Die Schlucht
war.
»Ich stell dich jetzt auf die Füße«, sagte Marsh. »Und dann gehn wir die Treppe hinauf ins Schlafzimmer. Freust du dich schon drauf? Wird wohl das letzte Mal sein, dass du es mit einem Kerl treibst.«
Paula tastete mit den Füßen, bis sie an eine Treppenstufe stieß.
»Sehr schön«, sagte Marsh. »Und jetzt steig hinauf. Immer eine Stufe nach der anderen. Und wenn du fällst, fange ich dich auf. Wird mir ein Vergnügen sein, dich in meinen Armen zu halten …«
Normalerweise war Paula immer die Ruhe selbst, egal, in welcher Gefahr sie sich auch befand. Nun, als sie Marshs widerwärtig geiles Geschwätz hörte, empfand sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine regelrechte Mordlust.
Vorsichtig tastete sie sich die Treppe hinauf, wobei sie sich immer mit einer Hand am Geländer festhielt, das aus glattem Holz war. Oben angekommen, führte Marsh sie in ein Zimmer, riss ihr den Sack vom Kopf und stieß sie rückwärts auf ein Doppelbett. Paula ließ sich ohne Gegenwehr auf den Rücken fallen und machte die Beine breit. Marsh hatte einen verhängnisvollen Fehler begangen.
Er stand am Fußende des Bettes und zog sich erst seine Jacke und dann sein Hemd aus. Dabei grinste er sie widerwärtig an, während Paula, ihre noch immer mit Handschellen gefesselten Hände auf den Bauch gelegt, auf ihre Chance wartete.
»Heb die Arme über den Kopf«, befahl Marsh. »Da unten stören sie nur.«
Als Paula beide Arme nach oben nahm, warf Marsh sich mit einem widerwärtigen Grunzen auf sie. Paula zögerte keine Sekunde. Sie riss die Arme nach unten und schlang ihm die lange Stahlkette, die die beiden Handschellen miteinander verband, um den Hals.
Mit der Kraft der Verzweiflung kreuzte sie die Arme und zog die Kette fest um die Kehle des völlig verdatterten Marsh, der mit allem gerechnet hatte, nur nicht mit einer so entschlossenen Gegenwehr.
Er fing an zu röcheln, als die Kette ihm die Luft abschnürte, und lief im Gesicht knallrot an, aber Paula lockerte die Kette nicht.
Während Marsh verzweifelt versuchte, mit beiden Händen die Kette, die sich bereits tief in seine Kehle eingeschnitten hatte, von seinem Hals zu ziehen, ließen seine Kräfte schon merklich nach. In Panik begann er wie wild mit den Beinen zu strampeln, und seine Augen quollen aus ihren Höhlen. Und dann, ein paar endlose Minuten später, kam ein letztes, grausig klingendes Röcheln aus seinem weit geöffneten Mund, und alle seine Glieder fielen kraftlos nach unten.
Paula öffnete die Arme, löste die Kette von seinem Hals und rollte seinen leblosen Körper von sich herunter. So gut es ihr mit den gefesselten Händen gelang, rieb sie sich die Handgelenke, in die sich das Metall der Handschellen schmerzhaft eingeschnitten hatte.
Dann stieg sie aus dem Bett und holte sich aus der Brusttasche seines am Boden liegenden Hemdes den Schlüssel für die Handschellen, und nach einigen vergeblichen Versuchen gelang es ihr trotz ihrer zitternden Hände, die Handschellen aufzuschließen. Nachdem sie die Handschellen in die Gesäßtasche ihrer Jeans gesteckt hatte, fühlte sie Marsh den Puls. Er hatte keinen mehr.
Draußen auf dem Gang fand sie ein kleines Badezimmer, wo sie sich Gesicht und Hände mit kaltem Wasser wusch. Dann wischte sie ihre Fingerabdrücke vom Wasserhahn und von den Handschellen, die sie im Bad zurückließ, und verließ das Cottage.
Auf dem Weg zu ihrem Audi sah sie aus der Ferne Hobart House, dessen Fenster hell erleuchtet waren, und fragte sich, ob Tweed dort wohl gerade mit Lord Bullerton zu Abend aß.
»Großer Gott, wo sind Sie nur die ganze Zeit gewesen?«, tönte auf einmal eine Stimme hinter einer Hecke hervor.
Es war MacBlade, aber trotzdem wäre sie vor Schreck fast in Ohnmacht gefallen. Als sie ihn fragte, weshalb er nicht beim Auto war, erklärte er, dass auf einmal Harry Butler wie aus dem Nichts aufgetaucht sei und nun den Wagen bewache. Er selbst sei losgezogen, um sie zu suchen, denn er habe sich große Sorgen um sie gemacht.
Gemeinsam gingen sie zu dem geparkten Audi und erzählten Butler, was passiert war. Harry reagierte sofort.
»Wir müssen die Leiche verschwinden lassen«, sagte er und fügte, an MacBlade gewandt, hinzu: »Können Sie mitkommen und mir helfen?«
»Natürlich. Es geht mir inzwischen schon wieder viel besser.«
»Und Sie fahren jetzt direkt ins Hotel«, sagte Butler zu Paula. »MacBlade und ich kommen in meinem Wagen nach, sobald wir diese Angelegenheit hier bereinigt haben.«
Als Paula den
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