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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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erwiderte
Eugenius schroff. »Weshalb sollte irgend jemand Bruno töten, und
was bringt Euch auf den Gedanken, Alcuin sei tot?«
    »Ich weiß es nicht, aber seit das
Generalkapitel zusammengetreten ist, spüre ich eine Atmosphäre von
Intrige und Boshaftigkeit, die diesem heiligen Gemäuer nicht
entspricht.«
    »Was schlagt Ihr also vor?« fragte
Bruder Henry. »Ich habe Sir John Cranston, den Coroner der City, um
seine Dienste gebeten.«
    »Aber er ist ein Laie, ein Beamter
der Krone! Er hat keine Autorität in diesem Kloster«, stellte
William de Conches fest. »Er hat die Autorität des Königs.«
Callixtus meldete sich in scharfem Ton zu Wort und schaute den
Prior mit seinen müden Augen an. »Ich vermute, Pater, er wird nicht
allein kommen.«
    Jetzt strahlte der Prior vor
Zufriedenheit. »Callixtus, du hast meine Gedanken gelesen. Nein,
Sir John wird nicht allein kommen. Ich werde seinen Sekretär und
Schreiber, Bruder Athelstan, ein Mitglied dieses Ordens und
Gemeindepfarrer von St. Erconwald in Southwark, bitten, ihm
behilflich zu sein.«
    Callixtus lehnte sich zurück und
kicherte trocken; William de Conches schlug mit der Faust auf den
Tisch.
    »Athelstan ist in Ungnade!« rief er.
»Er hat sein Gelübde gebrochen und ist aus dem Noviziat
entflohen.«
    »Gott hat Mitleid«, warf Bruder
Henry ein. »Warum also sollten wir keines haben? Bruder Athelstan
ist in der Kunst der Befragung ebenso geschickt und erfindungsreich
wie Ihr. Ich stimme Pater Prior zu. Wir sind hier zusammengekommen,
um über bestimmte Thesen zu debattieren, aber ich spüre noch etwas
anderes hier, eine Bosheit und Feindseligkeit, die nichts mit
Theologie oder Philosophie zu tun haben.«
    »Ach, wirklich?« fragte Callixtus so
sarkastisch, daß der Prior angesichts der offenkundigen Abneigung
des alten Bibliothekars gegen den jungen Theologen zusammenzuckte.
»Ja, wirklich!« gab Henry zurück.
    Der Prior schaltete sich ein. »Dann
wird diese Angelegenheit vertagt, bis Athelstan und Sir John
Cranston eingetroffen sind.« Er erhob sich. »Bis dann, Brüder.« Er
nickte, machte eine flüchtige Segensgeste, und die Sitzung war zu
Ende.
    Das Kapitel polterte hinaus; nur
William de Conches und Eugenius blieben sitzen. Sie warteten, bis
die Tür geschlossen war, bevor sie sich erbost dem Prior zuwandten.
»Was soll das?« schnarrte William. »Wir haben nicht die Reise von
Rom hierher gemacht, um mit den profanen Angelegenheiten eines
Klosters unsere Zeit zu verschwenden.«
    »Hier bin ich Pater Prior«, gab
Anselm zurück, »der offizielle Hüter dieses Klosters. Ihr seid
meine Gäste - Ihr werdet meinen Anweisungen folgen oder abreisen.
Wenn Ihr das tut, werde ich allerdings meinem Pater Generalis in
Rom darüber Bericht erstatten.«
    »Dieser Athelstan«, begann Eugenius,
»er arbeitet unter den Armen?« Er faltete die Hände. »Ist es wahr,
was man sich erzählt, Pater Prior, daß er sich von gewissen
radikalen Theologen hat anstecken lassen, denen zufolge alle
Menschen gleich sind?« Er redete sich warm. »Ich beziehe mich dabei
vor allem auf jene Agitatoren, die Kirche und Staat umstürzen
wollen, weil sie ein irdisches Paradies anstreben.« Anselm funkelte
den heuchlerischen Priester an, der so sehr daran gewöhnt war,
andere im Netz der Ketzerei zu verstricken. Er biß sich auf die
Lippe, dann beugte er sich vor. »Bruder Eugenius«, sagte er
zuckersüß, »Ihr selbst führt ketzerische Reden. Tatsächlich leugnet
Ihr die Schrift, denn hat nicht Christus, unser Herr, Seinen
Jüngern gesagt, wir sollten nicht sein wie die Heiden, die sich
gern zum Herrn über andere machen und es schätzen, wenn andere die
Knie vor ihnen beugen?« Der Blick des Inquisitionsgehilfen wurde
stechend, und die Debatte wäre vielleicht hitziger geworden, wäre
sie nicht durch ein Klopfen an der Tür beendet worden. »Herein!«
befahl Anselm.
    Roger, der Subsakristan, trat ein;
sein hageres Gesicht war voller Angst, und seine dicht
beieinanderliegenden Augen blickten wachsam. Mit hochgezogenen
Schultern kam er hereingeschlurft, warf einen Blick auf den
Großinquisitor und wäre wieder hinausgehuscht, wenn Anselm ihn
nicht fest beim Handgelenk gepackt hätte. »Bruder Roger, was gibt
es?«
    Der Subsakristan kratzte sich im
schütteren Haar und blickte zur Seite. »Pater Prior«, murmelte er
und rieb sich den Schädel. »Ich hatte Euch etwas zu erzählen. Etwas
mit dreizehn, und daß es keine dreizehn hätten sein dürfen.« Mit
bangem Blick sah er Anselm an. »Aber

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