Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
einem Abenteuer, bei dem die Wahrscheinlichkeit, dabei draufzugehen, äußerst hoch ist.« »Weil ich an unsere Sache glaube«, antwortete Lonerin stolz.
Doch Sennars Blick zeigte ihm sofort, dass dies nicht die ganze Wahrheit war. Auch er selbst handelte ohne höheres Ziel, und das seit längerer Zeit schon. Auch er selbst versuchte, durch Taten die Leere zu überspielen, die er in sich spürte. »Ich glaube wirklich, dass mein Einsatz gebraucht wird, auch wenn es noch andere Gründe gibt, die mich dazu treiben, immer ganz vorn mit dabei zu sein«, erklärte er mit ernster Miene, »und deshalb sehe ich in meinem Beitrag für unsere Sache tatsächlich einen Sinn. Es gibt Hoffnung für die Aufgetauchte Welt, da bin ich mir ganz sicher. Und ich glaube wirklich an das, was Ihr am Ende Eures Buches geschrieben habt: dass zwar alles ein Kreislauf ist, es sich aber immer wieder lohnt, für den Frieden zu kämpfen. Es kommt nicht darauf an, dass nach einer Zeit des Friedens auch wieder Krieg herrschen wird. Wichtig ist, dass es diesen Frieden tatsächlich gegeben hat.«
Sennars Gesichtszüge wurden sanfter, und in seinem Blick waren Trauer und Verständnis erkennbar. »Ich bin hier«, sagte er dann leise, »weil es immer noch einen Traum gibt. Zwar ist es wohl nicht mehr mein eigener, aber immer noch der von Nihal und meinem Sohn Tarik. Die beiden glaubten an die Aufgetauchte Welt und sind für diesen Glauben gestorben. Ja, und dann ist da noch San. Er soll hier leben, und er soll eine Zukunft haben, eine Zukunft, die seinem Großvater und seiner Großmutter nicht vergönnt war.«
Sennars Hände auf dem Buchdeckel zitterten. Er senkte den Kopf. Langsam legte sich Lonerin wieder nieder und streckte sich aus. »Wir müssen uns ausruhen«, sagte er, fast so, als spreche er zu sich selbst. »Vielleicht können wir mit dieser Rastlosigkeit den Schatten unserer Vergangenheit tatsächlich entkommen, doch wir verausgaben uns, ohne tatsächlich etwas zu bewirken, ohne das Ziel zu erreichen, das wir uns gesetzt haben.« Sennar legte das Buch zur Seite und streckte sich ebenfalls, leise stöhnend, auf dem Erdboden aus.
»Willst du mir deine wahren Beweggründe verraten?«, fragte er dann unvermutet.
Lonerin spürte, dass sein Herz schneller zu schlagen begann. Die Bilder, die mit seinem jahrelangen Hass auf die Gilde zusammenhingen, überfielen ihn. Und doch erzählte er, flüssig, ohne zu zögern. »Als kleiner Junge, mit acht, erkrankte ich am Roten Fieber, und meine Mutter opferte sich der Gilde, opferte ihr Leben für mich, damit ich gesund wurde. Seitdem erfüllt mich ein unbändiger Hass auf diese Sekte. Anfangs wollte ich zum Schwert greifen, den Bau der Gilde eigenhändig zerstören und alle niedermetzeln. Doch mein Meister hielt mich davon ab, rettete meine Seele und führte mich auf den Weg der Magie. Ich lernte sehr fleißig und schloss mich später dem Widerstand an, ein Kampf, der meinem Leben einen Sinn gibt. Dennoch will der Hass nicht weichen. Die Gilde zu vernichten, ist mein höchstes Ziel.«
Mit dem Zirpen einer Grille klang Lonerins knappe Erzählung aus, und wunderbarerweise fühlte er sich plötzlich im Frieden mit sich selbst. Nun fiel ihm jener lang zurückliegende Abend ein, da Theana ihm ihre eigene Geschichte erzählt und diese Last mit ihm geteilt hatte. Es war das erste und letzte Mal, dass sie mit ihm über ihren Vater gesprochen hatte, und dies mit einer solch bewegenden Offenheit und mit einer solchen Trauer, dass es ihn förmlich zerrissen hatte.
»Irgendwann verliert man den Hass.«
Lonerin machte große Augen. Zum ersten Mal, seit sie sich kannten, hörte er aus Sennars Mund Worte der Hoffnung.
»Zurück bleibt nur die Asche. Zunächst wird der Hass hin und wieder aufflackern, und man wird ihm nachgeben, wie ich es selbst erlebt habe.« Er schwieg einen Moment, und Lonerin begriff, dass Sennar wohl an die Vorgänge auf der Lichtung dachte, als er zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben getötet hatte. »Doch schließlich vergeht er ganz. Weißt du, Nihal hat ihn überwunden. Und das wirst auch du schaffen. Du bist jung, und wer jung ist, lebt sein Leben, ohne sich zu schonen, lässt sich beherrschen von der Leidenschaft. Doch die Jahre vergehen, und die Zeit hilft, auch die verheerendsten Feuersbrünste zu löschen. Ich selbst hasse nicht mehr. Weder den Tyrannen noch die Fammin, noch nicht einmal die Elfen. Ich hasse niemanden mehr. Ich lebe nur noch so dahin.«
Lonerin betrachtete den
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