Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß
antwortete der Vogt. »Und mit Tancred?« »Mit ihm auch nicht.« »Aber es ist so persönlich!« »Heraus damit!« Jessica sah sehr traurig aus.
Mit einem Seufzer begann sie: »Es ist eine abscheuliche Wahrheit, und wer sie zu schwer zu verdauen findet, möge sich die Ohren zuhalten! Die Ehe der Holzensterns ist nicht gerade glücklich. Sie wurde von den Eltern arrangiert, und die beiden haben einander nie ertragen können. Sie haben pflichtschuldig ein Kind bekommen - danach haben sie, soviel ich weiß, nie wieder etwas miteinander gehabt. Das hat der Gräfin gut gepaßt, denn sie ist nicht so … so leidenschaftlich veranlagt. Ihre Leidenschaft ist das Zählen von Handtüchern und Silber. Und der Hofklatsch. Sie zieht gern über die Skandale anderer her. Ich will nicht eklig sein, aber so ist sie nun mal.«
Alexander nickte. »Weiter! Wie war das mit dem Grafen?«
»Ja, er…« Jessica zögerte. »Er hat sich andere Jagdgründe gesucht.«
»Das haben wir schon verstanden. Er hat selbst zugegeben, daß er die Herzogin auf Alt-Askinge besucht hat. Vermutlich hat er sie da untergebracht.«
Jessica stimmte zu. »Wahrscheinlich. Aber die Herzogin war nur eine… Notlösung. Er hatte sich in jemand anderen verliebt.« »Molly?«
»Molly und er waren wie Hund und Katze. Nein, er war hinter einer anderen her. Und das seit mehr als zwei Jahren.« »Hinter dir?« fragte Alexander leise.
Jessica erschauerte. »Ja. Das erste Mal, als er mir schwitzend und zitternd seine Liebe erklärte, war ein Jahr nach ihrer Ankunft. Nein, ich will keinen Menschen auf diese Weise ausliefern. Tut mir leid, aber ich kann es nicht!«
»Wir verstehen sehr gut, wie du dich fühlen mußt, aber leider ist es notwendig. Und du kannst auf unsere Diskretion vertrauen.«
Sie schluckte. »Ich fühle mich wie eine Schurkin«, flüsterte sie. »Es war sehr unbehaglich. Er erzählte mir alles über seine traurige Ehe und sagte, daß ich seine erste große Liebe sei - das hab ich nun nicht geglaubt - und daß er einen Platz finden würde, wo wir uns heimlich treffen könnten. Und er wolle gut zu mir sein und mir die schwindelnden Freuden der Ekstase offenbaren… Igitt! Ich bin gleich weggelaufen, und Molly, die meinetwegen auf Askinge geblieben war, folgte mir. Aber man hat uns schnell eingeholt. Er belästigte mich weiterhin, und ich versuchte gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ich konnte noch nie jemandem weh tun, man könnte mich als übertrieben rücksichtsvoll bezeichnen. Es ist keine edle Eigenschaft, es ist Schwäche.«
»Kann schon sein«, sagte Alexander, »aber es ist keine bloße Schwäche.«
»Danke«, flüsterte sie. »Es waren schwierige Jahre, Markgraf! Oh, diese Augen, die mir überall folgten, diese bittenden, hungrigen Augen! Waren wir einen Augenblick allein, drückte er mir heimlich die Hand. Ich mußte alle möglichen Listen anwenden, um nicht mit ihm allein zu sein - was natürlich besonders schwierig war, da er genau das Gegenteil versuchte. Im Winter ging er zu direkten Angriffen über und versuchte, mich zu küssen. Molly konnte es gerade noch verhindern, und es gab einen schrecklichen Streit, bei dem er Molly fristlos kündigte. Ich war natürlich verzweifelt, denn sie war meine einzige Freundin und mein Schutz. Wir versuchten wieder, wegzulaufen. Ohne Erfolg. Wir wollten der Gräfin nichts erzählen, denn sie verdiente es nicht, die Wahrheit über ihren Mann hören zu müssen. Stella sollte es auch nicht erfahren.« »Haben sie denn nichts gemerkt?« »Nein, in ihrer Nähe war er unendlich vorsichtig. Oh, es war alles wie ein Albtraum! Immer vor ihm auf der Hut sein, die freundliche Maske bewahren und gleichzeitig völlig abweisend sein!«
»Und jetzt wolltest du wieder weglaufen?« »Ja. Es war ihm gelungen.« »Was?« Tancred sprang auf. »Stella und ihre Mutter waren bei einigen Nachbarn schluchzte sie. »Und ich wußte nichts davon. Ich hatte mich zum Schlafen hingelegt. Zu meiner Tür gab es keine Schlüssel, der war seit einiger Zeit verschwunden. Plötzlich erwachte ich, er lag über mir… wir kämpften … oh, war widerlich! Und ich schrie und schrie, er bekam es mit der Angst und lief davon. Ich war völlig hysterisch und lief in Mollys Zimmer. Sie versuchte, mich zu beruhigen, aber ich wollte nur weg, deshalb half sie mir in die Kleider, und wir liefen in den Stall, um Pferde zu holen. Ich schäme mich wenn ich über mein Benehmen nachdenke. Ich schrie die ganze Zeit entsetzliche Dinge über das
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