Die Schmetterlingsinsel
Angestellten der Tea Company ankündigte, legte Diana das Blatt wieder in seine Umhüllung zurück und versagte sich, einen erneuten Blick auf den gefundenen Brief von 1907 zu werfen. Alles zu seiner Zeit, sagte sie sich und verschwand in dem kleinen Bad, das sie sich mit Jonathan teilen musste.
Er schien noch nicht wach zu sein, denn die Duschkabine war trocken, und es dauerte eine Weile, bis das lauwarme Wasser endlich warm wurde.
Als sie fertig war und gerade über den Gang huschen wollte, öffnete sich die benachbarte Tür. Jonathan in T-Shirt und Pyjamahose zu sehen, war für Diana etwas vollkommen Neues.
»Guten Morgen!«, rief sie ihm mit einem breiten Lächeln zu, denn sie sah, dass er noch ziemlich müde war. Die Antwort war dann auch eher ein Murmeln als ein fröhlicher Ruf, doch wahrscheinlich würde sich das nach der Dusche ändern.
»Ich hoffe, Sie hatten eine gute Nacht!«, begrüßte Mr Manderley sie, als sie die Küche betrat. Eigentlich hatte sie sich bei Jonathan für das Abendessen revanchieren wollen, doch nun sah sie, dass schon alles vorbereitet war.
»Ich habe mir erlaubt, für ein wenig Frühstück zu sorgen«, erklärte Manderley lächelnd. »Ich musste vorhin ins Archiv, Bücher vom vergangenen Jahr holen wegen einer Marktanalyse, da habe ich gesehen, dass Sie schon einiges angehäuft haben.«
»Ja, die alten Schränke geben wirklich einiges her. Und jetzt habe ich auch Hilfe.«
»Ihr Verlobter ist Wissenschaftler, nicht wahr?«
Diana stockte. »Verlobter?«
Manderley sah sie verwirrt an. »Sind Sie etwa nicht … Oh, verzeihen Sie mir, die Tücken der englischen Sprache! Ich dachte wirklich, Sie beide …«
»Nein, Jonathan, ich meine, Mr Singh ist mir von einem Freund empfohlen worden und hat sich freundlicherweise bereit erklärt, mich bei meinen Nachforschungen zu unterstützen.«
»Aha, na dann …« Um seine Verlegenheit zu verbergen, wandte sich Manderley dem Teekessel zu und stellte ihn auf den kleinen Herd.
»Ich habe eine Entdeckung gemacht«, sagte Diana, um das unangenehme Schweigen zu vertreiben. »In den Rahmen des alten Fensters in meinem Zimmer ist ein Schmetterling geschnitzt.«
»Ich weiß«, gab der Geschäftsführer zurück, und als er sich umwandte, war seine Verlegenheit verschwunden. »Wir nehmen an, dass eine der Töchter der Tremaynes diesen Schmetterling gefertigt hat. Oder ein heimlicher Liebhaber.«
»Hatten die Mädchen denn irgendwelche besonderen Verehrer? Ich weiß nur, dass Grace einen Kapitän geheiratet hat.«
Manderley sah sie ein wenig seltsam an. »Einen Kapitän?«
»Ja, einen deutschen Kapitän, das gehört zu den wenigen Dingen, die ich ganz sicher über meine Vorfahrin weiß. Vielleicht war das ja der Skandal, der sie dazu brachte, mit dem Rest der Familie zu brechen.«
»Nun, ich fürchte, ich kann wenig Erhellendes dazu beitragen, aber ich bin sicher, dass Sie auch bei den Stocktons suchen sollten. Im vergangenen Jahr sind Unterlagen von der Nachbarplantage aufgetaucht, die leider Konkurs anmelden musste. Soweit ich weiß, wurde darin auch die Familie Tremayne erwähnt.«
Diana machte große Augen. Stockton war doch der Mann, der auf dem Clubfoto neben Henry Tremayne gestanden hatte!
»Danke für den Hinweis!«, entgegnete sie. »Ich werde mir, wenn möglich, die Unterlagen dort ansehen.«
Manderley nickte ihr wohlwollend zu, dann erstarrte er plötzlich kurz und sah zur Tür.
»Guten Morgen, Mr Singh. Miss Wagenbach und ich haben uns gerade über Ihre Nachforschungen unterhalten.«
»Mr Manderley war so freundlich, mich auf Dokumente auf der Nachbarplantage hinzuweisen. Die Familie Stockton soll ebenfalls Informationen über meine Familie haben, ist das nicht toll?«
»Stockton? Ist das nicht der Mann von dem Hills-Club-Foto?«
»Genau das ist er!«
»Wie ich sehe, kommen Sie hervorragend zurecht!«, mischte sich Manderley ein und blickte ein wenig gehetzt auf seine Armbanduhr. »Entschuldigen Sie mich bitte, ich muss gleich zu einer Plantagenbegehung. Denken Sie an den Tee!«
Bevor sich Diana für das Frühstück bedanken konnte, war der Geschäftsführer auch schon verschwunden. Das Wasser in dem Kessel kochte inzwischen. Aufmerksamerweise hatte Manderley bereits eine Teebüchse und zwei Tassen bereitgestellt, offenbar hatte er tatsächlich nicht mit ihnen frühstücken wollen.
Während der Tee einen berauschend würzigen Duft verbreitete, kümmerte Diana sich um den Toast. Jonathan deckte den Tisch.
»Nun, wie
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