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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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leiden, das sie rasend machte, und Manuel Smith und Ron Collins konnten ihnen in dieser Hinsicht immer wieder aus der Patsche helfen.
    Manuel Smith brauchte nur den Fuß in das Hauptquartier der staatlichen Polizei zu setzen, schon hatte er in jeder Tasche einen Wunschzettel, der dann regelmäßig noch länger wurde, wenn er erst mal richtig da war. Einem FBI-Agenten, der dasselbe Hauptquartier aufsuchte, konnte es widerfahren, daß er sich den ganzen Nachmittag lang in der Lobby die Beine in den Bauch stand, während gleichzeitig zehn judiciales, die beinahe übereinander stolperten, Manuel Smith beim Auffinden eines nordamerikanischen Copsohnes halfen, der zuletzt gesehen worden war, wie er während eines großen Versöhnungstreffens Pot mit PCP gemischt geraucht hatte und nackend über den Friedhof von Tijuana gerannt war.
    Er war in San Diego oft bei Mordfällen tätig gewesen, wobei er dann auch nach Süden gekommen war, und dort bewunderte er immer wieder die Findigkeit dieser Cops, die nicht mal ein Kriminallabor zur Verfügung hatten und trotzdem etwas zustande bringen mußten. Wenn Cops aus Tijuana Reisen nach San Diego unternahmen, pflegte Manuel Smith ihnen üblicherweise das Kriminallabor, die Computeranlage, das Kommunikationszentrum und anderen modernen Schnickschnack des Police Departments zu zeigen, und sie sagten dann ebenso üblicherweise: »Ja ja, das ist genau wie bei uns.«
    Es stimmte Manuel Smith traurig, weil er wußte, daß er ihnen wahre Wunder zeigte und sie damit in eine peinliche Lage versetzte. Aber sie nannten ihn immer nur herzlich mano und pareja, »Bruder« oder »Partner«.
    Er wußte, wie wichtig eine Kooperation zwischen zwei Staaten war, die derart dicht an dicht zusammenleben mußten, und er wußte ebenso, wie delikat seine Position dabei war. Früheren Polizeiverwaltungsbeamten von San Diego wäre ein amerikanischer Cop mexikanischer Herkunft in der Rolle eines Verbindungsmannes zu den mexikanischen Behörden sicher nicht geheuer gewesen. »Die« hätten ja nur allzu leicht an krumme Geschäfte und Korruption denken können, wenn »die« es mit »Leuten ihres Schlages« zu tun bekamen.
    Manuel Smith war alt genug, um überaus vorsichtig zu sein. Er erinnerte sich nur allzugut an ein Gespräch über eine Beförderung, in dem ihm ein ehemaliger Deputy Chief gesagt hatte: »Smith, was veranlaßt Sie überhaupt, Sergeant werden zu wollen? Ihr, ihr könnt doch froh sein, daß ihr überhaupt einen Job habt.«
    Und er wußte auch noch, wie es war, als ein amerikanischer Cop mexikanischer Abstammung den anderen fragen mußte: »Wann wirst du eigentlich endlich pensioniert, damit ich zur Mordkommission kann?«
    Manuel Smith und vor ihm sein Vater hatten im Verlauf ihrer Karriere als Polizisten in San Diego eine Menge solcher Dinge kennengelernt, so daß er gelernt hatte, leise aufzutreten. Er hatte nie den Gedanken erwogen, der Gesellschaft der lateinamerikanischen Polizei- oder Justizbeamten von San Diego beizutreten.
    »Es war in all den Jahren schwer genug, anerkannt zu werden«, sagte er den Leuten. »Ich weiß nicht, warum wir uns nun schon wieder isolieren sollen.«
    Er verstand viel von mexikanischer Etikette und hatte präzise begriffen, wo genau und worin sich die Mexikaner von den aus Mexiko stammenden Amerikanern unterscheiden. Er schätzte die Gastfreundschaft des Volkes im Süden hoch ein, und es ärgerte ihn nach wie vor, daß mexikanische Beamte auf einer Polizeidienststelle in San Diego nicht ebenso zuvorkommend behandelt wurden wie er bei ihnen.
    Er erinnerte sich an einen Mordfall in San Diego, in der sich auf seine Bitte hin ein mexikanischer Pathologe bereit erklärt hatte, als Zeuge für die Polizei von San Diego zu erscheinen und über einen in San Diego verletzten Mann auszusagen, der in einem Hotel in Tijuana gestorben war. Es sah so aus, als hätte ein Beamter der Border Patrol einen Grenzgänger so verletzt, daß die Milz gerissen war, und als hätte der Mann es anschließend gerade noch geschafft, sich zurück über die Grenze zu schleppen, um dort in jenem Hotel zu sterben. Abgesehen davon, daß nie ernsthaft die Rede davon war, ein amerikanischer Beamter könne unter Umständen wegen der Tötung eines Grenzgängers verurteilt werden, erklärte der Richter in der öffentlichen Verhandlung auch noch: »Ich bin sehr glücklich, daß ich nicht in Mexiko lebe und zu einem Arzt wie diesem gehen muß!« Da wäre Manuel Smith am liebsten aus dem Gerichtssaal

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