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Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen

Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen

Titel: Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Geist, mein Junge: Entweder es gelingt dir, damit zu leben, oder du verlierst den Verstand.«
    Rasch begann San die Bedeutung dieser Worte zu verstehen. Obwohl der Sommer jetzt zu Ende ging, war es immer noch warm, und der Gegensatz zu dieser Dunkelheit, die den Eindruck von Kühle und Erfrischung vermittelte, war furchtbar unangenehm. Der Lichtmangel schlug auf das Gemüt, und die Augen hatten Mühe, sich an diese extremen Bedingungen zu gewöhnen. Denn der dunkle Himmel war gleichzeitig auch erhellt, und die Früchte der Milchgewächse, die überall funkelten in dieser ewigen Nacht, wirkten wie schaurige Gespenster.
    Er hatte Angst. Angst vor der Dunkelheit, so wie als kleines Kind, wenn er sich in das Schlafzimmer der Eltern geflüchtet hatte.
    »Was ist los, San?« Die sanfte, verschlafene Stimme seiner Mutter. 
    »Ich hab Angst.« 
    »Wovor?« 
    »Da ist irgendwas im Dunkeln.« 
    Ein flüchtiges Lächeln, eine Stimme, die noch zärtlicher wird. »Komm her!« 
    Arme, die sich um seinen Körper legen, und das Rascheln frischer Bettlaken. 
    »Du musst keine Angst haben vor der Dunkelheit. Wenn es dunkel ist, ist die Sonne müde und will  schlafen, genau wie du. In ein paar Stunden steht sie wieder auf. Schlaf jetzt, und du wirst sehen,  bald ist es so weit. Und außerdem bin ich ja bei dir und beschütze dich.«  »Es ist nicht mehr weit«, sagte Demar nach drei Tagesmärschen im Land der Nacht, und San spürte sein Herz bis zum Hals schlagen.
    »Wie weit genau?«
    »Heute Abend werden wir beim Tempel eintreffen.«
    Sogleich raste dem Jungen ein Schwall wirrer Gedanken durch den Kopf. Und nun? Wie sah sein Plan aus? Was würde er als Erstes tun? Er wusste es nicht. So genau hatte er sich das alles nicht überlegt. Er würde hineingehen, hatte er sich vorgestellt, und den Rest ganz einfach seinen magischen Kräften überlassen. Noch nicht einmal Genaueres zum Bau der Gilde hatte er den Assassinen gefragt. Rasch kam er nun der tödlichen Gefahr immer näher, und der Gedanke, wie jung und unerfahren er war, erschreckte ihn zum ersten Mal.
    Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er an Ido dachte.
    Ob er nach mir sucht? Bestimmt, aber er wird noch weit entfernt sein. 
    Er schüttelte den Kopf.
    Mach dir keine Hoffnungen, dass er rechtzeitig kommen wird. Du tust, was du tun musst, auch  wenn du dabei umkommst, denn so hat dein Leben keinen Sinn mehr. Du gehst da hinein und lässt  deinem Zorn freien Lauf so wie bisher auch, wenn du angegriffen wurdest. Vergiss nicht, du hast  einen Drachen vom Himmel geholt. Was ist dagegen schon die Gilde? Und auch wenn du  unterliegst, wirst du auf alle Fälle einige Assassinen mit ins Grab nehmen. 
    Vor dem Tempel angekommen, war er dann fast enttäuscht. Er hatte sich einen riesenhaften, imposanten Bau vorgestellt, doch was er hier sah, war im Grunde nicht mehr als ein rechteckiger Kasten aus Schwarzem Kristall, der das nächtliche Licht spiegelte. Beeindruckend waren nur die Höhe der drei Türme, die sich über dem Dach erhoben, und die Rosette in der Fassade. Sie war durchflössen von einem Licht so rot wie Blut, das aus einer frischen Wunde austrat. »Das ist also euer Bau?«, fragte San, um einen höhnischen Unterton bemüht. Demar nickte ernst.
    Langsam trat San heran. Er spürte den Zorn in sich bro dein und merkte dabei, dass Hass und Angst in manchen Situationen kaum voneinander zu unterscheiden waren.
    Ganz deutlich erinnerte er sich an die Schreie seiner Eltern und die ganz in Schwarz gekleideten Männer, die sie überfallen hatten. Hinter dieser Tür lebten sie, seine Feinde, und in Kürze würde er endlich Rache nehmen. Sein Zorn würde sie alle vernichten, und nichts, auch nicht der Tod, so dachte er, würde ihn aufhalten können. Er legte die Hände an das kühle Schwarze Kristall und stieß die Flügel des Portals auf, die sich wie der Kelch einer giftigen Blume öffneten.
    Kalte, vom Blutgeruch gesättigte Luft schlug ihm aus dem Innenraum entgegen, der durch zwei Säulenreihen aus nur ganz grob behauenem Stein in drei Schiffe gegliedert war. San trat vor und legte die Hände an eine dieser Säulen. Schon bei der leichtesten Berührung riss die Haut auf, und Blut tröpfelte auf den Boden. Er hob den Blick. Im hinteren Teil des Raumes erhob sich eine riesengroße, furchterregend wirkende Thenaar-Statue. Sie stellte einen Mann mit brutaler Miene und vom Wind zerzausten Haaren dar. Für San war es das Gesicht der Mörder seiner Eltern, und als er spürte, wie

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