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Die Schatten schlafen nur

Die Schatten schlafen nur

Titel: Die Schatten schlafen nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Holländer haben eine Menge abgeholzt, und dann hat es ein, zwei Jahre später auch noch schlimm gebrannt. Also stellte man sich die Frage, sollte man aufforsten oder roden. Man hat sich dann fürs Roden entschieden. Schließlich waren das Hungerjahre und man brauchte dringend Ackerland. Außerdem gab es eine Menge Heimatvertriebener aus dem Osten, Bauern, die irgendwo angesiedelt werden mussten. Lübke war damals bei uns Landwirtschaftsminister und hat die Sache ins Rollen gebracht. Eine Siedlungsgesellschaft, das Rheinische Heim, hat die Durchführung übernommen und die Ortschaften geplant: A, B und C. Namen haben die erst später bekommen: Nierswalde, Reichswalde und Rodenwalde. Richtige Dörfer mit Kirche und Schule sind nur die ersten beiden geworden. Um Geld zu sparen, hat man in Reichswalde nur Katholiken angesiedelt und in Nierswalde die Evangelischen. So brauchte man jeweils nur eine Kirche zu bauen. Es hat hier damals eine Menge böses Blut gegeben. Schließlich hatten viele einheimische Bauern ihre Pachthöfe verloren und brauchten ebenfalls eine neue Existenzgrundlage. Letztendlich hat man sich darauf geeinigt, dass zumindest ein Drittel der Siedlerstellen an Niederrheiner gehen sollte. Beim Kreis konnte man sich um so eine Stelle bewerben. Die Ackerfläche, die den einzelnen Bauern zugeteilt wurde, berechnete sich nach der Größe des Grundbesitzes, den die Vertriebenen in ihrer jeweiligen Heimat verloren hatten. Da gab es dann den nächsten Aufstand. Die meisten Flüchtlinge hatten ja keine Papiere mehr und konnten nichts beweisen. Wenn sie sagten, in Pommern hätten sie ein Landgut von 200 ha gehabt, dann konnte man das glauben oder nicht.«
    Toppe erinnerte sich. »Das habe ich als Kind mitgekriegt. Meine Mutter hat sich darüber amüsiert, aber mein Onkel meinte immer, wenn man das Land, das die Flüchtlinge besessen haben wollten, zusammenrechnet, dann hätten die deutschen Ostgebiete flächenmäßig so groß sein müssen wie die gesamte Sowjetunion.«
    »Hier hat man sich darüber überhaupt nicht amüsiert. Das war ein ganz schönes Hauen und Stechen. Aber dann sind die Dörfer doch in Rekordzeit aus dem Boden gestampft worden. Es gab nur zwei Häusertypen, die von einer Uni entworfen worden waren. Man konnte also fix bauen, jeder half jedem und die Leute sind sehr schnell, so verschieden sie auch waren, zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen. In Nierswalde hat man schon 1950 das erste Erntefest gefeiert, da waren noch nicht mal alle Häuser fertig und eine Kirche gab es auch noch nicht. Man war stolz auf die neue Heimat, aber man war gleichzeitig auch wirklich dankbar. Mit den Jahren haben manche ihre Betriebe aufgegeben und sind weggezogen, neue Bürger sind gekommen, aber die wurden sofort integriert. Ich bin schon lange nicht mehr dort gewesen, aber soweit ich mich erinnern kann, ist es in dem Dorf immer ruhig und gesittet zugegangen. Oder hatten wir je einen Fall in Nierswalde?«
    »Nicht in meiner Zeit«, antwortete Toppe, »aber dafür kommt es jetzt Schlag auf Schlag und knüppeldick.«
    »Ich kann dir am Montag ein Buch über die Siedlungsgeschichte mitbringen, mit dem Dorfmotto: ›Aus Not und Tod zu Heim und Brote. Dann kannst du dir selbst ein Bild machen. Ist allerdings ein bisschen viel Blut und Boden drin und für deinen Geschmack wahrscheinlich auch zu viel vom lieben Gott.«
    Toppe stand auf und legte Holz nach. »Macht nichts, ich werd’s überleben.«
    In der Halle hörte er Astrid leise mit Katharina sprechen – Zeit fürs Gutenachtschmusen.

    Henry war geradezu begeistert, als Toppe ihn fragte. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass mein Hobby mal irgendwann der Polizei helfen könnte. Guck nicht so skeptisch, Helmut, ich bin ganz sicher, dass ich ein gutes Ergebnis hinbekomme.«
    »Daran zweifele ich ja gar nicht, ich fühle mich nur nicht wohl, wenn du dafür deine Freizeit opferst. Und es gibt nicht einmal Geld dafür.«
    »Geld! Wer braucht schon Geld?« Henry breitete theatralisch die Arme aus. »Ich muss wohl nicht fragen, wie schnell du die Rekonstruktion brauchst.«
    Entschuldigend hob Toppe die Hände.
    »Dann lass mich mal überlegen. eine Woche wird es wohl dauern, wenn ich heute Abend gleich anfange und wenn ich einen habe, der mir assistiert. Wie sieht es mit dir aus, Gabischatz?«
    »Mit mir?« Gabi guckte verdutzt. »Du willst mich mit in deinen Leichenkeller nehmen?«
    »Dich am allerliebsten, das weißt du doch. Ich erkläre dir auch alles ganz genau, kein

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