Die Schattenkämpfer 3 - Der Fluch der Assassinen
Vergehen rechtfertigt eine solche Bestrafung, wie sie dieses Dorf getroffen hat. Ein Kind ist immer noch ein Kind, und selbst unter der Rüstung eines Soldaten fließt das Blut eines einfachen Jünglings.
»Steh auf und mach nicht solch ein Theater. Auf dem Krieg gründet sich die Herrschaft jedes ordentlichen Königs. Finde dich damit ab, sonst wirst du heute Abend wieder meine Peitsche zu spüren bekommen.«
Learco gehorcht, rappelt sich auf und wischt sich mit dem Handrücken über den Mund. Es hat keinen Sinn mehr, sich Gedanken darüber zu machen, warum er sich nicht dagegen auflehnt: Er wird diese Bilder ohnehin nie mehr vergessen können. Während die anderen noch lange feiern, verlässt er den Trubel und zieht sich in seine Unterkunft zurück. Niemand merkt es. Zu sehr sind alle ins Feiern vertieft, um etwas von der vollkommenen Leere in Learcos Augen zu erkennen.
Er setzt sich auf eine Bank und nimmt das Schwert in die Hand. Die Klinge glitzert einladend, und er presst das Handgelenk darauf, immer fester . . . Schon zeichnet sich ein feiner roter Streifen auf der Haut ab. Das Letzte, was er sieht, ist das vor Entsetzen verzerrte Gesicht von Forra im Zelteingang.
Learco zeigte Dubhe sein linkes Handgelenk. Eine lange weiße Narbe war darauf zu erkennen, die von einer Seite zur anderen verlief. Sie glänzte ein wenig im matten Licht des Mondes, und wie in Trance betrachtete Dubhe sie. Sie streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingern darüber, während ihr ein Schauer über den Rücken lief. Sie saßen zusammen in einem verdeckten Teil des Gartens, wo niemand sie sehen oder stören konnte.
»Ich weiß bis heute nicht, wieso Forra nach mir sehen kam. Und ich weiß auch nicht, ob es ein Wunder war oder mein größtes Pech. Jedenfalls begann er wie ein Wahnsinniger zu schreien und schickte sogleich nach einem Heilpriester und einigen Magiern. Ich selbst war da schon nicht mehr bei Bewusstsein und weiß nur noch, wie ich am nächsten Morgen aufwachte und mir klar wurde, dass man mich dem Tod entrissen hatte.«
Learco sah vor sich auf den Boden, und während Dubhe sein Profil betrachtete, dachte sie an die vielen Male, da sie selbst mit diesem Gedanken gespielt hatte. Nach dem Tod ihres Meisters etwa wollte sie sterben, und zum letzten Mal überkam es sie in dieser Höhle in den Unerforschten Landen, als sie sich immer tiefer auf den Grund des Sees sinken ließ.
»Selbst bei dieser Gelegenheit blieb mein Vater so hart wie immer. >Das war eine große Dummheit von dir, wie sie nur Schwächlingen einfallen kann. Aber du bist noch ein Junge und offenbar nicht in der Lage, das zu begreifen. Deswegen will ich dieses Mal noch so tun, als wenn nichts geschehen sei.< Das war alles, was er zu mir sagte, und anschließend musste ich einen Monat lang noch enger an Forras Seite Dienst tun.« Learco drehte sich um und ergriff ihre Hand. Sie war außerstande, sich dieser Berührung zu entziehen, ließ ihre Hand zwischen den seinen ruhen, spürte die Kühle seiner Handflächen.
Hände, die töten, wie meine eigenen.
»Ich habe das auch schon erlebt«, sagte sie mit kaum vernehmbarer Stimme. Erzähl ihm das nicht auch noch, tu es nicht... Doch sie konnte nicht schweigen. Mit Macht drängten die Worte über ihre Lippen.
»Es geschah, als der Mann starb, der mir das Leben gerettet hatte.« Sie hoffte, dass er sie unterbrechen würde, hoffte, dass sie irgendwie davonlaufen könne, doch es war ihr Körper, der bleiben wollte, so als stehe er unter der Wirkung eines Zaubers. »Er war mein Meister, und ich selbst habe ihn getötet.« Ihre Stimme stockte, aber sie brach nicht ab.
»Er hatte sich auf einen Kampf eingelassen, um mir das Leben zu retten, und war dabei verwundet worden. Ich beschloss, ihn mit Kräutern zu behandeln. Damit kannte ich mich ein wenig aus, hatte einige Bücher dazu gelesen und bereitete ihm nun einen Kräuterumschlag zu. Er sollte wieder gesund werden und aufhören, mich so tieftraurig anzuschauen, das war mein größter Wunsch. Und so strich ich ihm die Salbe auf die Wunde, als er plötzlich unter meinen Händen zu zittern begann. Er lächelte mich an und flüsterte mir zu, dass es nun mit ihm zu Ende gehe. Nie zuvor hatte er mich angelächelt. Ich warf mich in seine Arme, schrie in größter Verzweiflung, er dürfe mich nicht alleinlassen, doch kurz darauf schon sank er in sich zusammen und lag leblos in meinen Armen. Dann stellte ich fest, dass er ein Gift in meine Salbe gemischt hatte, denn er
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