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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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meine Verlobte gewesen. Wäre Hannah nicht aufgetaucht – aber lass uns davon nicht anfangen! Ich finde, du hast dich äußerst ehrenhaft verhalten. So für mich in die Bresche zu springen … Jetzt istauch noch der letzte Hauch von schlechtem Gewissen, den ich Sera gegenüber empfand, verflogen«, fügte er hinzu. »Das würde nicht jeder für seinen Bruder tun!«
    Valentin ließ die Führleine los, ging auf Helmut zu. Der Ausdruck in dessen Augen war ihm nicht fremd: Dieses Glitzern unter halb niedergeschlagenen Lidern war immer dann zu sehen, wenn Helmut auf Ärger aus war.
    »Was willst du damit sagen? Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich Seraphine nur heirate, um dir dein schlechtes Gewissen abzunehmen?«, sagte er. »Ich liebe Seraphine!«
    »Ach so?«, kam es wie aus der Pistole geschossen zurück. »Dann frage ich mich, wie lange du sie schon liebst . Und was ihr hinter meinem Rücken alles getrieben habt …«
    »Du … Das lass ich mir nicht nachsagen!« Mit einem Satz warf sich Valentin auf seinen Bruder, woraufhin beide mit einem harten Plumps im Gras landeten. Ohne hinzuschauen, versetzte Valentin Helmut einen Fausthieb. Fing selbst einen ein. Schlug wieder zu, wehrte ab. Bald waren sie ein Knäuel aus Armen und Beinen.
    Keiner der beiden Brüder merkte, dass sie in ihrem Gerangel den Pferden gefährlich nahe kamen, die sich nach ihrem Trunk aus dem Weiher nun das feuchte Gras am Ufer schmecken ließen. Als Helmut mit seinem Rücken das Hinterbein des Braunen berührte, fuhr dieser wie von der Tarantel gestochen in die Höhe und machte dann einen Satz nach vorn, wobei er seinen wiehernden Kameraden mitriss. Im nächsten Moment standen beide Pferde bis zum Bauch im Wasser, schnaubend, die Augen verdreht. Der Karren, auf dem nicht nur ihr ganzes Gepäck, sondern auch ihre Zwerchsäcke mit den Einnahmen lagen, rutschte die glitschige Böschung hinab. Hätte sich das Vorderrad nicht im schilfigen Wirrwarr verfangen …
    »Helmut!« Schnaufend befreite sich Valentin aus Helmuts Würgegriff, sprang auf, versuchte, seitlich an den Pferdenvorbei ins Wasser zu kommen. Der Zügel! Es musste ihm gelingen, einen der Zügel zu erwischen, um die Viecher wieder zurück –
    Im nächsten Moment spürte er, wie er den Boden unter den Füßen verlor. Mit den Armen wild um sich schlagend, versuchte er, sich über Wasser zu halten.
    Valentin konnte nicht schwimmen. Keiner der beiden Brüder konnte schwimmen.
    Helmut zerrte hinten am Karren und verlor immer wieder auf dem rutschigen Boden den Halt, fiel auf die Knie, rappelte sich wieder auf …
    Die Pferde traten auf der Stelle und sanken so immer tiefer in den morastigen Boden ein, Panik in den Augen.
    In seiner Verzweiflung klammerte sich Valentin an dem Braunen fest, mit den Füßen paddelnd, versuchte er, sein Gewicht gegen die Brust des Pferdes zu stemmen. Wie durch ein Wunder reagierte das Tier und machte einen Schritt nach hinten.
    »Zieh! Zieh!«, rief Valentin seinem Bruder gurgelnd zu, den Mund voller morastiger Brühe. Sich mit einer Hand am Zügel haltend, trommelte er mit der anderen gegen die Brust des zweiten Pferdes, das noch immer wie von Sinnen auf der Stelle trat. »Geh zurück, du Sauvieh!«
    »Wir schaffen es!«, brüllte Helmut von hinten. »Los, noch ein kleines Stück zurück!«
    Völlig erschöpft und bis auf die Knochen durchnässt, lagen die Brüder im Gras. Die Pferde samt Karren hatten sie in sicherer Entfernung an einer Birke festgebunden.
    »Das war knapp.« Valentin atmete schwer. Seine Brust schmerzte, als läge ein zentnerschweres Fass auf seinen Rippen.
    »Aber es hat gereicht«, sagte Helmut prustend und ebenfalls völlig außer Atem. Er nieste, zog geräuschvoll Wasser und Rotz nach oben.
    »Weiber! Machen einem nichts als Ärger!«
    »Wieso …« Mit letzter Kraft rollte sich Valentin zu Helmut hin. »Die beiden sind doch Wallache, oder?«
    Helmut seufzte theatralisch. »Haben wir uns denn etwa wegen der Viecher da gestritten?«
    Zwischen seiner Nase und seinem Mund klebten ein paar Algen und gaben einen seltsamen Schnurrbart ab. Dieser Anblick war so komisch, dass Valentin trotz seiner Erschöpfung lachen musste. Kameradschaftlich knuffte er seinem Bruder in die Seite, woraufhin dieser sofort vor Schmerz aufstöhnte.
    »Recht hast du! Weiber!«
    Am Ostersamstag kam endlich Gottlieb Kerner aus dem Elsass zurück. Noch im Türrahmen fiel ihm Wilhelmine um den Hals, küsste und herzte ihn. Hannah, die mit den Armen bis

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