Die Schatten schlafen nur
sind. Ich denke, ich werde graublaue nehmen.«
Henrys Anruf kam am Freitagnachmittag.
Am Samstagmorgen erschienen die Fotografien des zirka fünfundfünfzig Jahre alten, zirka 1,80 in großen schlanken Mannes im regionalen und überregionalen Teil der beiden örtlichen Tageszeitungen.
Das KK 11 hatte sich, von Hoffnung getrieben, um acht Uhr vollzählig im Präsidium eingefunden, und das war gut so.
17
Zwischen Viertel nach acht und halb zehn gingen neun Anrufe ein. Der zehnte veranlasste sie dann, die Zentrale zu bitten, niemanden mehr durchzustellen, sondern nur noch die Telefonnummern zu notieren.
Die allererste Anruferin war eine Frau aus Nierswalde gewesen, Adelheid Tessel. Sie wollte auf dem Zeitungsbild einen alten Freund, Jakob Opitz, wiedererkannt haben, den sie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte.
Denselben Namen, Jakob Opitz, nannte auch der zehnte Anrufer. Es war Wim Lowenstijn, ein Privatdetektiv aus Elten, der dem KK 11 so manches Mal auf seine eigenwillige Weise geholfen hatte.
Toppe überlief ein Schauer. »Jakob Opitz? Könntest du herkommen, Wim, möglichst gleich? Ja? Prima!«
»Zweimal Opitz!« Cox strahlte. »Wer hätte gedacht, dass wir ein solches Schwein haben?«
»Freu dich nicht zu früh«, meinte van Appeldorn. »Noch wissen wir gar nichts. Und wenn es sich wirklich um diesen Mann handelt, bedeutet das nur, dass wir mal wieder ein Wochenende durchklotzen müssen.«
»Ach was!« Toppe hatte sich Gelassenheit verordnet. »Der Mörder, falls es ihn überhaupt noch gibt, läuft seit zehn Jahren frei herum. Da machen zwei, drei Tage keinen Unterschied mehr. Fahrt ihr jetzt erst mal zu dieser Frau Tessel. Peter und ich warten hier auf Wim. Gegen halb eins spätestens setzen wir uns wieder zusammen und dann sehen wir weiter.«.
Wim Lowenstijn legte Toppe ein Familienstammbuch und das Foto eines älteren Mannes auf den Tisch. Die Ähnlichkeit mit Henrys Rekonstruktion war so groß, dass Toppe ein wenig unheimlich wurde.
»Das ist euer Mann, oder?«, fragte Lowenstijn. »Im April ist in Nierswalde eine gewisse Helene Opitz verstorben. Als einzigen Erben hinterließ sie ihren Ehemann Jakob, der aber leider nicht aufzufinden war. Deshalb hat mich das Nachlassgericht letzte Woche mit der Suche nach diesem Menschen beauftragt.«
»Setz dich«, murmelte Toppe. »Möchtest du einen Kaffee?«
»Ich bediene mich schon selbst.«
Toppe nickte abwesend und blätterte das Stammbuch auf: Helene Opitz, geborene Domröse, 1940 in Ostpreußen geboren, seit 1960 verheiratet, Hausfrau, kirchliche Trauung in Nierswalde. Jakob Opitz, geboren 1935 in Köslin, Pommern, Vollwaise, Pädagoge. Cox beugte sich über Toppes Schulter und las mit.
Lowenstijn hatte sich aus der Thermoskanne Kaffee eingegossen und setzte sich. »Ich kann euch erzählen, was ich bis jetzt herausbekommen habe. Also, viel zu erben gibt es da eigentlich gar nicht. Helene Opitz’ Vater, Otto Domröse, betrieb seit 1951 im Dorf ein Lebensmittelgeschäft, das seine Tochter später übernommen hat. Jakob Opitz hat da eingeheiratet. Er war der Leiter des Jugendheims im Dorf und ist manchmal in der Kirche als Prediger eingesprungen. Als Domröse starb, hinterließ er Helene das Ladenlokal und das Wohnhaus und ein paar angrenzende Grundstücke. Die hat sie 1990 verkauft und gleichzeitig den Laden geschlossen. Anfang letzten Jahres hat sie auch ihr Haus verkauft, und zwar an denselben Mann, der auch ihre Grundstücke übernommen hat: Waldemar von Bahlow, wohnhaft in Nierswalde. Dessen Sohn Richard hat dann die Kneipe, die er nebenan betrieb, aufgegeben und stattdessen in Domröses Haus ein Restaurant eröffnet. Frau Opitz wurde allerdings ein lebenslanges Wohnrecht in einem Teil des Hauses eingeräumt. Die Wohnung gibt es aber inzwischen nicht mehr, von Bahlows haben gleich nach dem Tod der Frau das Hotel angebaut und deren Räume mit einbezogen.«
Toppe sah ins Stammbuch. »Sie war erst neunundfünfzig. Woran ist sie gestorben?«
»Keine Ahnung! Wie gesagt, viel zu erben gibt es nicht mehr. Beim Gericht liegt ein Sparbuch über 9.000 Mark, ansonsten sind da ein paar Möbel, Hausrat, Bücher und das Übliche an Fotos, Briefen und so weiter. Steht alles in einem Schuppen hinter dem Restaurant.«
Er trank wieder von seinem Kaffee, Toppe wartete.
»Das Gericht konnte Opitz nicht finden. Ich habe mich zunächst einmal im Dorf umgehört, aber die Leute geben sich seltsam zugeknöpft. Seit Jahren hat keiner diesen Mann mehr gesehen,
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