Die Schatten von La Rochelle
von der nördlichen Landzunge verdeckt, und es fiel sehr schwer, üb e rhaupt etwas zu erkennen, aber solange die Flagge von Saint-Ma r tin noch unverändert blieb, konnte m an sicher sein, daß Buckingham n o ch keinen Erfolg gehabt hatte.
Es wurde Nach m ittag, und die er s ten begannen, die Stadt m auern zu verlassen. Am Abend kehrte auch Paul zurück zu den Feniers, wo ihn ein nie d ergeschlage n er S i m on bereits erwartete.
»Es ist aus«, sagte Si m on kurz. »Ich gehöre zu denen, die bleiben werden, aber der Herzog segelt m it der Flotte und d e m Heer nach England zurück. Oder besser ges a gt, m it de m , was noch davon übrig ist. Die Franzosen haben uns in d i e S alzsü m p f e get r ieben, ei n gekrei s t und niederge m acht. Es hat m i ndestens achtzehntausend Tote gegeben, und unsere Artillerie hat Euer K a rdinal jetzt auch in seinen Händen.«
»Er ist nic h t unser Kardinal. W as so l l das heißen, Buckingham segelt z u rüc k ? Ihr la ß t uns hier im Stich ? «
»Oh«, antwortete Si m o n m it ers c höpftem Zynis m us, »der Herzog kom m t wieder. W enn das Parla m ent, das ihn nicht ausstehen kann, ihm eine neue Flotte be willi g t. W as m i ch angeht, du hast ja gehört, ich bleibe hier.«
Sie waren inzwischen längst z u m Du übergangen. »Dein Cousin Soubise übrigens hat darauf bestanden, wieder an Bord kom m en zu dürfen. Er legt keinen Wert darau f , den W i nter in La Rochelle zu verbringen, ihm sagt anscheinend das englische Kli m a m ehr zu.«
Drei Tage s päter s ahen sie die englische Flotte am Horizont verschwinden. » W elch eine Hilfe sie doch waren«, m einte Jacqueline bitter. Sie h atte s i ch verändert; ihre Schwanger s chaft schien sie älter zu m achen. »Sie treiben uns in einen Krieg m it unserem eigenen König, lassen uns ihre Kranken pflegen, und anschließend laufen sie fort wie Ei n brecher, die m an in einem Haus erwischt hat.«
Es lag Paul auf der Zunge, zu e r widern, wie ungerec h t sie urteilte; schließlich waren es die Engländer gewesen, die bis jetzt die tatsächlichen Kämpfe ausgefochten hatten, wenn m an von seinem eigenen ruh m losen Schar m ützel ein m al absah. Aber er wollte n ic h t m it ihr str e iten. A u ßerdem hatte sie in ei ne m recht: La Rochelle w a r j e tzt auf sich a ll e in g est e llt.
26. KAPITEL
Es wurde der härteste Winter, den er je erlebt hatte. Die Lebens m ittel fingen an, knapp zu werden, und Paul entdeckte, wie viel er früher für selbstverständlich genommen hatte. Das Mehl ging zur Neige, und bald w urde Brot nur noch für den Gottesdienst verwendet. Die Leute begannen, sich offen um Fleisch zu schlagen, wenn es verkauft wurde. Zumindest Feuerholz gab es zur Genüge, obwohl es auf etwas ungewöhnliche W eise zur Verfügung gestellt w u rde.
»Es ist soweit«, sagte Guiton ein e s Tages grimmig zu Paul. »Die ersten Ratten verlassen das Schiff. Viell e icht e rinne r t I h r Euch an Pierre T alle m ant, unseren fetten B a nkier. Er ist gestern nacht zu den Königlichen übergelaufen. Es wür d e m i ch nicht wundern, wenn er im Herzen schon im m er ein Papist war.«
Es war kennzeichnend für die verän d erte L age, daß Paul, statt Zorn über den desertierten Talle m ant zu empfinden, s ofort an etwas ganz anderes dachte.
»Könnt Ihr m i r die genaue Lage seines Hauses beschreiben, Monsieur ? «
Guiton zuckte die Achseln und t a t ihm den G e fallen. Paul nahm Si m on und einige leere Säcke m it sich und stellte fest, daß es ihm nicht das geringste aus m achte, sich als Plünderer zu betätigen. W as die Vorräte anging, so mußte er allerdings entdecken, daß die Dienerschaft des Sieur Talle m ant schon vor ihm auf die gleiche Idee gekommen war. Doch die Möbel waren noch vorhanden.
»Brennholz«, sagte er kurz, als S imon ihm einen erstaunten Blick zuwarf, während er einen zierlichen Stuhl auseinanderbrach. »Sei so gut und m a c h dich gleichfalls nützlich.«
Danach war es er s t aunlich leic h t , in andere Häuser zu gehen, deren Besitzer ebenfalls verschwunden waren. Zu m ind e st würde Jacqueline es auf diese Weise warm haben und nicht frieren m üssen. Ihr Bauch wölbte sich all m ählich, aber ihre Ar m e und Be i ne wurden dünner. Er m achte sich Sorgen um sie.
Was die Katholiken inzwischen unternah m en, beunruhigte ihn zunächst so wenig wie die übrigen Rochelleser. Sofort nach dem Abzug der englischen Flotte waren nä m lich zweihundert alte Schiffe vor der Hafeneinfahrt
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