Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
Fayola?«
Die Kriegerin hinter Vhait antwortete nicht. Unsanft schob sie ihn vor sich her. »Der hier hatte sich hinter dem Thron versteckt«, erklärte sie schließlich. »Was machen wir mit ihm?«
»Töte ihn«, erwiderte eine dunkle Frauenstimme. »Wir dürfen kein Risiko eingehen. Sunnivah, du holst den Stein, wir erledigen das hier.«
Sunnivah! Diesen Namen hatte er irgendwo schon einmal gehört. Vhaits Gedanken überschlugen sich fast. Er fürchtete den Tod nicht. Aber er wollte nicht sterben. Nicht hier. Nicht so und nicht von der Hand einer Frau. Endlich fiel es ihm wieder ein.
»Sunnivah!«, stieß er hervor, doch der Schnitt, den die Klinge des Messers in seine Kehle ritzte, brachte ihn sofort zum Schweigen. Seine Worte blieben jedoch nicht ohne Wirkung. Auf halbem Weg zum Thron hielt Sunnivah plötzlich inne, kehrte um und kam auf ihn zu.
»Du kennst mich?«, fragte sie leise.
»Ich bin Vhait«, presste Vhait mühsam hervor. »Ich… ich habe dich nach Daran begleitet.«
»Schluss jetzt, du hast schon viel zu viel geredet.« Unsanft bog Fayola seinen Kopf noch weiter nach hinten.
»Fayola, warte!« Sunnivah hob die Hand und nahm das Messer vorsichtig von Vhaits Kehle.
»Wir müssen ihn töten!«, zischte die Dritte. »Er ist ein Krieger und wird uns verraten.«
»Nein«, sagte Sunnivah bestimmt. »Das kann ich nicht zulassen. Ich schulde ihm etwas.«
»Pah!« Die Kriegerin hinter Vhait spuckte verächtlich auf den Boden. »Alle Krieger sind freundlich zu dir, wenn sie etwas von dir wollen. Wenn du nicht bald den Stein holst, wird man uns entdecken.«
»Ich gehe, aber ihr tötet ihn nicht«, erklärte Sunnivah bestimmt. Sie löste ein langes Lederband aus ihren Haaren und reichte es Naemy. »Fesselt seine Hände und knebelt ihn. Wir nehmen ihn mit.« Mit diesen Worten drehte sie sich um und lief leise zum Thron.
»Sunnivah!« Naemy war ganz und gar nicht mit der Entscheidung ihrer Gefährtin einverstanden. Doch Sunnivah war bereits hinter dem Thron verschwunden und antwortete nicht.
Vhait wurde gefesselt. Er hatte keine Ahnung, was die Frauen im Thronsaal suchten, brannte aber darauf, es zu erfahren. Die rothaarige Frau gab ihm Rätsel auf. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte, war sie schüchtern gewesen und hatte vorgegeben, die Schülerin einer Heilerin zu sein. Und nun traf er sie hier inmitten der Festung bei dem Versuch, etwas aus dem Thronsaal zu stehlen. Sie trug die Kleidung einer Kriegerin und wirkte wesentlich älter und reifer als noch bei ihrer letzten Begegnung. In kürzester Zeit hatte sie sich auf eine Weise verändert, die Vhait beeindruckte. Geheimnisse schienen sie zu umgeben wie ein Mantel, und auch wenn er es nicht in Worte fassen konnte, spürte er, dass sie etwas Besonderes war. Diese Sunnivah machte ihn neugierig. Widerstandslos ließ er sich fesseln und knebeln.
Plötzlich erhellte ein gleißender Blitz den Thronsaal und eine grüne Lichtsäule schoss von der leuchtenden Scheibe in der Decke auf den Thron hinab. Ihr folgte ein lauter Donner, der den Boden erzittern ließ, und eine Welle eisiger Kälte, die durch den Thronsaal flutete. Das Tor war offen. Jeden Augenblick konnte An-Rukhbar auf dem Thron erscheinen. Sunnivah stürzte hinter dem schwarzen Koloss hervor. In ihrer Hand hielt sie einen pulsierenden grünen Stein. Ohne anzuhalten hastete sie an Naemy und Vhait vorbei und öffnete die Tür.
»Schnell!«, rief sie. »Wir müssen die Gänge erreichen, bevor er hier ist.«
Naemy schob Vhait unsanft vor sich her. »Lauf, wenn du am Leben bleiben willst. Ohne dich bin ich schneller. Vergiss das nicht!«
Sie machten sich nicht die Mühe, die Tür des Thronsaales zu schließen. Doch im Hinausgehen gelang es Naemy, sich noch einmal umzusehen. Auf dem schwarzen Thron war eine wirbelnde Säule aus grünem Licht entstanden, die bis zur Decke hinaufreichte. Und in dem Leuchten erkannte sie undeutlich die Umrisse einer dunklen Gestalt. Es wurde höchste Zeit, diesen Raum zu verlassen. Energisch schob sie Vhait in den Gang hinaus und folgte den anderen.
Sie rannten, so schnell sie konnten. Der Boden unter ihren Füßen bebte noch immer und die Erschütterungen ließen den Putz von der Decke rieseln. Noch waren die Gänge menschenleer, doch hinter vielen Türen hörten sie bereits aufgeregte Rufe.
Naemy schob Vhait an Fayola vorbei und schloss zu Sunnivah auf, die die kleine Gruppe anführte. Sie fasste ihre Freundin am Arm und bedeutete ihr
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