Die Schatten schlafen nur
wir nicht. Warte mal. Ja, Rubine, Smaragde und Diamanten. Nach 1945, genau. Besonders waren wohl ›gelbe Diamanten‹ und Brillanten, die zu der Zeit schon über 150 Jahre alt gewesen sein sollen … Ja, richtig. Hast du’s? … Prima! Bringt wahrscheinlich nichts, aber. Meinst du? Na, das war was … Ja, ja, okay. Dank dir! … Ja, ja, natürlich bist du der Erste, der es erfährt, wenn ich ihn verlasse. Ja, auch die Briefmarkensammlung, du Verrückter! Tschüs … Ja, Ciaoiii!«
Sie legte auf. »O Mann, jetzt ist der auch schon dieser Ciaoiii-Fraktion beigetreten!«
»Und er flirtet dich immer noch an.«
»Klar, sonst würde ich mir auch ernsthafte Sorgen machen. Also pass auf, er hat zwar keine genaue Ahnung, aber er meint, besondere Steine wären in Fachkreisen bekannt, ganz egal, wie lange es her sei, dass sie auf den Markt gekommen sind. Zumal diese Steine oft etliche Male den Besitzer wechseln und immer mal wieder auftauchen. Wim fährt heute sowieso nach Antwerpen und kann Jocelyne drauf ansetzen.«
»So langsam kreisen wir ihn ein«, meinte Toppe ungewohnt zuversichtlich.
»Wen?«, kam es von der Tür. Es war van Appeldorn, der beim Baumarkt um die Ecke Schrauben und Dübel hatte besorgen müssen und neugierig gewesen war, wie die Dinge inzwischen standen.
Er hörte zu und legte die Stirn in immer tiefere Falten. »Was ist, wenn von Bahlow weiter leugnet? Wenn Ackermann nichts findet? Es wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als Waldemar in Prenzlau auszugraben und die ganze Palette anzuleiern, Zahnstatus et cetera, und drüben dasselbe ›Unternehmen Sisyphos‹ zu starten wie Ackermann hier. Ich denke, Peter kann Hilfe gebrauchen. Ich könnte hinfahren. Aber bitte erst am Mittwoch. Montag ist Feiertag und Dienstag tritt Ulli ihre neue Stelle in Nierswalde an. Da wäre ich schon gern in der Nähe.«
Toppe nickte zustimmend, immer noch optimistisch.
Aber Astrid seufzte. »Mit viel Glück können wir beweisen, dass Waldemar von Bahlow tatsächlich Konstantin von Bahlow ist. Ein widerwärtiger, menschenverachtender Kriegsverbrecher. Dafür geht er dann für den kurzen Rest seines Lebens vielleicht noch in den Knast. Vielleicht können wir sogar noch beweisen, dass er seinen eigenen Bruder umgebracht hat. Auch fein. Aber wie, um Himmels willen, wollen wir ihm nachweisen, dass er Jakob Opitz getötet hat? Und womöglich auch dessen Witwe?«
»Es gibt eine winzige Chance, wenn wir die Waffe finden«, antwortete Toppe.
»Dann lass uns doch suchen!«
»Zu früh. Oder zu spät, wie man’s nimmt.«
Van Appeldorn war noch nicht ganz draußen, da kam Ackermann herein. Ein leiser, stillvergnügter, geheimnisvoller Ackermann. »Dürfte ich wohl Platz nehmen? Ja? Vielen herzlichen Dank auch.« Er setzte sich geziert auf den Besucherstuhl und schlug graziös die Beine übereinander. Der fehlende Schnürsenkel an seinem linken Turnschuh und die heruntergerutschten Socken störten das Gesamtbild allerdings ein bisschen.
»Nun, was soll ich sagen? Den ersten Vandalen hätten wir am Kanthaken.« Dann sprang er auf und tobte durchs Büro. »Habt er ’t geschnallt? Habt er ’t kapiert? Ich hab den links überholt, ich hab den dingfest gemacht!«
»Wen denn?« Toppe erholte sich langsam von dem seltsamen Auftritt.
»Na, diesen Richard, diesen alten Westentaschencasanova!«, brüllte Ackermann.
»Richard von Bahlow?«
»Genau! Endlich angekommen! Wo van Gemmern mir verklickert hat, er hätt so schöne Fingerspuren, da hab ich mir gesagt, Jupp, wenn de schon im Dorf bis’, guckste, dat de ’n paar Fingerabdrücke kriegs’. Ganz unauffällig, versteht sich.«
So langsam wurde Ackermann wieder ruhiger. Er schob die Brille hoch und strahlte sie an. »War bloß ’n Schuss in ’t Blaue – aber, wat sach ich? Volltreffer! Wie ich mit der Mutti beim Essen sitz’ – war übr’ens echt gut-, denk ich mir, warum nich’? Könnt doch sein … Also lass ich mir den Chef annen Tisch kommen, mach so ganz auf große Welt, von wegen, ich war vonne Bullizei un’ wollt doch ma’ persönlich, von wegen, wat dat für ’n klasse Laden is’ un’ so. Tja, wat sach ich? Rechnung aufgegangen! Die Bierkes hat er uns dann persönlich serviert. Weiß ja, wat sich gehört, der Mann. Außer auf Baustellen, hä, hä, aber dat nur am Rande. Un’ wat macht Ackermann? Nimmt ’n Taschentüchsken, kippt sich dat Bier innen Rachen un’ packt schön vorsichtig dat Glas ein. Bringt et dann heute – immer noch schön
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