Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag

Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag

Titel: Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
Vom Netzwerk:
geben. Ein Wäscheschacht …
    Blatt stand auf und schaute sich aufmerksam um, aber da gab es nur die Tür, durch die sie hereingekommen war. In ihrem Hinterkopf lungerte noch irgendeine Idee; sie konnte sie nur nicht aus ihrem geschundenen Hirn herauskitzeln. Irgendetwas war kurz aufgeblitzt, als sie mit Ed gesprochen hatte …
    Die Löschwassersteigleitung, die gebrochen war. Für Steigleitung nass. Das dicke rote Rohr. Vorsicht Rutschgefahr. Vielleicht führte das Rohr irgendwohin …
    Blatt ging zur Tür, horchte, öffnete sie und schlüpfte auf den Gang. Auf ihrer Seite der Schwingtür war niemand zu sehen; sie lief schnell zum Anschlussraum, ging hinein und zog die Tür hinter sich zu.
    Sie hatte kaum angefangen, das Rohr in Augenschein zu nehmen, als sie jemanden vorbeilaufen hörte, und gleich darauf den Zuruf eines Mannes.
    »Sie ist in 3U104 – sie hat vor zwei Minuten von dort aus telefoniert!«
    Blatt wandte sich wieder dem Rohr zu. Es war nur ein paar Zentimeter breiter als ihre Schultern und verlief durch Boden und Decke. Zuerst schien es keinen Weg hinein zu geben, aber als Blatt es umkreiste, entdeckte sie ein abgeschraubtes Blech. Die acht Muttern lagen ordentlich auf dem Boden, daneben ein langer Schraubenschlüssel und eine geöffnete Frischhaltedose mit einem angebissenen Sandwich und einem Apfel, was daraufhindeutete, dass der Arbeiter gezwungen gewesen war, seine Aufgabe zu unterbrechen, vermutlich um sich zu den anderen zu begeben, die oben warteten.
    Blatt sah ins Innere des Rohres. Die Stahlwand war mit Tropfen überzogen, aber es stand kein Wasser darin. Bei einem Blick nach oben bemerkte sie, dass auch andere Bleche entfernt worden waren; durch die Öffnungen drang kaltes, weißes Neonlicht herein.
    Nach unten zu war alles dunkel, und das Rohr war durch irgendetwas blockiert. Allmählich konnte sie erkennen, dass es sich dabei um einen großen Kasten handelte, der auf einem drehbaren Ring montiert war. Dieser war ringsum mit kleinen Rädern versehen. Der Kasten hatte Tastarme, die die Innenwand des Rohres berührten. Die Warnaufkleber ließen sich in dem schwachen Licht jedoch nicht entziffern.
    Es handelte sich offenbar um irgendeine ferngesteuerte Vorrichtung, die zur Inspektion der Steigleitung diente. Sie war mit Elektromotoren ausgerüstet, von denen die vier größten Räder angetrieben wurden, denn darunter hing ein ganzes Bündel von elektrischen und anderen Kabeln.
    »Nicht hier!«, rief die Stimme weiter hinten im Gang. »Überprüft alle Räume!«
    Blatt zögerte; dann steckte sie die kostbare Schachtel in ihren Hosenbund und zwängte sich ins Rohr, bis sie auf dem Inspektionsgerätstand. Das schaukelte in seinem Ring und glitt unter seiner neuen Last langsam in die Dunkelheit.
    Allein in dem engen Rohr eingezwängt, begleitet vom Pochen ihres Herzens und dem Surren der Räder, fühlte Blatt, wie die Wand der Steigleitung immer nasser wurde; sie brach in Panik aus.
    Was ist, wenn da unten Wasser steht und ich geradewegs untertauche?
    Blatt konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie presste Hände und Rücken gegen die Rohrwand, um ihren Abstieg zu bremsen. Aber das Metall war zu glatt und obendrein vom Wasser glitschig; der Kasten sank unaufhaltsam in die Tiefe und nahm Blatt mit sich.
    Ein Licht fiel von oben ins Rohr. Blatt sah hoch, aber der Strahl der Taschenlampe erreichte sie nicht.
    »Nichts!«
    Die Stimme des Wachmanns hallte zu ihr herab. Er war wenigstens fünfzehn Meter über ihr. Blatt starrte zu dem Lichtkegel und spürte, wie die Panik ihr die Kehle zuschnürte. Verzweifelt holte sie Luft, um nach Hilfe zu schreien, denn längst war ihre Angst stärker als ihr Wunsch, mit Arthurs Hemdtasche zu entkommen.
    Aus ihrem Schrei wurde ein ersticktes Grunzen, denn in dem Moment fiel von der Seite ein schwacher roter Schein ins Rohr. Blatt hatte gerade noch Zeit, sich gegen die offene Inspektionsluke zu werfen und am Rand festzuklammern, bevor der Kasten seine Fahrt in die Tiefe fortsetzte.
    Während Blatt noch schwer atmend dort hing, hörte sie es unten platschen und dann gluckern, als das Inspektionsgerät im tiefen Wasser verschwand.
    Wenige Augenblicke später zog sich eine erschöpfte, aber erleichterte Blatt nach oben und kletterte auf den Boden eines engen Tunnels hinaus, in dem die Rohrleitungen und Kabel verliefen, die zum Versorgungssystem eines größeren modernen Gebäudes gehörten. Dort blieb sie einige Minuten liegen, um wieder zu Kräften zu kommen,

Weitere Kostenlose Bücher