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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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aber freudlos. »Ich sag dir, wer zum Beispiel. Meine Frau zum Beispiel, einmal wer. Das ist keine Dame, Mister Farishta, Gibril. Pamela, meine undamige Frau.«
    Genau in diesem Moment, wie das Leben so spielte - Saladin war sich in seinem Suff der Tragweite seiner Worte bei Gibril alles andere als bewusst : für diesen hatten sich zwei Bilder explosionsartig vereint, das erste war die plötzliche Eri nnerung an Rekha Merchant auf einem fliegenden Teppich, die ihn vor Allies Wunsch, ein Baby zu haben, ohne den Vater zu informieren, warnte, wer fragt den Samen um Erlaubnis, ihn einzupflanzen, das zweite die Vision des Körpers des Kampfsportlehrers, in hemmungsloser Fleischlichkeit mit gesagter Miss Alleluja Cone vereint -, sah man die Gestalt Jumpy Joshis in recht erregtem Zustand die »Southwark Bridge« überqueren, nämlich auf der Jagd nach Pamela, von der er durch dieselbe Meute singender Dickensianer getrennt worden war, welche Saladin den metropolitanischen Brüsten der jungen Frau in dem Raritätenladen entgegengestoßen hatte. »Wenn man vom Teufel spricht«, Saladin zeigte zu ihm hin. »Da geht das Schwein.« Er wandte sich Gibril zu: aber Gibril war verschwunden.
    Allie Cone erschien wieder, wütend, verzweifelt. »Wo ist er?
    Herrgott! Kann ich ihn denn nicht eine Scheißsekunde alleinlassen? Verflucht noch mal, konnten Sie ihn nicht im Auge behalten?«
    »Aber was ist denn -?« Doch Allie hatte sich schon wieder in die Menge gestürzt, so dass sie, als Chamcha Gibril die »Southwark Bridge« überqueren sah, schon außer Hörweite war. Dafür stand jetzt Pamela neben ihm und fragte streng:
    »Hast du Jumpy gesehen?« Und er zeigte: »In der Richtung«, worauf sie, ohne ein Wort des Dankes, ebenfalls verschwand; und dann sah er, wie Jumpy die »Southwark Bridge« in die andere Richtung überquerte, die Locken wilder denn je, die schmächtigen Schultern in einen Wintermantel getaucht, den er partout nicht hatte ablegen wollen, mit suchendem Blick, Daumen steuerte zielstrebig auf Mund zu - und wenig später eilte Gibril über das Trugbild jener Brücke Welche Aus Eisen in dieselbe Richtung wie Jumpy kurz zuvor.
    Kurz, die Ereignisse wurden langsam zur Farce; doch als ein paar Minuten später der Schauspieler, der die Rolle des Gevatter Hexam spielte, der das Stück Di ckens’sche Themse auf treibende Leichen im Auge behielt, um diese um ihre Wertsachen zu erleichtern, bevor er sie der Polizei übergab, schnell den Studiofluss dahergerudert kam, die vorgeschriebenen wirren angegrauten Haare ihm zu Berge standen, war die Farce auf einen Schlag beendet, denn da in seinem anrüchigen Boot lag der besinnungslose Körper von Jumpy Joshi in seinem wasserdurchtränkten Wintermantel. » Bewusstlos geschlagen«, rief der Mann im Boot und wies auf die riesige Beule, die auf Jumpys Hinterkopf anschwoll, »und bewusstlos im Wasser, ein Wunder, dass er nicht ertrunken ist.«
     
    Eine Woche später fand Saladin Chamcha sich auf einen leidenschaftlichen Anruf von Allie Cone hin, die ihn über Sisodia, Battuta und schließlich Mimi aufgespürt hatte und die um einiges aufgetaut schien, auf dem Beifahrersitz eines drei Jahre alten silbernen Citroen Kombi wieder, den die zukünftige Alicja Boniek vor der Abreise zu einem ausgedehnten Aufenthalt in Kalifornien ihrer Tochter geschenkt hatte. Allie hatte Saladin am Bahnhof von Carlisle abgeholt und ihre früheren telefonischen Entschuldigungen wiederholt - »Ich hatte kein Recht, so mit Ihnen zu reden; Sie wussten ja nichts, ich meine, von seinem, na, Gottseidank hat keiner gesehen, wie er zuschlug, und dann ist es wohl vertuscht worden, aber der arme Mann, ein Ruder von hinten auf den Kopf, schrecklich; jedenfalls haben wir uns im Norden eingenistet, Freunde von mir sind weggefahren, es erschien einfach als das Beste , sich den Menschen zu entziehen, und, na, er hat immer nach Ihnen gefragt; ich glaube, Sie könnten ihm wirklich helfen, und um ehrlich zu sein, ich könnte auch ein wenig Hilfe gebrauchen«, woraus Saladin nur wenig schlauer wurde, dafür aber vor Neugier platzte -, und nun glitt Schottland mit beunruhigender Geschwindigkeit an den Fenstern des Citroen vorbei: ein Stück Hadrianswall, das alte Paradies der heimlichen Hochzeiter, Gretna Green, und dann ins Landesinnere in Richtung Southern Uplands; Ecclefechan, Lockerbie, Beattock, Elvanfoot. Chamcha neigte dazu, sich alle nichtmetropolitanischen Schauplätze als Tiefen des interstellaren Raums vorzuste llen und

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