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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Genezareth mit.
    Sie war kurz vor dem Einschlafen, als ein Rascheln sie erschreckte, und gleich darauf sah sie die Silhouette eines Mannes auf sich zukommen.

20
    Zu dieser Stunde herrschte in Jerusalems Tavernen noch reges Treiben, zumindest in denen der Unterstadt. Die ungepflasterten Gassen waren hier manchmal so eng, dass noch nicht einmal die Pferde der berittenen Stadtwache hindurchpassten, und wenn jemand fauliges Wasser oder Urin in Eimern aus den Fenstern kippte, konnte man häufig nicht ausweichen. Dafür ließen sich in dieser Gegend gute Geschäfte machen. Drei wichtige Handelswege liefen in Jerusalem zusammen oder befanden sich zumindest in der Nähe: die Weihrauchstraße aus den Tiefen Arabiens, auf der nicht nur das begehrte Harz für religiöse Zeremonien transportiert wurde, sondern auch Kümmel, Koriander, Zimt und Sesam; die Seidenstraße, die aus der Unendlichkeit jenseits des Tigris kam und an Babylon und Palmyra vorbei kostbare Stoffe, duftende Hölzer und schillernde Edelsteine heranbrachte; und der Schiffsweg von Gaza und Caesarea, der den Osten mit Athen, Alexandria, Syrakus, Rom und Valentia verband sowie mit den Säulen des Herakles und dem Bosporanischen Reich nördlich des Schwarzen Meeres, also den Enden der Welt. Kaufleute aus allen Gegenden trafen sich in den Tavernen der jüdischen Metropole auf einen Becher Wein, um Gold gegen Elefantenholz, Sklaven gegen Papyrus oder Perlen gegen Rauschmittel zu tauschen, um Frachtschiffe gen Westen zu buchen oder Karawanen nach Baktrien, Nubien oder Indien zusammenzustellen.
    So fielen die zwei bärtigen Juden, die sich an einem Tisch in der Ecke einer winzigen, überfüllten Taverne unterhielten, niemandem auf.
    »Wie weit bist du?«, fragte Kephallion den Mann gegenüber.
    »Der Plan ist fertig. Ich habe mich an deine Vorgaben gehalten und exakt berechnet, wie lange wir brauchen werden, um von der Unterstadt aus in die Oberstadt zu stürmen. Ich kenne hier alle Gassen, auch Abkürzungen, Löcher in Mauern, einfach jeden Stein. Immerhin bin ich hier geboren und habe vierzig Jahre hier gelebt. Alles wird so schnell gehen, dass die Römer keine Zeit haben werden, die Tore der Stadtfestung Antonia zu schließen.«
    »Durch welches Tor werdet ihr eindringen?«
    »Durch das Schaftor und das Benjamintor. Wir nehmen sie in die Zange. Wenn wir erst einmal drin sind, gibt es für sie kein Entkommen mehr. Dann gnade ihnen Gott.«
    Kephallion grinste verächtlich. »Das wird er nicht, keine Sorge. Schließlich tun wir es ihm zu Ehren. Hast du genug Waffen?«
    Der Mann nickte. »Deine letzten beiden Lieferungen haben unsere Bestände komplett gemacht. Dreihundert Krummdolche, einhundertfünfzig Kurzschwerter, sechzig Speere. Das ist nicht das Problem.«
    »Problem?« Kephallion hörte dieses Wort nicht gerne. Er wartete schon viel zu lange auf den richtigen Moment, um mittels eines Aufstandes die verhassten Besatzer aus Gottes Land zu vertreiben. Die Revolte in Jerusalem sollte erst der Anfang sein; in Nazareth, Jericho und Tiberias würden gleich nach dem Sieg in der Hauptstadt ebenfalls Aufstände losbrechen. Dann, erst dann, würde er Sadoq enthüllen, dass er es war, der hinter dem Aufruhr steckte. Kephallion hatte nämlich seine Zweifel, dass Sadoq die Aufstände billigen würde. Sadoq war immer so zögerlich, wenn es um Gewalt ging, und seit das Gerede die Runde machte, es solle mit Philipp schon bald ein neuer König eingesetzt werden, überlegte er sogar, ob die zelotische Bewegung als solche nun nicht überflüssig geworden sei. Für Kephallion war das ein absurder, ja beinahe frevlerischer Gedanke. Sadoq war wohl vorübergehend verwirrt, aber er, Kephallion würde ihn wieder auf den richtigen Weg bringen. Wenn der Aufstand erst einmal tobte, bliebe dem Führer der Zeloten, dem neuen Moses, nichts anderes, als sich an die Spitze des Kampfes zu stellen. Vom Gelingen der Jerusalemer Erhebung hing also einiges ab.
    »Was ist das für ein Problem?«, fragte Kephallion ungeduldig.
    »Ich habe noch nicht genug Leute beisammen.«
    »Was?«, rief er. »Unmöglich. Welcher aufrechte Jude würde sich nicht am Krieg gegen die Unbeschnittenen beteiligen wollen?«
    »Wenn ich es dir doch sage! Manche finden die Römer gar nicht so übel, manche haben Angst, andere lehnen Gewalt ab.«
    »Feiglinge.«
    »Und wieder andere warten auf einen gewissen Jesus, der sich selbst Messias nennt und Frieden und Versöhnung predigt. Er soll angeblich nächsten Monat in

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