Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
brachte lähmende Kälte mit sich. Doch der Eindruck war flüchtig. Die Schwärze verschwand und über dem Thron entstand eine grüne Lichtsäule, die bis zum Boden hinabreichte. In ihrer Mitte erschien die in dunkles Blau gehüllte Gestalt An-Rukhbars.
»Ihr Narren!«, dröhnte seine Stimme durch den Raum und die leuchtend grünen Augen unter der weiten Kapuze funkelten böse. »Kniet nieder, Verräter, und huldigt eurem einzig wahren Herrscher.«
Sunnivah und Vhait standen wie erstarrt. Zum ersten Mal in ihrem Leben standen sie dem Erhabenen von Angesicht zu Angesicht gegenüber und spürten die abgrundtiefe Bosheit, die ihn wie ein zweiter Mantel umgab. »Auf die Knie mit euch, Nichtswürdige!«, befahl An-Rukhbar. Eine knappe Bewegung seiner Hand ließ den Boden unter ihren Füßen scheinbar verschwinden und brachte sie zu Fall. Auf allen vieren und mit schmerzenden Gelenken knieten Sunnivah und Vhait auf dem harten, kalten Steinboden und wagten nicht sich zu rühren. Zwei dünne grüne Strahlen aus An-Rukhbars Fingern trafen zischend auf die Schwerter der Gefährten und brachten den Stahl zum Glühen. Zwei rauchende Metallklumpen waren das Einzige, was von ihnen übrig blieb.
Vhait starrte ungläubig auf die Überreste seines Schwertes. Zornig sprang er auf und zog sein Jagdmesser. »Ich werde mich nicht…« Er kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Kaum war er auf den Beinen, als eine winzige Geste An-Rukhbars den jungen Krieger mitten in der Bewegung erstarren ließ.
»Vhait! Oh nein!« Fassungslos starrte Sunnivah auf die regungslose Gestalt.
»Nun zu dir, Schwertpriesterin.« An-Rukhbar spie ihr die Worte mit größter Verachtung entgegen. »Du elende kleine Diebin hast gewagt mir zu trotzen und den Stab der Weisheit zu stehlen. Schade nur, dass du ohne dein kostbares Amulett nichts, aber auch gar nichts gegen mich auszurichten vermagst.«
Obwohl Sunnivah sein Gesicht nicht sehen konnte, war sie sicher, dass An-Rukhbar lächelte. »Und jetzt wirst du für deine Unverfrorenheit büßen, Sterbliche!«, drohte er. »Du wirst leiden. So lange leiden, wie noch nie ein Sterblicher gelitten hat, bis du mich um den Tod anflehst.« Langsam hob er seine Arme und streckte die Hände aus. Die Luft begann zu knistern und eine Flut von Blitzen entlud sich an Sunnivah. Jeder einzelne Einschlag verursachte ihr große Schmerzen und ließ ihren Körper unkontrolliert zusammenzucken. Sunnivah war dem Angriff An-Rukhbars wehrlos ausgeliefert. Sie hatte keine Kontrolle mehr über ihre Muskeln und wand sich hilflos auf dem eisigen Boden vor dem Thron.
An-Rukhbar lachte und weidete sich an ihrer Qual. »Wie fühlt man sich, wenn man verloren hat, Schwertpriesterin?«, fragte er höhnisch. »Ihr Sterblichen seid so schwach und eure Körper sind so zerbrechlich. Mit einem einzigen Fingerzeig könnte ich dich vernichten, aber das wäre zu einfach.« Immer mehr Blitze trafen Sunnivahs Körper und sie spürte, wie ihre Kräfte schwanden. Aber sie würde nicht schreien. Sie wusste, dass An-Rukhbar nur darauf wartete, dass sie ihr Leid hinausschrie, aber eine solche Genugtuung würde sie ihm nicht geben. Verbissen presste sie die Lippen zusammen und versuchte dem Angriff zu trotzen. Irgendwo jenseits der Schmerzen drangen An-Rukhbars höhnische Worte an ihr Ohr. »Ja, du wirst leiden. Doch der Tod wird nicht kommen. – Noch lange nicht.« Schon der nächste Angriff brach Sunnivahs Widerstand. Eine rasche Folge grüner Blitze hüllte ihren Körper ein und schien ihn zu zerreißen.
Sunnivah schrie. Nie zuvor hatte sie solche Schmerzen gespürt und wünschte sich sehnlichst, eine gnädige Ohnmacht würde ihr Bewusstsein entführen. Dann war der Angriff plötzlich vorüber. Sunnivah lag zitternd vor dem Thron und wagte nicht sich zu rühren.
»Oh nein. Ich werde nicht zulassen, dass du dich in den Schlaf flüchtest«, hörte sie An-Rukhbar sagen. »Du wirst bei Bewusstsein bleiben und für deinen Frevel bezahlen.« Wieder knisterte die Luft und der nächste Angriff erreichte Sunnivahs Körper. Sie würde sterben. Tränen der Verzweiflung traten in ihre Augen und ihre gellenden Schreie hallten durch den Thronsaal.
Wie ein Schatten huschte Naemy durch die menschenleeren Gänge der Festung. Die Geräusche der Schlacht blieben weit hinter ihr zurück und die Stille in der Festung wirkte fast unheimlich. Jeder Krieger, der noch in der Lage war zu kämpfen, befand sich auf den Mauern der inneren Festung, und die wenigen Menschen,
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