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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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nie in die Politik ein. Viele sind ehelos geblieben, doch es gibt auch Ausnahmen. Sie dienen dem Herrn in Demut, leben manchmal in Gemeinschaften zusammen und predigen Güte.«
    »Ausgezeichnet«, lobte Zacharias. »Deine Darstellung war zwar nicht ausführlich, du hast allerdings das Wesentliche wiedergegeben, und darauf kommt es an. Du darfst dich setzen.«
    Timon setzte sich neben Salome, und sie zwinkerte ihm beifällig zu. Das meiste seines Vortrages hatte sie ihm beigebracht, denn was Zacharias ihn über die Sekten gelehrt hatte, war umständlich und weitschweifig gewesen, und Timon hatte fast nichts davon begriffen. Das war nur zu verständlich, umgekehrt ging es ihr ja ebenso. Was Timon ihr in den letzten Tagen über die griechischen und römischen Götter erzählt hatte, verwirrte sie. Allein diese vielen Zuständigkeiten der verschiedenen Gottheiten! Manches war ja noch nachvollziehbar, wie zum Beispiel eine Göttin für Weisheit, eine andere für Liebe und eine dritte für Fruchtbarkeit. Oder einige der männlichen Gottheiten, wie solche des Meeres, des Krieges oder des Handels. Brauchte man jedoch wirklich Göttinnen der Morgenröte, des Obstes, der Quellen und des Regenbogens? Einen Gott des Westwindes? Jedes Element und jedes Gefühl hatte eine eigene Gottheit, die darüber wachte. Da war ihr Gott, der einzig und allumfassend war, doch viel unkomplizierter. Schwierig war nur das, was die Menschen aus seinem Willen machten.
    Zacharias wollte gerade den Unterricht mit einem anderen Thema fortsetzen, als Kephallion ihm zuvorkam. »Die Aufzählung war unvollständig«, behauptete er. »Es gibt noch eine vierte Sekte.«
    »Was redest du da für einen Unsinn?«, fauchte Zacharias.
    »Die Zeloten sind die vierte Sekte. Sie wollen das alte Judäa wiederherstellen, das Judäa unseres Herrn, frei von Gottlosen …«
    »Falsch«, unterbrach Zacharias schneidend. »Die Zeloten sind ein Häuflein Verirrter, keinesfalls eine Sekte. Ihre Ziele sind rein politisch. Das kann man anhand des Vorfalls vor dem Tempel sehr gut sehen. Es geht ihnen nur um Provokation. Ihre Liebe zum Land und die Ablehnung alles Fremden ist völlig übersteigert und spiegelt nicht den Willen Gottes wider.«
    »Sie haben regen Zulauf«, wusste Kephallion zu berichten, und in seiner Stimme schwang Begeisterung mit. Bisher schien er stets die Pharisäer zu favorisieren, jetzt hatte sich das offensichtlich geändert. »In Jerusalem gibt es mittlerweile viele, die ihre Ideen akzeptieren, selbst Pharisäer.«
    »Daran sieht man nur, dass die Pharisäer Esel sind«, erwiderte Zacharias heftig. »Ein chamor , wer denkt wie sie. Wohin hat die Provokation der Zeloten denn geführt? Zu zahlreichen kleineren Unruhen im ganzen Land, zu unnützen Toten also, und dazu, dass unser Ethnarch zu Augustus abreisen musste, um wieder einmal zu erklären, warum Judäa das einzige Schutzkönigreich ist, das an dem Ast hackt, auf dem es sitzt. Nein, keinesfalls sind diese Narren eine vierte Sekte. Nie und nimmer.«
    Zacharias stand mit rotem Kopf vor seinen Schülern. Allen war klar, dass seine Ansprache nicht zum Unterricht gehörte, sondern eher eine Warnung war, dass niemand aus der königlichen herodianischen Familie – zu der hier ja jeder außer Timon gehörte – mit den Ideen der Zeloten sympathisieren dürfe. Das kam überraschend. Bisher hatte Zacharias jedem Schüler freigestellt, welche Sekte er bevorzuge. Aus seiner Neigung für die elitären Sadduzäer hatte Zacharias nie einen Hehl gemacht; er hütete sich allerdings stets, seine Schüler dahingehend zu beeinflussen, und so gab es Anhänger jeder religiösen Richtung in der kleinen Palastschule. Zelotische Ideen jedoch schien er unbedingt vom cheder fern halten zu wollen.
    Alles sah ganz danach aus, als würden Zacharias und Kephallion gleich wieder eine ihrer berüchtigten Redeschlachten austragen, die in letzter Zeit häufiger wurden und fast immer mit einem lauten Knall der Rute auf dem Pult endeten oder damit, dass Zacharias – völlig erschöpft – den Unterricht für beendet erklärte. Und tatsächlich ließ Kephallion auch diesmal nicht locker; es war fast so, als vertrete er aus Prinzip eine andere Meinung als Zacharias.
    Salome lächelte, als sie Timon gähnen sah. Er hatte ihr schon vor einigen Tagen erzählt, dass er dieser Diskussionen längst müde geworden war. Seit er die Palastschule besuchte, hatte er alles über Sekten erfahren, hatte das Buch Levitikus und das zweite Buch Mose

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