben wie die Kriegsbilder des Malers Francisco de Goya und die Sinfonien des Komponisten Gustav Mahler: Er ist groß, sehr groß, und rund, sehr rund, und wenn er in der Mitte nicht geteilt wäre, hätte er die Form einer Ellipse, wie der Planet, auf dem wir leben, die Erde also. In einem Magazin stand mal zu lesen, Lopez’ Hintern sehe aus, als habe sie sich einen Medizinball unters Kleid
Weitere Kostenlose Bücher