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Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Titel: Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Kälteschauer durchfuhr ihn. Auch wenn ihn dieses Unbekannte erzittern ließ, zog es ihn doch auf verlockende Weise an. Er würde dem nicht widerstehen können. Denn er sehnte sich nach dieser, wie er wußte, vernichtenden Kraft.
    Die gellenden Rufe aus der Leere dröhnten so sehr, daß er sich verzweifelt die Ohren zuhielt. Er war in Schweiß gebadet und wartete mit geschlossenen Augen und schmerzendem Atem, daß der Anfall vorüberging und er wieder ins normale Leben zurückkehrte.
    Dann sank er in die Knie und nahm den Hund in die Arme. Die feuchte Schnauze an seinem Ohr fühlte sich verständnisvoll und mitfühlend an.

8. Kapitel
    Mikael versuchte, seine Studien an der Universität von Uppsala wieder aufzunehmen. Die Universität lag nicht weit entfernt, und es wäre eigentlich kein Problem gewesen, Studium und häusliches Leben miteinander zu verbinden. Aber Mikael gab es schnell auf. Diese merkwürdigen Anfälle kamen immer öfter, und weil er sie nicht verstand, zermürbten sie ihn langsam. Noch immer trennte eine Mauer ihn von der Umwelt, auch wenn Dominic und Troll sie manchmal durchbrachen.
    Anette hatte durchgesetzt, daß Mikael sich von einem Arzt untersuchen ließ. Zu einem Resultat war der Arzt jedoch nicht gekommen, da er die falschen Fragen gestellt und lediglich einen Aderlaß vorgeschlagen hatte. Mikael war wütend geworden. Nicht nur, daß die Ärzte über körperliche Krankheiten wenig wußten, von Gemütskrankheiten wußten sie rein gar nichts.
    Die Armee ließ ständig anfragen, wann er seinen Dienst wieder antreten könne, aber er antwortete konsequent nein. Dabei war die Krankheit ein guter Vorwand. Ohne etwas Besonderes geleistet zu haben, wurde er zum Hauptmann befördert. Anette war von unermeßlichem Stolz erfüllt. Mikael war es unangenehm.
    Irgendwie funktionierte ihre merkwürdige Ehe. Sie bemühen sich, einander auf den Gebieten entgegenzukommen, die sie miteinander verbanden: Die Zuneigung zu Sohn und Hund, die Pflege von Haus und Hof. Ging es aber um kompliziertere Dinge, stießen sie meist auf große Schwierigkeiten. Ihre Lebenseinstellung war grundverschieden, und auch wenn Mikael halbherzig versuchte, Anettes Gedankengängen zu folgen, verstanden sie einander nicht.
    Beide konnten sich nicht zum ersten Schritt in eine körperliche Annäherung entschließen.
    Mikael versuchte, immer freundlich und zuversichtlich zu sein. Nur wenn er sein eigenes Zimmer betrat oder einen seiner Anfälle hatte, gab er auf. Oft saß er lange Zeit mit in den Händen verborgenem Gesicht, verzweifelt über dieses Etwas, das ihn tief in seinem Inneren mehr und mehr bedrückte und versuchte, ihn in die Finsternis hinabzuziehen. Genauso verzweifelt war er über seine Unfähigkeit, das Leben zu meistern. Er fand keinen Weg, wußte nicht, was er wollte und war nicht imstande, sich jemandem mitzuteilen.
    Abends zog er sorgfältig die Vorhänge vor das Fenster, so daß auch nicht der kleinste Spalt frei blieb. Dominic war ihm eine große Hilfe. Ein Kind, erst fünf Jahre alt, aber voller Verständnis und Mitgefühl. Wenn es Mikael am schlimmsten gepackt hatte - er versuchte immer, seine Melancholie vor Anette zu verstecken - konnte Dominic sich ganz dicht neben ihn setzen, die kleine Hand in seine legen und ganz still sein. Einfach da sein. So manches Mal zog Mikael ihn mit einem stummen Dank an sich, mit Augen, die voller Tränen standen. Den Jungen hatte das nicht erschreckt.
    Mikaels Einstellung gegenüber Anette hatte sich verändert. Ohne daß sie es merkte, sah er sie grübelnd mit wehmütigen Augen an, als versuche er, einen Weg zu ihrem Verständnis zu finden. Er fragte sich, wie die wirkliche Anette eigentlich war. Die, die es unter der eisernen Disziplin gab, die ihr von der Mutter aufgezwungen worden war.
    Aber unschlüssig wie Mikael war, konnte er kaum Klarheit darüber erlangen.
    In Polen verlief der Krieg in schiefen Bahnen. Sicher, Karl Gustav hatte große Siege errungen, und das Land gehörte ihm. Aber der Triumph war bitter. Ein gewaltiger Aufruhr war entstanden, den Schweden wurde beinah Unmenschliches abverlangt, um die Stellung zu halten. Der König bekam die Sache mehr und mehr über. Marca Christiana hatte wieder einen Sohn bekommen, dem sie den Namen Gabriel gegeben hatte. Jetzt war sie auf dem Weg nach Hause zu ihrem ältesten Sohn Gustav Adolf, dem einzigen, den sie nach der Masernepidemie behalten hatte. Sie war krank vor Sehnsucht nach ihm, wollte ihn in den Armen halten und mit ihm

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