Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
kam es an, nur dort würde sie den fehlenden Hinweis entdecken können. Da unterbrachen plötzlich Schrittgeräusche ihren Gedankenfluss.
Sie fuhr herum und umfasste das Heft ihres Dolches. Das bat mir gerade noch gefehlt.
Sie versteckte sich seitlich der Tür, von der die Geräusche kamen, und bereitete sich auf einen Angriff vor. Noch hatte sie die Gestalt, die jetzt die Schwelle überschritt, nur als Andeutung wahrgenommen, da presste sie ihr schon die freie Hand auf den Mund und schleuderte sie so fest gegen die Wand, dass sie mit dem Kopf dagegen schlug. Sie hatte den Dolch bereits erhoben, um mit aller Kraft zuzustechen, als sie plötzlich - die Klinge nur noch eine Handbreit von der Kehle der Gestalt entfernt - abrupt in der Bewegung innehielt. Mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen kauerte Learco vor ihr. Wie durchbohrt fühlte sich Dubhe von diesem Blick und ließ ihn augenblicklich los.
»Wer da?«, tönte augenblicklich eine Stimme von der anderen Seite des Saales her. Und gleich darauf vernahm sie aus dem Korridor das Ratschen eines aus der Scheide gezogenen Schwertes. Dubhe spürte, wie ihr die Knie weich wurden. Und so war es Learco, der sie geistesgegenwärtig aus dem Saal zog, in eine angrenzende Kammer hinter einer angelehnten Tür. Er bedeutete ihr, ganz still zu sein, brachte rasch seine Kleider in Ordnung und wartete dann, um eine selbstverständliche Haltung bemüht, auf das Herannahen der Wache. »Ich bin's nur«, sagte er mit ruhiger Stimme, als der Soldat bei ihm war. »Verzeiht, Hoheit, ich wusste nicht, dass Ihr hier seid ...« Die Stimme des Soldaten war nur einen Hauch von der Tür entfernt, und Dubhe hörte, wie er das Schwert zurück in die Scheide steckte.
»Sei unbesorgt, Soldat. Du hast ja nur deine Pflicht getan. Aber nun geh.« Als sie allein waren, ergriff der Prinz ihr Handgelenk.
»Sei still und folge mir!«, befahl er.
Sie reagierte nicht. Wie ein totes Gewicht ließ sie sich durch die Gänge des Palastes ziehen, bis sie zu einer steilen schmalen Eisentreppe kamen. Dubhe wusste, dass sie zum Trockenboden hinaufführte, ein Raum, der von den Wachen nur selten kontrolliert wurde.
Dort angekommen, warf Learco sie grob zu Boden. Die Hand hatte er auf dem Heft seines Schwertes liegen, und seine Miene war ernst, entsetzlich ernst, so wie Dubhe ihn noch nie gesehen hatte.
»Was hast du dort gewollt?«
Nichts war mehr zu erkennen von dem jungen Mann, den sie während ihrer heimlichen Treffen so gut kennengelernt hatte. Sein Gesicht wirkte kalt und feindselig.
Jetzt musst du ihn töten, hörte sie in sich eine traurige Stimme. Niemals hättest du dich mit ihm einlassen dürfen. Aber jetzt ist es aus damit. Du hast gestern Abend eine Entscheidung getroffen!
»Warum bist du so seltsam gekleidet?«, fragte er streng.
Dubhe konnte den Blick nicht von ihm abwenden und dachte dennoch weiter, dass sie ihn jetzt töten würde oder am besten schon längst getötet hätte, damals nach dem Kampf gegen die Banditen etwa.
»Anstatt dich den Wachen zu übergeben, habe ich dich hierher geführt. Du weißt, was das bedeutet?«
Im Ton seiner Stimme schwang noch etwas von Zuneigung mit, doch Dubhe war eher nach einem verzweifelten Lachen zumute: Er wusste überhaupt nichts von ihr, und auch jetzt begriff er nicht, was vor sich ging. Tatsächlich verzog sich ihr Mund zu einem Lächeln, und Learco starrte sie an, unfähig, diese Reaktion zu deuten.
»Darf man erfahren, was du so lustig findest?«
Ihre Blicke trafen sich, und Dubhes Gewissheiten vom Vorabend schwanden dahin. Gegen jede Vernunft wollte ein Teil ihrer selbst immer noch glauben, dass es auch ein anderes Ende für sie geben und er tatsächlich ihr Rettungsanker sein könnte. »Es amüsiert mich zu sehen, dass du nicht die leiseste Ahnung hast, wer ich bin ...«, sagte sie mit einem bemüht spöttischen Unterton.
Learco zog sein Schwert und hielt ihr die Spitze an die Kehle. »So ist es schon weniger amüsant, nicht wahr?«
Doch das Lächeln verschwand nicht von ihren Lippen. »Ich könnte dich jederzeit töten. Drei Schwerter und zwei weitere Soldaten würden es nicht schaffen, mich aufzuhalten.«
Nun fallen die Schleier, und die Wahrheit kommt ans Licbt. Zu spät wirst du begreifen, wer ich wirklich bin. Denn das wird das Letzte sein, was du tust, bevor du stirbst, dachte sie, während eine entsetzliche Kälte ihr Herz überschwemmte. Learco verbarg seine Enttäuschung nicht. »Wer bist du wirklich?« Ein kurzes Schweigen
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