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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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sich auf seinem Lager hin und her und redete im Schlaf. » Ich habe dir gesagt, wer ich bin. Ich habe dir bereits alles gesagt. Was willst du denn noch? «
    Tahan hielt den Atem an und lauschte. Er wünschte, er hätte nicht geahnt, mit wem Noan sprach.
    Sie stahlen ein drittes Pferd von einer Weide und ritten auf der Straße weiter. Die Gegend wurde belebter, und sie begegneten mehr und mehr Menschen, aber niemand schien zu bezweifeln, dass hier ein reicher Ausländer mit seinen frisch erworbenen Sklaven durch die Gegend zog. Noan und Jalimey, beide so jung und hübsch, zogen die Blicke auf sich. Aber er hörte kein einziges Wort des Bedauerns.
    Â» Verfluchte Terjaler, elende Feinde « , murmelte manch einer. » Gib ihnen die Peitsche zu spüren, wenn sie nicht gehorchen. «
    Es ging jetzt rasch auf Mai-Senn zu. Der Winter streckte die eisigen Finger nach ihnen aus. Als sie durch das Stadttor in die Hauptstadt des Königreiches Helsten einritten, begann es in dicken, schweren Flocken zu schneien.

19
    V on Ghi Naral, der prächtigen Stadt, die sich wie ein Unterrock um den Palast des Tyrannen Ilan Dor Hojan bauschte, war Tahan es gewöhnt, dass breite Straßen von den vier Stadttoren zu den aufwändig verzierten Portalen des Innenhofes führten. Stadt und Palast waren nahezu eins, miteinander verwoben und verzahnt, eine Vielzahl an Mauern, Pforten und Durchgängen, von den äußeren Ringen bis zu den innersten, die allein dem König und seinen Vertrauten vorbehalten waren. Überall wimmelte es von Menschen, doch Ghi Naral war eine leise Stadt gegen das hier. Ghi Naral war eine Stätte der Ordnung, wo jeder seinen Platz kannte, wo jeder Schattenstrich eines jeden Tages mit Ritualen angefüllt war, an die sich jedermann hielt.
    Mai-Senn dagegen war ein dampfender Kessel voller gequälter Dämonen. Der Lärm, der Rauch, der Gestank– es war unglaublich. Es gab keine Hauptstraßen, die ins Zentrum führten, vielmehr standen überall Häuser verschiedenster Größe und Bauart, zwischen denen man sich seinen Weg suchen musste. Sklaven huschten durch die verwinkelten Gassen, schwer beladen mit Körben und Fässern. Elegante dreirädrige Wagen, von Sklaven oder schwarzen, langbeinigen Maultieren gezogen, schossen plötzlich um die Ecke, sodass man sich mit einem Sprung in Sicherheit bringen musste. Überall waren Fenster geöffnet, aus denen Musik nach draußen quoll– grauenhafter Gesang, der in den Ohren schmerzte, zittriges Lautenspiel oder Töne von unbekannten Blasinstrumenten, die wie Eselschreie klangen.
    Jeder echte Esel nahm dies zum Anlass, darauf zu antworten. Mit stampfendem Schritt marschierte ein Trupp Soldaten vorbei und drängte unbarmherzig alle Fußgänger in die Nischen und Hauseingänge. Dann wieder wurde ein Karren vorbeigezogen, in dem zerlumpte, halb bekleidete Gefangene saßen. Falls es hier irgendwo ein schwarzes Schloss gab, in dem die Prinzessin residierte, war es nicht sichtbar, da zu viele hohe Häuser und überhängende Dächer den Blick versperrten– ganz anders als in Ghi Naral, wo man den Palast von nahezu jedem Punkt der Stadt aus bewundern konnte.
    Â» In diesem Gedränge werden wir sicher keine Geldsorgen haben « , wandte Tahan sich an Jalimey, der das Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand.
    Â» Wie soll ich ihn hier jemals finden? « Ihre Stimme ging in dem allgemeinen Lärm unter, er musste von ihren Lippen ablesen und die Hälfte erraten.
    Kein Zweifel, dass sie ihren kleinen Neffen meinte. Auch für ihre Schwester Kalamey sah er schwarz. In Ghi Naral wurden Bücher geführt über alles, was dort vor sich ging. Es gab Listen über den Besitz jeder Familie und die daraus resultierenden Steuern, über Vergehen und die Geschenke, die dem König überreicht wurden. In dem Chaos in Mai-Senn bezweifelte Tahan, dass über den Verbleib von Sklaven auch nur eine Zeile aufgeschrieben wurde. Sofern hier überhaupt jemand des Schreibens mächtig war.
    Â» Wir sollten die Pferde unterstellen « , schlug er vor.
    Gasthäuser mit Ställen gab es zuhauf, sie mussten nur dem Gestank folgen. Ein freies Zimmer zu finden erwies sich als deutlich schwieriger. Nachdem sie den halben Tag gesucht hatten, ergatterten sie schließlich eine eiskalte Dachkammer in der Nähe eines Stalls, in dem sie die Pferde unterbringen konnten. Das Dach war

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