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Die Schattenmatrix - 20

Die Schattenmatrix - 20

Titel: Die Schattenmatrix - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Reisegruppe schien die Bemerkung höchst lustig zu finden, und Margaret musste zu ihrer eigenen Verwunderung selbst lachen. Die Angst und Verzweiflung, die sie beherrscht hatten, ließen nach, und es blieben nur noch Kälte, Hunger und Erschöpfung zurück.
Zwei der Entsagenden krochen unter die tief hängenden Äste, wälzten Mikhail von Margarets Schoß und zogen ihn unter dem Baum hervor. Während Margaret ihnen mit steifen Gliedern folgte, beugte sich eine der Frauen über ihn. Sie schob ein Augenlid zurück und ließ ein Brummen hören. »Was fehlt ihm denn?«
»Matrixschock, vermutlich.« Wie sonst sollte Margaret beschreiben, was vorgefallen war.
»Verstehe.« Die Fremde schien mit der Antwort zufrieden zu sein, und Margaret war erleichtert. »Wir müssen eine Trage bauen und ihn so schnell wie möglich unter ein schützendes Dach bringen. Jonil, schneid ein paar gerade Äste ab, und du, Karis, reiß ein paar Decken auseinander.«
Margaret sah benommen zu. Sie begriff kaum, was vor sich ging, nur dass man sich um Mikhail kümmerte. Sie wollte mithelfen, hatte jedoch nicht die Kraft, sich zu bewegen.
Erst als die Frauen Mikhail auf eine hastig gebaute Trage gehoben hatten, erwachte Margaret aus ihrer Erstarrung. Sie trat neben Mikhails leblose Gestalt, schob seine Hände mit auf die Trage und machte sich dann an den Decken zu schaffen, um ihre wahre Absicht zu verbergen. Mikhail rührte sich und stöhnte bei ihrer Berührung, als versuchte er aus jenen Tiefen zu klettern, in die er gefallen war. Sie beugte sich zu ihm hinab und küsste ihn auf die kalte Wange. »Alles wird gut werden, mein Liebster«, flüsterte sie.
»Wir reiten am besten zur alten Festung der El Haliene«, sagte Damila.
Margaret fuhr beim Klang dieses Namens zusammen.
»Wohin?« Sie wollte keinesfalls irgendwelchen Verwandten von Amalie begegnen.
»Ich sehe, Ihr kennt die Festung nicht - sie wurde vor Jahren aufgegeben, als Dom Padraics Vater den neuen Turm gebaut hat. Außer uns Schwestern benutzt sie niemand mehr.«
»Danke, Breda.« Sie redete die Frau mit >Verwandte< an und hoffte, dass sie richtig lag. Das kleine Wort hatte mehr Bedeutungen als eine Katze Leben, und einige waren vertraulicher als andere. »Ist es noch weit?«
Damila sah Margaret überrascht an. Offensichtlich hatte sie nicht mit dieser Anrede gerechnet. »Etwa fünfzehn, sechzehn Kilometer. Die Gegend ist rauh, aber wir kennen uns gut aus.«
Margaret nickte. Dann setzte sie sich in den triefend nassen Sattel, zitterte am ganzen Leib und wappnete sich für einen langen Ritt durch den Regen. Die Krähe ließ sich auf ihrem Sattelknauf nieder. »Du bist ein braver Bursche, ein König der Krähen«, sagte sie, »und ich werde dafür sorgen, dass du ein, zwei frische Mäuse zum Abendessen bekommst, und wenn ich sie eigenhändig fangen muss!«
Eine der Frauen auf dem Pferd neben Margueridas grinste. »Er dankt für den Einfall, aber Fisch wäre ihm lieber.«
»Natürlich. Wie dumm von mir.« Es war äußerst beruhigend, über nichts Aufregenderes als die Mätzchen von Mikhails Vogel zu sprechen, und die Anspannung in Margaret löste sich langsam. Sie holte einige Male tief Luft und dehnte den Hals, um die verkrampften Muskeln zu lockern.
Margaret sah sich um und hielt nach Anzeichen des runden Steinhauses Ausschau, das noch vor wenigen Stunden hier gestanden hatte. Doch sie entdeckte nur Unkraut und ein paar Steine, die Überreste verbrannter Balken und das zerbrochene Glas eines vor langer Zeit verschwundenen Fensters. Von der niedrigen Mauer, die sie und Mikhail überquert hatten, war nichts mehr zu sehen. Ein weiteres Rätsel, das sie wahrscheinlich nie lösen würde. Sie zwang ihre klammen Hände um die Zügel und bereitete sich darauf vor, ihren Retterinnen zu folgen. Zum einen war sie erleichtert, zum anderen ließ sie die Sorge um Mikhail nicht los. Damila, offenbar die Anführerin der Frauen, lenkte ihr Pferd neben Margaret. »Alles wird gut, Domna.«
»Danke, dass ihr gekommen seid«, murmelte Margaret, fast zu müde zum Sprechen. Sie sehnte sich nur noch nach trockener Kleidung und etwas zu essen. Und danach, Mikhail in Sicherheit zu bringen. Und das schien ihr im Augenblick mehr als genug. Sie überließ ihren Geist der Erschöpfung, trieb die graue Stute vorwärts und ritt den Frauen nach.
29
    Kurz vor Einbruch der Dämmerung ritten sie auf die Ruine zu. Margaret warf nur flüchtige Blicke auf die verstreuten Steinbauten. Der Ort strahlte Einsamkeit und Verfall

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