Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
Körpers.
Kurz darauf standen sie in einem riesigen Saal mit einer unendlich hohen Decke. An einer Wand erhob sich die Statue eines Mannes mit einem brutalen Grinsen, der in der einen Hand einen Pfeil, in der anderen ein Schwert hielt. Mit den Füßen stand er in zwei bis zum Rand mit Blut gefüllten Becken, das mittlerweile in alle Richtungen überschwappte. Am Boden ein Teppich aus Leichen, und darüber erhob sich, triumphierend und grauenerregend, die Bestie. Ellenlange scharfe Reißzähne, Hände und Füße mit Klauen besetzt, Berge von Muskeln, die unter dem Schleier der Haut wie im Rausch zuckten, sich spannten und blähten. Dubhe.
Learco schwanden die Sinne. Auf diesen Anblick war er nicht vorbereitet gewesen. Wie hatte er nur denken können, dass sie zu retten sei? Aus diesem Abgrund gab es keine Rückkehr. Nur noch den Tod.
Es war die pure Verzweiflung, die ihn überkam, aber nicht lange währte. Er musste es versuchen. Kein Schicksal wollte er mehr als unabänderlich hinnehmen. Er verscheuchte die Angst und reichte Theana die Lanze. Blass und wie versteinert stand sie da, und er musste sie schütteln, damit sie sich von dem Bild losriss. »Nimm und versuch dein Möglichstes.« Seine Stimme zitterte nicht mehr. Sein Griff war nun fest.
Theana blickte ihn an, nickte und nahm die Lanze in die Hand, während Learco eine andere Waffe vom Boden aufhob und den Blick wieder auf die Bestie richtete. Die Assassinen, die sich noch auf den Beinen halten konnten, versuchten, sich mit Dolchen des Ungeheuers zu erwehren, doch sie wirkten unbeholfen und machtlos angesichts dieses Monsters, das sie unausweichlich einen nach dem anderen zerfleischte.
Als Learco bemerkte, dass San neben ihm ein heftiges Zittern erfasst hatte, nahm er ihn in den Arm und drückte ihn
an sich. »Kein Angst, ich lasse nicht zu, dass dir etwas zustößt. Mit meinem Leben werde ich dich beschützen«, sprach er mit fester Stimme. Dann wartete er und betete.
Mit Entsetzen sah Sennar Yeshol auf sich zukommen. Der Höchste Wächter war nur noch ein Schatten seiner selbst, eine Puppe, die kraftlos über die Erde kroch, hatte sich aber noch nicht ergeben. Seine Augen waren hasserfüllt, und der Magier wusste, dass nichts ihn würde aufhalten können, noch nicht einmal der Tod. Dieser Blick hielt ihn am Boden, machte ihn unfähig, irgendwie einzugreifen.
Yeshol erreichte die Wand und zog sich mühsam daran hoch.
Die dünne Barriere, die Lonerin geschützt hatte, löste sich nun immer mehr auf. »Ich bin noch nicht tot«, keuchte er, während ihm Blut aus dem Mund über das Kinn rann, »und solange ich lebe, kann Aster jederzeit wiederkehren!« Er hob den Dolch und stürzte sich auf Lonerin. In diesem Moment zersprang der Talisman in der Hand des jungen Magiers, tauchte alles in ein blendendes Licht und strahlte vibrierend eine unvorstellbare Kraft aus. Mit dem weißen Licht breitete sich eine tröstliche Wärme aus und hüllte alles ein. Unwillkürlich nahm Sennar einen Arm hoch, um die Augen abzuschirmen. Da erkannte er in dem gleißenden Licht das Gesicht eines wunderschönen Knaben, und sein Herz setzte einen Schlag aus. Wie gut erinnerte er sich doch an ihre letzte Begegnung! So als sei seit damals gerade einmal ein Tag vergangen. Es war in einer düsteren Zelle vor langer, langer Zeit, und diese Augen von einem unbeschreiblichen Grün waren das Letzte gewesen, was er gesehen hatte, bevor er das Bewusstsein verlor. Er hatte auch die Angst erkannt, die den Geist dieses Wesens beherrschte, und seitdem aufgehört, Aster als Feind zu betrachten.
Ihn jetzt noch einmal zu sehen, berührte ihn stark, denn mittlerweile waren sie sich in vielem ähnlich geworden. Seit Nihals Tod war alles verschwunden, was sie einmal zu Gegnern gemacht hatte. »Aster ...«, murmelte der alter Magier.
Der Knabe blickte mit einer derart friedlichen Miene zum Himmel auf, dass Sennar seltsam ergriffen davon war. Einen solchen Frieden hatte Aster in seinem Leben mit Sicherheit niemals gespürt. Als der Junge seinen Namen hörte, senkte er den Blick, und als er zu Sennar schaute, blitzten seine Augen erkennend auf, und ein Lächeln erhellte seine Miene. Der alte Magier antwortete mit einem traurigen Blick, in dem all das zum Ausdruck kam, was Sennar in den zurückliegenden Jahren erlebt hatte. Es war ein ähnlicher Leidensweg, wie Aster ihn vor ihm gegangen war. Nur einen kurzen Moment schauten sie sich so an, aber es war, als währte er ein ganzes Leben. Und die großen
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