Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
Mund anstarrte.
»Hier ist er!« Die Worte der Heilerin drangen nur mühsam durch den dichten Nebel aus Ekel und Abscheu, der sich um Asco-Bahrrans Sinne gelegt hatte. Er war nicht zimperlich und hatte in seinem Leben schon viel Elend gesehen, insbesondere jenes, das er selbst erzeugt hatte. Dies hier war jedoch etwas anderes. Beim Anblick der unzähligen Menschen, die in hoffnungslosem Siechtum auf den Tod warteten, überkam ihn der brennende Wunsch, sie alle durch die Gnade des Schwertes von den Leiden zu erlösen. Nicht, weil ihn das Schicksal der Menschen berührte - denn Barmherzigkeit war für ihn ein Fremdwort -, sondern weil der Anblick in ihm tiefste Abscheu auslöste. Krampfhaft vermied er diesen Anblick und richtete das Augenmerk auf den Elfen, der vor ihm auf einer Holzpritsche lag. Die Drohung, die er den Cha-Gurrlinen-Kriegern mit auf den Weg gegeben hatte, hatte die Wirkung offenbar nicht verfehlt, denn im Gegensatz zu den anderen Gefangenen waren die Wunden des Nebelelfen gut gereinigt und mit sauberen Tüchern verbunden worden. Seine Augen aber waren noch immer geschlossen, und nichts deutete daraufhin, dass er das Bewusstsein wiedererlangt hätte.
»War er schon mal wach?«, wollte Asco-Bahrran wissen.
»Er hat sich bis jetzt nicht einmal gerührt.« Die Heilerin schüttelte bedauernd den Kopf und fügte rasch hinzu: »Verhielte es sich anders, hätten wir Euch selbstverständlich sofort eine Nachricht zukommen lassen.«
»Selbstverständlich.« Asco-Bahrran ließ keinen Zweifel daran, dass er der Heilerin misstraute. Er hatte seine eigenen Methoden festzustellen, ob der Elf wirklich noch bewusstlos war oder ihm dies nur vorspielte.
»Verschwinde!« Mit einem Kopfnicken bedeutete er der Heilerin zu gehen. Diese verneigte sich kurz und murmelte gerade so laut, dass es nicht ungehörig klang: »Wie Ihr wünscht, Herr.« Dann drehte sie sich um und kehrte zu ihrer Arbeit zurück.
Prüfend betrachtete Asco-Bahrran das bleiche Gesicht des schlafenden Nebelelfen. Die Atemzüge waren ruhig und regelmäßig, die Lider geschlossen. Kein Muskel zuckte verräterisch, und kein Blinzeln deutete darauf hin, dass der Schlaf nur vorgetäuscht war.
»Wach auf!« Asco-Bahrran fasste den Elfen am Kinn und klopfte ihn unsanft auf die Wange. Nichts geschah. »Wach auf!«, befahl er noch einmal etwas lauter und rüttelte den Elfen heftig an der Schulter. Wieder nichts. Wie es aussah, hatte die Heilerin die Wahrheit gesprochen, und der Elf hatte das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt. Oder er war ein hervorragender Schauspieler. Grimmig entschlossen hob Asco-Bahrran die Hand und legte sie dem Elfenkrieger auf die Stirn. Dann schloss er die Augen und tastete mit seinen mentalen Sinnen nach dessen Bewusstsein. Vergeblich. Die Türen, die er öffnen wollte, waren fest verschlossen und ließen sich auch durch Magie nicht öffnen. Der Elf war wirklich bewusstlos. Sein Geist weilte weit entfernt in einer Sphäre, die Asco-Bahrran nicht erreichen konnte. Die Kenntnisse, die er so dringend benötigte, blieben für ihn verhüllt.
»Verdammt!« Ruckartig löste er die Hand von der Stirn des Elfenkriegers und unterbrach die Verbindung zu dessen Geist. So kam er nicht weiter. Bei diesem Zustand konnte es noch etliche Sonnenläufe dauern, bis der Elf erwachte, aber so viel Zeit hatte er nicht.
Grübelnd machte er sich auf den Rückweg durch das zum Bersten mit Menschen gefüllte Gewölbe. Er musste die Elfen finden, und zwar schnell, doch wo sollte er mit der Suche beginnen?
Er hatte nichts, nicht den kleinsten Anhaltspunkt, denn außer einem Elfenschwert, das nur demjenigen gehören konnte, der die Nebelelfen befreit hatte, hatten die Gefangenen nichts zurückgelassen.
Das Elfenschwert. . . Es musste doch einen Weg geben, dessen Besitzer ausfindig zu machen.
Einen Zauber oder ... Plötzlich hellte sich Asco-Bahrrans Miene auf. Die Sucher! Warum hatte er nicht gleich daran gedacht!
Die Sucher, die An-Rukhbar als Späher gedient hatten. Sie waren mühelos dazu in der Lage, die Fährte eines Menschen oder Nebelelfen aufzunehmen und ihn auch über weite Entfernungen hinweg aufzuspüren. Alles, was sie dazu brauchten, war ein Gegenstand, der dem Gesuchten gehörte. Das war es! Er würde die Sucher ausschicken, um die geflohenen Elfen zu finden, und das Schwert würde ihm dabei helfen.
Gegen Abend hatte sich der Himmel verdunkelt. Dunkle, tief hängende Wolken waren rasch von Westen heran gerollt und hatten die Sonne
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