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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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ich es aus ihr herausgekitzelt hatte. Der Grund war ihr wohl peinlich. Ihr Vater hat sie und ihre Schwestern ihr Leben lang drangsaliert und schikaniert und ziemlich häufig geschlagen. Als Lizbeth es nicht mehr aushielt, hat sie mit ihren Schwestern zusammen einen Plan ausgeheckt. Sie taten so, als wäre sie beim Schwimmen ertrunken, aber in Wirklichkeit ist sie nach London gefahren und hat sich eine neue Existenz aufgebaut. Petra legte ihre Kleider ans Flussufer und alarmierte ihren Vater erst, als Lizbeth schon längst über alle Berge war.«
    »Damit wäre die Identität der beiden Toten geklärt«, sagte Tweed. »Ob sie wohl gewusst haben, dass ihre jüngere Schwester zwischen ihnen gewohnt hat?«
    »Lisa sagt Nein. Sie hat immer peinlich darauf geachtet, dass sie ihnen nicht über den Weg lief. Irgendwie wollte sie nichts mehr mit ihnen zu tun haben, aber trotzdem wollte sie sicher sein, dass es ihnen gutgeht. Wir Menschen sind manchmal sehr widersprüchliche Wesen.«
    »Wem sagen Sie das.« Tweed stand auf und trat ans Fenster. Draußen wurde es langsam dunkel.
    »Wie kam es eigentlich, dass Sie die beiden Leichen entdeckt haben?«, fragte er Falkirk nach kurzem Schweigen.
    »Nachdem ich damals ihre beiden Schwestern ausfindig gemacht hatte, hörte ich eine ganze Weile nichts mehr von Lisa Clancy«, erklärte Falkirk, »bis sie mich dann vorgestern Abend anrief und sagte, sie werde seit Tagen von seltsamen Gestalten verfolgt. Sie hatte fürchterliche Angst und traute sich nicht mehr nach Hause. Ich versprach ihr, am nächsten Morgen zu ihrem Haus zu fahren und nachzusehen, ob sich dort jemand her umtrieb. Als ich dort ankam, fand ich die beiden Leichen, und kurz darauf war auch schon Chief Inspector Reedbeck da und hat mich festgenommen. Allerdings habe ich vorher noch etwas bemerkt, was ihm unter Garantie entgangen ist.«
    »Was denn?«
    »Einen Rolls-Royce, der ganz langsam die Straße entlanggefahren ist. Und auf der Rückbank saß niemand anders als Mr Neville Guile.«
    »Das muss dann sein erster von zwei Besuchen am selben Tag gewesen sein. Sind Sie sicher, dass er es auch wirklich war? Ich kenne nämlich seinen Rolls-Royce und weiß, dass er getönte Scheiben hat.«
    »Die Scheibe war aber heruntergefahren, und Guile hat mit großen Augen hinaus auf die Straße gestarrt.«
    »Was wissen Sie über ihn?«
    »Neville Guile ist wohl der ruchloseste Geschäftsmann in ganz Europa. Er ist rücksichtslos, kaltblütig und ungemein brutal, und wenn er seine Ziele nicht anders erreichen kann, geht er auch über Leichen. Ich weiß noch, dass er die Tochter eines belgischen Industriellen entführt hat, der sich ihm bei der feindlichen Übernahme einer Ölfirma in den Weg gestellt hat. Er hat gedroht, die Tochter zu zerstückeln und sie in Einzelteilen an ihren Vater zu senden. Der hat daraufhin alle seine Anteile über einen Mittelsmann an Guile verkauft, und seine Tochter kam unversehrt wieder frei.«
    »Dieser Guile ist kein Geschäftsmann, sondern ein Verbrecher«, empörte sich Tweed. »Um nicht zu sagen: ein Monstrum.«
    »Trotzdem soll er unglaublich charmant wirken und seine Geschäftspartner nur so um den Finger wickeln, besonders, wenn sie weiblichen Geschlechts sind. Und weil er fast immer über Mittelsmänner agiert, kann ihm die Polizei auch nie etwas nachweisen.«
    »Und so ein Mittelsmann ist wohl auch Lord Bullerton«, mutmaßte Tweed.
    »Höchstwahrscheinlich«, stimmte Falkirk ihm zu. »Und Bullerton hat vermutlich überhaupt keine Ahnung davon, wofür er da benutzt wird.«
    »Vielleicht«, erwiderte Tweed.
    In diesem Augenblick sah Tweed den Umschlag, den Paula ihm unter der Tür hindurchgeschoben hatte. Er öffnete ihn, las ihre Nachricht und dachte dann einen Augenblick nach. Nach den traumatischen Erlebnissen am Wasserfall und im Haus von Hartland Trent war sie vermutlich erschöpft und würde die ganze Nacht über schlafen wie ein Stein.
    Paula kroch zur selben Zeit auf allen vieren immer tiefer in den Tunnel hinein. Immer wieder hielt sie inne und leuchtete mit ihrer kleinen Taschenlampe nach vorn, aber der Strahl verlor sich nach wenigen Metern in der Dunkelheit. Der Tunnel kam ihr endlos lang vor. Beim Kriechen schabte hin und wieder eine Metallschnalle ihres Rucksacks am Fels der Tunneldecke entlang, und Paula, die Angst hatte, dass das Geräusch von jemandem gehört werden könnte, nahm ihn schließlich ab und zog ihn am Gurt neben sich her. Am liebsten wäre sie wieder umgekehrt, aber sie

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