Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
Kälte. »Dass ich noch lebe, verdanke ich nur den Zaubertränken und -ritualen, mit denen zunächst Lonerin und später Theana die Wirkung des Fluches eingedämmt haben. Aber er wird immer stärker. Und nichts kann ihn aufhalten. Warum also sollten wir den Feind nicht mit seinen eigenen Waffen schlagen?« »Das ist vollkommen verrückt, was du da vorhast!«, schrie Lonerin. »Und es stimmt auch nicht, dass an deinem Schicksal nichts zu ändern wäre. Es gibt ja einen Ritus, der dich retten kann!«
»Daran bin ich gescheitert«, antwortete Dubhe und drehte sich zu ihm um. »Ich war ja an Dohors Hof und wollte ihn töten. Aber es ist mir nicht gelungen. Jetzt bleibt mir nicht mehr viel Zeit - und vor allen Dingen keine Möglichkeit mehr, meinem Schicksal zu entgehen.«
»Das lasse ich nicht zu!«, schrie Lonerin vollkommen außer sich und ließ die Faust auf die Tischplatte niederfahren. »Ihr wisst, dass ich Recht habe«, ließ Dubhe sich nicht beirren und blickte dabei die versammelten Räte an. »Und ich weiß, dass ich es schaffen kann. Wir vier reichen: Ido, Sennar, Lonerin und ich. Die alte und die neue Generation. So werden wir die Gilde vernichten.«
Im Saal erhob sich skeptisches Gemurmel. Es war eine schwere Entscheidung. »Darüber müssen wir abstimmen. Aber erst, wenn sich jeder seine Gedanken dazu gemacht hat«, rief Ido, bemüht, die Ordnung wiederherzustellen. »Dazu ist keine Zeit!«, widersprach Dubhe erregt. Jetzt, da sie ihren Entschluss gefasst hatte, drängte es sie, die Sache so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
»Doch!« Idos Stimme, die immer noch so tönen konnte wie in früheren Zeiten, sorgte für Ruhe. »Wir sehen uns bei Tagesanbruch wieder. Jetzt zieht sich jeder in seine Unterkunft zurück und denkt über die Sache nach. Wenn die Sonne aufgeht, muss jeder seine Wahl getroffen haben. Die Sitzung wird vertagt.« Langsam leerte sich der Saal.
Dubhe sah Lonerin mit großen Schritten erregt auf sich zukommen. »Bist du wahnsinnig?!«, herrschte er sie an und ergriff ihren Arm. »Das bedeutet den unerträglichen Tod, den du immer gefürchtet hast. Ihn zu verhindern war der Grund für alles, was du im vergangenen Jahr auf dich genommen hast.« Dubhe ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Sie war selbst überrascht, wie ruhig es sie machte, endlich ihr Schicksal zu kennen.
»Nun ist es etwas anderes, was mich antreibt.«
»Du wirst sterben, verstehst du das nicht!? Sterben!«
»Wenn Learco stirbt, sterbe ich ohnehin mit ihm. Also ist es doch besser, ihn durch meinen Tod zu retten.«
Lonerin starrte sie entgeistert an. »Das kann nicht dein Ernst sein ...« »Würdest du nicht für Theana sterben? Willst du dich nicht auch auf den Weg machen, um sie zu retten? Wolltest du nicht immer der Gilde mit bloßen Händen entgegentreten, schon als kleiner Junge, um den Tod deiner Mutter zu rächen?«
Lonerins Griff lockerte sich.
»Dann kannst du mich auch verstehen.«
Er ließ die Arme sinken und nickte. »Die Bestie wird dich zerfleischen, so wie Rekla, als du sie getötet hast.« Seine Stimme war fast ein Weinen.
»Ich weiß.«
Er blickte sie an. Und einen Moment lang überkam Dubhe Mitleid mit ihm. »Versprich mir, dass du für meinen Vorschlag stimmst.« Er schüttelte den Kopf. Dubhe ergriff seine Hände. »Wenn du mich jemals geliebt hast, dann tust du es!« »Das kannst du nicht von mir verlangen ...«
»Bevor Theana entführt wurde, bat ich sie bereits, einen Weg zu finden, mich zu töten. Damals wusste ich schon, dass es keine Rettung für mich geben würde, und suchte nach einer Art Abkürzung. Sie versprach es mir. Steh nicht hinter ihr zurück.«
Er schaute ihr fest in die Augen, doch sie wich seinem Blick aus.
Da drückte sie seine Hände. »Ich bitte dich!« Lonerin schüttelte noch einmal den Kopf, machte sich von ihr los und strebte zur Tür.
An einem von gelblichen Wolken verschleierten Himmel graute der Morgen. Der Sommer ging zu Ende, und der erste herbstliche Tag kündigte sich an. Schweigend betraten die Ratsmitglieder den Saal. Dubhe ging gleich hinter ihnen. Sie hatte keine Angst, verspürte bloß einen großen Tatendrang. Am liebsten wäre sie auf der Stelle aufgebrochen. Sie begriff den blinden Glauben der Assassinen, ihre Entschlossenheit. Vielleicht fühlten sie sich so wie sie gerade, wenn sie zu einem Auftrag ihren Bau verließen. Vielleicht hatte sich auch der Junge so gefühlt, der ihr den Fluch in den Leib gepflanzt hatte und der schon
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